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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Gerbsäure; Gerste

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Gerbsäure - Gerste

(essence de géranium rosée); es besitzt einen starken und feinen rosenähnlichen Geruch und wird daher trotz seines hohen Preises zum Verfälschen des noch zehnmal teureren Rosenöls verwendet. Diese Sorte wird aus den Blättern von Pelargonium odoratissimum, welches in Südfrankreich in großer Menge angebaut wird, destilliert; nach Gintel wird es jedoch aus den Blättern von P. radula gewonnen; dies französische Öl ist rechtsdrehend und siedet bei 216-220° C. Diesem zunächst steht das afrikanische Geraniumöl; es hat einen etwas weniger feinen Geruch, ist linksdrehend und soll von Pelargonium roseum abstammen; es kommt aus Algier und Tunis. -

Das türkische Geraniumöl oder Palmarosaöl (oleum palmarosae, türkisch: Idris Yaghi) ist gelb oder bräunlichgelb, zuweilen durch einen Kupfergehalt grünlich, bedeutend billiger als die andren Sorten und kommt aus der Türkei, Kleinasien and ^[richtig: und] Persien, wo es aus den Blättern verschiedner Geraniumsorten destilliert werden soll. Man erhält es in niedrigen kupfernen Ramieren mit circa 75 Kilo Inhalt. Unter dem Namen indisches G. oder Gingergrasöl erhält man eine billigere Sorte, die aber einen ganz abweichenden Geruch besitzt und in Indien aus einer Grasart, Andropogon pachnodes, gewonnen werden soll. Man benutzt dieses Öl zum Parfümieren ordinärer Seifen. - Einfuhrzoll f. G. s. Tarif Nr. 5 a.

Gerbsäure (Gerbstoff). Mit diesem Namen belegt man in der Chemie eine Anzahl schwachsaurer Pflanzensubstanzen, die alle darin übereinkommen, daß sie mit Eisenoxydsalzen dunkelschwarzblaue oder dunkelgrüne Färbungen geben und durch Leimlösung gefällt werden. Im Handel kommt jedoch bis jetzt nur eine dieser G. vor; es ist dies die Gallusgerbsäure (Galläpfelgerbsäure, Tannin, acidum tannicum); sie ist auch stets gemeint, wenn man das Wort G. ohne nähre Bezeichnung gebraucht, denn die übrigen G., wie z. B. Eichenrindengerbsäure, Kaffeegerbsäure, Ratanhia- und Chinagerbsäure, Katechugerbsäure etc. bilden keine Handelsartikel. Zur Fabrikation der G. benutzt man jetzt ausschließlich die chinesischen Galläpfel, welche im gemahlenen Zustande mit einem Gemische von Alkohol und Äther extrahiert werden. Nach dem Abdestillieren des Ätheralkohols bleibt die G. als eine feste, spröde Masse zurück, die gepulvert wird und die gewöhnliche Handelsware für technische Zwecke (acidum tannicum technicum) bildet; es ist ein amorphes, bräunlichgelbes Pulver von eigentümlichen Geruch. Für medizinische Zwecke hat man ein reineres, geruchloses Präparat von hellgelblicher Farbe. Außerdem hat man noch unter dem Namen acidum tannicum purissimum eine Sorte, welche eine äußerst leichte, lockere, glänzende, fast weiße Masse darstellt, die man durch Verdampfen der Gerbsäurelösung im Vacuumapparate darstellt; sie unterscheidet sich hinsichtlich der Reinheit nicht von der vorigen Sorte, sondern ist nur schaumig aufgetrieben. Eine gute G. muß sich in destilliertem Wasser leicht und klar auflösen; beim Erhitzen schmilzt sie und zersetzt sich zwischen 210 und 215° C. in Pyrogallussäure, Kohlensäure und etwas Melangallussäure. Die Gallusgerbsäure wurde früher für ein Glucosid gehalten, jetzt ist nachgewiesen, daß man sie ganz frei von Glucose darstellen kann, vielmehr ist die Gallusgerbsäure das Anhydrit der Gallussäure. Verwendung findet die G. als Beize beim Färben von Baumwolle mit Anilinfarben, zum Schönen des Weins bei gleichzeitiger Anwendung von Hausenblase, in der Photographie und zu andren Zwecken. - Zollfrei.

Gerste (Hordeum), wichtige Getreidepflanze, angebaut zur Nahrung für Mensch und Vieh und zur Malzbereitung für Brennereien und Brauereien, Pflanze der gemäßigt warmen Gegenden, am besten gedeihend im Weinklima, angebaut in allen Weltteilen, nicht in den Tropen und wärmeren Zonen, aber von deren Grenze an bis zum 70.° n. Br. und im Himalaya und in Peru bis an 2800 m hoch, überall da noch, wo ein kurzer, aber warmer Sommer den Anbau ermöglicht, in solchen Lagen jedoch nur in der kleinen vierzeiligen Varietät. Für unsre Kultur wird das Saatgut am besten je aus südlicherer Lage bezogen; die ursprüngliche Heimat ist Mittelasien. Man kennt angebaute Varietäten („Crithe“) und wildwachsende (Hordeastrum und Hordelymus), und zwar: 1) Gemeine G. (H. vulgaris), vierzeilig, weniger geeignet zu Malz als zur Ernährung, von der Linie der Rebe an nordwärts, als Winterfrucht auch noch südlicher; 2) Sechszeilige G. (H. hexastichon), nur in wärmeren Lagen, Winter- und Sommerfrucht; 3) Zweizeilige G. (H. distichum), vorzüglich zu Malz; nur Sommerfrucht, vom gemäßigten Klima bis an die warme Zone; 4-8) Pfauen-, Gabel-, Mäuse-, Roggenartige und steife G., ohne Bedeutung für die Kultur. -

Die G. gedeiht am besten im Weinklima, auf Boden mittlerer Beschaffenheit, aber in guter Kraft und Reinheit, nicht bei Nässe, Bündigkeit, häufigem Wechsel des Wetters und schroffen Extremen, besser in zweiter, als in frischer Düngung und nur bei sehr sorgsamen Anbau. Saatzeit zur Entwicklung der Äpfelblüte, in nördlicheren Lagen noch im Mai, im Süden schon im Februar. Vegetationszeit der vierz. G. 63-98, der zweiz. G. 100-159, der Wintergerste 280-322 Tage. Den Ertrag gefährden besonders Trockenheit und Nässe, Spätfröste, Zweiwüchsigkeit, Notreife, Schlagwetter (Abbrechen der Ähren), Lagern, Flugbrand, Getreiderost, Mutterkorn, Unkraut, verschiedne Feinde aus der Tierwelt, besonders Vögel. Man erntet beim beginnenden Neigen der Ähren, vor dem Hartwerden der Körner. Die angebauten Varietäten kennt man in vielen Sorten, unterschieden durch Feinhülsigkeit, Mehlreichtum, Größe, Farbe und Bruch der Körner, Feinheit und Größe der Halme, Anspruch an Boden und Klima etc. Ertrag pro ha der vierz. G. 15-25, der Wintergerste 46-56, der zweiz. G. 13-40 hl, je nach Sorte, Boden, Lage etc. 20-70 Ztr. Stroh. - Die G. wird hauptsächlich in Form von Malz zu Bier, in geringerem Grade, als Mehl zum Brodbacken, gewöhnlicher in der Form der Graupen und der Grütze,