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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

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Eisen - Eisen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Eisen'

(Ingots) und als Stab- oder Façoneisen, als Blech. Die Ingots zeigen blätterigen oder stark grobkörnigen Bruch; die daraus durch Schmieden oder Walzen erzeugten Sorten ein sehr gleichmäßiges feinkörniges Gefüge mit mattem Glanz und etwas lichterer Farbe als Stahl. Gutes Flußeisen ist sehr zähe und fest; die Zerreißfestigkeit liegt um 25-50% höher als bei gutem Schweißeisen; es läßt sich sehr gut schmieden und schweißen, aber nicht härten. Die Bezeichnung Flußeisen ist neu. Früher lief dasselbe unter dem Namen Bessemerstahl und nur die angefügte Nummer ließ erkennen, daß man es mit einem weit entkohlten und deshalb nicht mehr härtbaren Produkte des Bessemerprozesses zu thun hatte. - Flußstahl. Hierher gehören der Bessemerstahl, der Martinstahl und der Gußstahl oder Tiegelgußstahl. Roher Flußstahl in Form von Ingots ist selten Handelsartikel. Er wird durch Schmieden oder Walzen verdichtet und in die Handelsformen gebracht. Der in großen Massen zu erzielende Bessemerstahl, worunter alle härtbaren Produkte des Bessemerprozesses zu verstehen sind, und Martinstahl werden hauptsächlich zu Eisenbahnschienen, Trägern, Achsen, zu Blech und Panzerplatten, in den härteren Marken auch zu ordinären Werkzeugen, der Martin stahl auch vorwiegend zu Façonguß verwendet. Bessemerstahl ist schwerer schweißbar als andre Stahlsorten mit gleichem Kohlenstoffgehalt, was wohl in dem Vorhandensein eines größeren Prozentsatzes an Verunreinigungen begründet sein mag. Der Tiegelguß stahl steht in der Qualität bedeutend höher als die genannten Sorten. Der Bruch ist weit feinkörniger von dunklerer Farbe und mattem sammetartigen Glanz. Durch mehrmaliges Umschmelzen erhält der Gußstahl größere Güte. Auch hat man versucht, durch besondre Zusätze von Mangan, Wolfram, Nickel, Silber, Platin die Qualität zu erhöhen oder für besondre Zwecke bestimmte Eigenschaften zu erzielen. - Mushet- oder Wolframstahl ist sehr dicht und gleichförmig und besitzt eine so große natürliche Härte, daß ein Härten nicht nötig ist. Werkzeuge daraus haben sich aber nicht bewährt, da die Schneide doch nicht so lange steht, wie bei gut gehärtetem Gußstahl. Silberstahl enthält nach den Untersuchungsresultaten kein Silber; es bezeichnet nur eine Gußstahlsorte vorzüglicher Qualität. Der Gußstahl findet Verwendung zu allen besseren und den feinsten Werkzeugen, chirurgischen Instrumenten etc., zu Geschützen, Walzen. Zur Qualitätsbestimmung dient bei Gußstahl das Aussehen des Bruches in Verbindung mit Schmiede- und Härteproben. Gußstahl läßt sich mit Schweißeisen zusammenschweißen; doch wachsen die Schwierigkeiten mit zunehmendem Kohlenstoffgehalt. Hochkohliger Gußstahl wird häufig als unschweißbar bezeichnet. - Einige besondere Stahlsorten verdienen noch kurzer Erwähnung. Wootz, eine aus Indien stammende, angeblich durch Zusammenschmelzen von Schmiedeisen und Kohlen entstandene Sorte, welche große Härte annimmt und vorzüglich zu feinen Schneidwaren geeignet ist. (Kommt in größeren Mengen gar nicht, überhaupt nur selten in den europäischen ↔ Handel.) Damast-Stahl, Damaszener-Stahl. Der Name rührt von der Stadt Damask in Syrien her und bedeutet entweder einen dem Wootz ähnlichen Stahl oder, und das gilt für die Gegenwart als Regel, eine durch Zusammenschweißen von Schmiedeisen und Stahl entstandene Stahlsorte, welche sich durch ungemeine Zähigkeit auszeichnet und auf geätzten Flächen die neben einander liegenden Stahl- und Schmiedeisenteile deutlich in bestimmten Zeichnungen hervortreten läßt. Die Zeichnung entsteht auf folgende Weise: Eine Anzahl dünner Stahl- und Schmiedeisenstäbe werden zu einem Bündel vereinigt, zusammengeschweißt und zu einem längeren Stabe ausgereckt, den man in 3 oder 4 gleich lange Teile zerhaut. Diese verarbeitet man in derselben Weise. Nach ein- oder mehrmaliger Wiederholung ist ein Stab entstanden, welcher aus lauter feinen Stahl- und Eisensehnen zusammengesetzt erscheint. Macht man diesen rotwarm, dreht ihn korkzieherartig zusammen und schmiedet ihn dann flach aus, so entsteht der beim Ätzen sichtbar werdende krummlinige Verlauf der einzelnen Sehnen. Auf ähnlichen Wegen lassen sich leicht veränderte Zeichnungen hervorbringen. Der Damaszener Stahl findet Verwendung zu Degen-, Säbel-, Dolchklingen und Gewehrläufen. Vielfach wird die Zeichnung lediglich durch Ätzen von Stahl hervorgebracht. Wird für diese Fabrikate die Bezeichnung damaszierter Stahl verwendet, so beruht dies auf Unkenntnis oder bezweckt eine Täuschung. - Das metallische E. wird auch medizinisch verwendet und hat man für diesen Zweck zwei Sorten im Droguen- und Chemikalienhandel, nämlich: 1) Feingepulvertes Schmiedeisen (Ferrum pulveratum, F. limatum, limatura ferri); ein äußerst feines, graues Pulver, welches in gut verschlossenen Flaschen aufzubewahren ist; es muß frei von Rost sein und sich in verdünnter Salzsäure vollständig lösen, hierbei darf sich nur Wasserstoffgas, aber kein Schwefelwasserstoffgas entwickeln; kleine Spuren des letzteren sind jedoch nicht ganz zu vermeiden. Das Präparat kommt meist aus Tirol. 2) Durch Wasserstoffgas reduziertes Eisen (ferrum hydrogenio reductum, ferrum reductum). Dasselbe wird aus reinem Eisenoxyd mittels Reduktion von Wasserstoffgas in der Glühhitze gewonnen, enthält aber häufig infolge ungenügender Reduktion noch viel Eisenoxyduloxyd beigemengt und sieht dann schwarz, anstatt grau aus. Die ganz reine Sorte, welche bedeutend teurer ist, erscheint als äußerst feines, graues, glanzloses Pulver, das sich durch ein brennendes Hölzchen entzünden läßt und dabei zu Eisenoxyd verbrennt. Es muß sich in Bromwasser vollständig auflösen. Vollkommen schwefelfrei läßt sich dieses Präparat nur darstellen, wenn das Eisenoxyd nicht aus Eisensulfat, sondern aus reinem Eisenchlorid gewonnen und die Reduktion nicht in eisernen, sondern in Chamotteröhren vorgenommen wurde. Es ist der am leichtesten verdauliche Eisenpräparat. - Verzollung: S. Zolltarif im Anh. Nr. 6. Die genannten, zu medizinischen Zwecken präparierten Eisenarten sind zollfrei.