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Leder - Ledersurrogate
liegen bleiben. Die Felle erhalten hierdurch nach dem Trocknen einen höheren Grad von Geschmeidigkeit. Weißgar gegerbt werden zumeist Rindhäute für Sattlerzwecke und Schaffelle zu Schuhfutter. -
Die dritte Art der Gerberei, die Sämischgerberei, wird hauptsächlich zur Herstellung von sogenanntem Wildleder in Anwendung gebracht. Zu diesem Zweck werden besonders Hirsch-, Reh-, Renntier-, Elenn-, auch Schaf- und Ziegenfelle verwandt. Da solches L. im Wasser seine Gerbung und seine Eigentümlichkeiten nicht verliert, nennt man es auch Waschleder. Die zugerichteten Blößen werden zunächst gewalkt, gut ausgewunden und dann mit Thran oder einem andern Fette eingerieben, zusammengerollt und abermals gewalkt. Dies Einfetten und Walken wird so oft wiederholt, bis die Felle die nötige Menge von Fett oder Öl aufgenommen haben. Schließlich unterwirft man sie noch einer Art Gärung und entfernt das oberflächlich anhängende, durch die Gärung teilweise veränderte Fett mittels einer Pottaschenlösung. Bei der Zurichtung der dickeren Felle für die Sämischgerberei wird die Narbe meistens mit abgestoßen, sodaß der Unterschied zwischen Narben- und Fleischseite wegfällt, wodurch solches L. eine wollige Beschaffenheit und große Weichheit erlangt. -
Von den beschriebenen Gerbmethoden kommen wieder verschiedne Abänderungen zur Anwendung, wodurch besondere Sorten von L. entstehen, wie z. B. Saffian, Juchten, ungarisches Weißleder etc. - Bevor das fertig gegerbte L. in den Handel gebracht wird, muß es je nach dem Zweck, zu dem es bestimmt ist, noch verschiedenartig zugerichtet werden. -
Sohlleder wird meist in Bürden von fünf oder sechs Häuten gepackt, so in den bedeutendsten Produktionsplätzen Malmedy, Trier, Luxemburg, Siegen, Eschwege, auch Berlin, Hannover u. dgl. Doch wird es auch von verschiednen Fabrikanten zunächst geklopft oder gewalzt und dann in Rollen gepackt. -
Vâcheleder, welches ebenfalls zu Sohlen verwendet wird, ist platt gestoßen, wird hauptsächlich in Frankreich und Belgien, am Rhein und in Thüringen erzeugt und kommt in den Handel in Rollen zu 5-8 Häuten. In der Erzeugung von schwarzem und braunem Blankleder, welches die Sattler verwenden, thun sich Mühlheim a./Rh., Pößneck in Thüringen und Weißenfels besonders hervor; Mühlheim auch in Wagenverdeckledern. Solche Häute werden gespalten, sodaß aus einer Haut zwei werden, und die Verdeckhaut wird aus dem Narbenteile gefertigt, wodurch sie schwächer, biegsamer und größer wird. Der Unterspalt findet dann meist zu Brandrohleder und ähnlichen Zwecken Verwendung. Auch Fahlleder, welches das beste Material für Arbeiterstiefel-Oberleder bilden und viel in Thüringen, Bayern und Sachsen erzeugt werden, spaltet man bisweilen. Alle diese Sorten, mit Ausnahme der Sohlleder, welche vorzugsweise aus Wildhäuten gefertigt werden, sind die Häute von gewöhnlichem Stallvieh, Kühen und Ochsen.
Ein viel größerer Artikel zu Oberleder ist die ostindische Kipshaut, welche in großen Mengen in ganz Deutschland, am meisten in Thüringen und Sachsen, England, Italien und Spanien gegerbt wird; dieselbe ist im allgemeinen schwächer als die Rindshaut und stärker als das Kalbfell. In der Herstellung von braunem Kalbleder zeichnet sich Frankreich aus, in Deutschland Elsaß, der Rhein und speziell Gera. Lackleder, Wichsleder, sowie überhaupt die feineren Kalbleder werden besonders am Rhein gemacht, namentlich in Worms und Mainz. Schafleder werden in großen Mengen in Kirchhain, in der Niederlausitz und Umgegend gefertigt und zwar teils in Alaun, teils in Lohe gegerbt als gewöhnliches Schuhfutterleder, Saffiane, d. h. gefärbte und besonders präparierte Ziegen- und Schafleder in Mainz und andern rheinischen Städten, sog. Bockleder, wozu das Material gegerbt aus Madras und Bombay kommt, in Kirn an der Nahe und Wien. -
Roßleder, welches in früherer Zeit fast ausschließlich nur zu Wagenverdeck oder zu geringeren Sattlerarbeiten verwendet wurde und keinen hohen Wert hatte, findet seit einigen Jahrzehnten eine erheblich bessere Verwendung zu Oberleder, und zwar das Schild (d. i. dasjenige Stück, welches einen sogenannten Spiegel hat), zu Stiefel-Vorderteilen, der Rest zu Hinterteilen und Schuhleder. -
Was die Lederproduktion anlangt, so nimmt Deutschland jetzt den ersten Rang ein, dann folgen Nordamerika, England, Frankreich, Österreich etc. Auf den Messen von Leipzig und den beiden Frankfurter ist L. neben Tuch der Hauptartikel. Während bis zu Anfang der vierziger Jahre dieses Jahrhunderts die deutsche Lederfabrikation für den Bedarf des Landes vollständig ausreichte und noch bedeutende Quantitäten exportiert wurden, zumal nach Amerika, haben die fremden Staaten, und wiederum zumal die amerikanischen, durch immer wiederholte Zollerhöhungen die Einfuhr deutschen Leders außerordentlich erschwert, andrerseits hat sich die Lederindustrie in den Vereinigten Staaten so bedeutend gehoben, daß sie, unterstützt durch niedere Einfuhrzölle in Deutschland, eine Reihe von Jahren hindurch den deutschen Markt mit dem Überschuß ihrer Erzeugnisse ausbeutete, bis mit Beginn des Jahres 1880 durch den neuen deutschen Zolltarif soweit eine gesunde Lage in der deutschen Lederindustrie angebahnt ist, daß Deutschland auf seine eigenen Produkte wiederum angewiesen ist und dabei auch keinen Mangel leidet. - Zoll: L. aller Art s. Tarif im Anh. Nr. 21 a und b.
Lederholz; die starke, lederartige Bastfaser der Schößlinge von Dirca palustris, einer zu den Seidelbastgewächsen (Daphnoideen) gehörigen Pflanze des südlichern Nordamerika; diese Faserbündel sind 1-1,5 m lang und werden zur Anfertigung von Stricken und Matten verwendet. - Zoll: s. Bast. Die Fasern sind zollfrei; Stricke und Matten daraus werden gem. Tarif im Anh. Nr. 22 d verzollt.
Ledersurrogate. Es sind dies Kunstprodukte, welche das Leder ersetzen sollen. Man hat sich schon seit langer Zeit bemüht, solche herzustellen, ohne daß es gelungen wäre, ein allen Anforderungen genügendes Fabrikat zu erfinden und namentlich gewisse Ledersorten zu