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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Guttapercha

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Guttapercha - Guttapercha

Der förmlichen trocknen Destillation unterworfen gibt sie ein flüchtiges Öl, welches ein gutes Lösungsmittel für die G. selbst ist. Eben so gut löst sich dieselbe in Chloroform, Schwefelkohlenstoff und Benzin. Weingeist löst sie nicht, sondern zieht nur etwas wachsartigen Stoff heraus und dient bei der Darstellung vollkommen gereinigter G. selbst als Fällungsmittel derselben. Zur Ausfüllung hohler Zähne und Anfertigung künstlicher Gebisse wird nämlich der Stoff in völliger Weiße und Reinheit hergestellt, indem man ihn in einem der genannten Mittel löst, die Lösung mit etwas Pulver von feinem gebrannten Gyps schüttelt und in der Wärme stehen läßt, bis sie sich vollkommen geklärt hat. Man gießt dann die Lösung in die doppelte Menge 90grädigem Weingeist, wobei die G. als blendend weiße zähe Masse sich abscheidet. Dieselbe wird geknetet, in Stengelchen geformt und getrocknet. Eine Lösung von weißer G. in Chloroform, das sog. Traumaticin, wird übrigens gleich dem Kollodium als Schieß- und Schutzmittel für Verwundungen gebraucht. Die aufgestrichene Flüssigkeit hinterläßt beim Verdunsten die G. als fest anhaftendes, dem Wasser widerstehendes Häutchen. - Gegen Schwefel verhält sich die G. ganz wie Kautschuk, indem sie sich vulkanisieren, d. h. in der Hitze mit demselben verbinden läßt. Sie verliert dadurch die Eigenschaft in der Wärme wieder zu erweichen, widersteht allen vorgenannten Auflösungsmitteln und wird überhaupt bei starkem Schwefelzusatz dem gehärteten (hornisierten) Kautschuk durchaus ähnlich, sodaß für dergleichen Waren wohl meist dieser letztere Stoff als der wohlfeilere in Anwendung kommt. Durch Zusammenkneten lassen sich der G. natürlich eine ganze Menge Stoffe einverleiben, sei es um sie zu färben, in ihren Eigenschaften zu verändern oder nur ihr Volumen zu vergrößern. Die Anwendungen der G. sind außerordentlich mannigfaltig; einige der wichtigeren sind folgende: Umkleidung von unterseeischen Telegraphenleitungen. Wegen der gänzlichen Undurchdringlichkeit der gut verdichteten Masse gegen Wasser und Elektrizität gibt es keinen andern isolirenden Stoff von gleicher Brauchbarkeit, und die Leitungen durch Meere hindurch wären ohne denselben wahrscheinlich nicht möglich geworden. Röhren zur Leitung und Gefäße zum Fassen oder Auffangen stark ätzender Flüssigkeiten. Die G. widersteht den Einwirkungen von alkalischen und sauern Stoffen mit Ausnahme starker Schwefel- und Salpetersäure, von denen sie zerstört wird. Gefäße für Flüssigkeiten überhaupt, um die zerbrechlichen gläsernen oder porzellanenen zu umgehen. In Laboratorien, bei Photographen etc. sind solche Wannen und Cuvetten häufig in Gebrauch. Treibriemen statt der ledernen, Laufschnüre an Drehbänken etc. haben sich nicht bewährt und sind daher wieder außer Gebrauch gekommen. Sohlen für Schuhwerk, die mit einer dicken Guttaperchalösung aufgeklebt werden. Dünne Blätter zu luftabhaltenden Verschlüssen und zum Einpacken von allerhand Waren, die vor Feuchtigkeit zu schützen sind. Formen für galvanoplastische Niederschlage; die G. nimmt, im gewärmten Zustande auf einen Gegenstand gepreßt, die feinsten Eindrücke auf und hält sie fest. Schienen für chirurgische Zwecke, bei Arm- und Beinbrüchen. Lösungen von G. dienen zur Wasserdichtmachung von Leder u. dgl. An den Verkaufsstellen finden sich gewöhnlich außer Blöcken und Spänen auch Platten und Blätter verschiedner Stärke, letztere bis zur Dünne des feinsten Papiers und dabei so breit und lang wie nur irgend ein Webstoff, zum Ausschnitt nach dem Meter. Nach verschiednen Angaben soll nicht blos die eine oben angegebene Baumart, sondern mehrere derselben Familie angehörige Bäume Guttapercha liefern oder doch ähnliche Produkte, die zum Teil nur dazu benutzt werden sollen, der echten zum Nachteil ihrer Güte untergeknetet zu werden. Genaueres über diese Verhältnisse wird schwer zu erfahren sein. Ein ähnliches neu bekannt gewordenes Baumprodukt, die G. von Cayenne, s. u. Ballata. - Die gewöhnliche G., als der beste Nichtleiter der Elektrizität, ist ebenso sehr befähigt, durch Reibung selbst stark elektrisch zu werden, findet auch in diesem Sinne Anwendung, z. B. anstatt der Harzkuchen an Elektrophoren. Laufende Maschinenriemen entwickeln manchmal, und hier zur Unbequemlichkeit, Mengen von Elektrizität. Die G. hat auch den Naturfehler, vom Sauerstoff angegriffen und so verändert zu werden, daß sie bröckelt und in Staub zerfällt. Bei kompakten Stücken hat dies, weil diese Verwandlung immer nur eine sehr dünne Oberflächenschicht betrifft, wenig zu bedeuten, wogegen die dünnsten Blätter manchmal schon in wenigen Monaten zerfallen, sodaß also auf solche wenn z. B. Töpfe auf längere Zeit damit, wie mit Blase verbunden werden sollen, kein rechter Verlaß ist. Ihrer chemischen Zusammensetzung nach ist die G. des Handels ein Gemenge verschiedner Stoffe, von denen die sog. Gutta, die eigentliche oder reine G., die Hauptmasse bildet (75-82%); es ist dies ein Kohlenwasserstoff, der zurückbleibt, wenn man die käufliche Ware erst mit kaltem Äther und dann mit heißem absoluten Alkohol behandelt. Aus letzterem scheiden sich beim Erkalten weiße Kristalle ab, die man Alban genannt hat, während ein andrer Stoff, das Fluavil, gelöst bleibt. Beide Stoffe sind sauerstoffhaltig und harzartiger Natur. Außerdem enthält die G. noch kleine Mengen von flüchtigem Öl, Fett, Farbstoff und Salzen. - Der Preis der G. in Hamburg schwankt jetzt zwischen 5 und 9 Mk. per kg je nach Qualität. Fabriken von Guttaperchawaren sind jetzt außer London in Hamburg, Berlin, Augsburg, Wien, Leipzig etc. - G. ist zollfrei. Die Verzollung der Waren daraus geschieht gem. Tarif im Anh. Nr. 17 b-17 e.