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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Federpelzwerk

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Federn - Federpelzwerk

während die weißen gezählt oder einzeln taxiert werden. Hauptfedern (Awahni) hat der Strauß in jedem Flügel vier, dazu noch mehrere geringere in Flügel, Schwanz und kleine schwarze auf dem Rücken. Eine Kapitalfeder muß wenigstens 33 cm lang, 10 cm breit und 33-34 g schwer sein. Ist ein Vogel von den berittenen Beduinen in der Wüste erjagt und erlegt worden, so zieht man ihm die F. erster Sorte aus, enthäutet ihn, kehrt den Balg um und gebraucht diesen im Innern befiederten Sack als Behältnis für sämtliche F. des Vogels. In solchen Säcken kommt die Ware in die Hände der ersten Aufkäufer. Der Flaum unter der Federdecke wird ebenfalls nutzbar gemacht und in Prima- und Sekundasorte geschieden, deren erstere in die Fabrikation feiner Filzhüte mit eingeht, indes die zweite versponnen und in ein Gewebe verwandelt wird, welches feinem Wollstoff gleicht. In Südafrika leben die Strauße auf weiten baumlosen Ebenen in Gesellschaft von Zebras, Gnus, Antilopen, selbst noch innerhalb der Grenzen der Kapkolonie, wo sie den Bauern gelegentlich die Felder plündern. Sie werden hier selten von berittenen europäischen Jägern belästigt, aber Buschmänner und Hottentotten haben eine Menge Jagdkünste, wie Schlingen- und Hinterhaltlegen, Beschleichen in straußartiger Verkleidung etc., vermöge deren sie immer eine ansehnliche Quantität F. erbeuten und zum Verkauf bringen. Übrigens hat man im Kaplande, namentlich im Distrikt Colesberg, seit längerer Zeit schon angefangen, die Strauße in einem Zustande halber Zähmung zu halten, indem man sie auf eine eingezäunte Fläche setzt, groß genug, daß sie darauf ihren Unterhalt finden können, und sie dann jedenfalls noch an einen bestimmten Futterplatz und an das Ausziehen der F. gewöhnt. Der Ertrag dieser Maßregel soll lohnend sein. Auch in Algier sollen Strauße von Franzosen zu gleichem Zwecke gezähmt gehalten werden. Die aus Algier und von der Westküste kommende Federware ist weniger wertvoll als die von mehr östlichen Gegenden, aus Suakim und Massaua ausgeführte. Die F. von der Südspitze Afrikas sind die größten und längsten, aber wenig biegsam und elastisch. Die rohen Straußfedern erhalten von den Federschmückern erst die gehörige Zurichtung. Sie werden mit Seife gewaschen, in heißes Wasser eingelegt, worin feine Kreide zerlassen ist, nachgehends die Farbe der weißen durch Schwefeln erhöht, auch wohl ein natürlicher gelblicher Ton durch etwas Indigblau getilgt. Die grauen weiblichen F. werden meistens schwarz gefärbt. Von Natur weiße nehmen die schwarze Färbung nicht gut an, daher mit solchen, die nicht wohl weiß bleiben können, auch andre Färbungen, Grün, Rosa etc. vorgenommen werden, wie denn überhaupt in der Federschmückerei viel gefärbt wird, und zwar jetzt allgemein mit Anilinfarben. Das Frisieren der F., d. h. die Wiederherstellung und Vermehrung der natürlichen Kräuselung, erfolgt dergestalt, daß man die Barte unter einem stumpfen Messer durchzieht. Nachgeahmte Straußfedern, die ähnlich den echten zugerichtet und gekräuselt sind, werden aus den gekrümmten Schwanzfedern von Hähnen hergestellt. Der südamerikanische Strauß (Rhea americana) liefert gleichfalls Schmuckfedern, aber nur graue und braune, auch in der Gestaltung von den echten abweichend und mehr den Marabufedern ähnlich. Diese letzteren sind die Schwanzdeckfedern vom Riesenstorch (Leptoptilos crumenifer), der in ganz Mittelafrika lebt. Sie sind äußerst leicht und zart zerteilt, kommen in weiß und grau vor und die erste Sorte ist die teuerste. Der echte Marabu ist der afrikanische; die meisten F. aber kommen von einer andren Art, dem ostindischen Storch, der von den Engländern der Adjutant genannt wird. Sie stehen unter den Flügeln und am Bürzel des Vogels, werden übrigens auch aus den Schwanzdeckfedern des Storchs, Pfauhahns und Truthahns nachgeahmt (falsche Marabus). Die weit verbreitete Familie der Reiher liefert in den langen, schmalen, fein gebauten F., die bei den verschiednen Arten Kopf oder Nacken, Kropf oder Bürzel zieren, weißes und noch mehr geschätztes schwarzes Material zum Schmuck. Es bestehen daraus vornehmlich die Federbüsche, die im Orient und in Ungarn etc. zur Staatskleidung gehören. Was von dieser Ware zeitweilig in die Mode eingeht, kommt wie die meisten Schmuckfedern überhaupt aus Frankreich, das die rohe Ware aus Sibirien, Indien, vom Senegal, aus Guiana etc. bezieht. Bei uns vorkommende Federlieferanten sind der gemeine Fischreiher, der Purpurreiher, der große und der kleine Silberreiher. Paradiesvögel, von denen bekanntlich die ganzen Bälge als Schmuck auf Turbanen und Damenhüten getragen wurden, sind, obwohl früher zu Zeiten häufig nach Europa gebracht, mehr Kuriosität als eigentliche Handelsware. Das Besondre daran sind zwei dicke Büschel langer gelber, an den Spitzen brauner feingeschlitzter F., die das erwachsene Männchen auszeichnen und die einen vollen Fuß über den Schwanz des Vogels hinausragen. Das Vaterland der 6 Arten von Paradiesvögeln ist Neuguinea mit einigen kleinen anliegenden Inseln. Sie mögen durch frühere Nachstellungen seltener geworden sein, da die Eingebornen nicht viel mehr zum Verkauf haben. - Zoll s. Tarif im Anh. Nr. 11 a, e, f und g.

Federpelzwerk. Von einigen Vögeln, besonders Wasservögeln, finden die Bälge oder vielmehr die Bauch-, Hals- und Bruststücke dieselbe Verwendung wie Pelztierfelle, indem sie samt dem Gefieder in der Kürschnerei zugerichtet und zu kleinen Damenartikeln oder als Ausputz verwendet werden. Man geht aber hierbei zweierlei Wege, indem man entweder die durch Farbe und Ansehen wohlgefällige Partie eines Vogelkleides in ihrer natürlichen Beschaffenheit beläßt, sie nur an andre Stelle verpflanzt, oder indem man das obere Federkleid entfernt, um nur die flaumige Unterschicht zur Geltung zu bringen. Hiermit gelangt man denn zu Vogelpelzen im engern Sinne. Als der ersten Kategorie zugehörig wären zu nennen die bunten Bälge des Eisvogels; männliche Wildenten mit farbigem und metallglänzendem Kopfe und Halsgefieder; die schwarzen, beiderseits mit einem glänzendgelben Streifen gesäumten Kehlstücke des großen Pinguins; die