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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Rhodanbarium; Rhodankalium; Rhodium; Rhusma; Ricinusöl

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Rhodanbarium - Ricinusöl

Schwefelkohlenstoff in geschlossenen Gefäßen; aus dem R. stellt man dann die übrigen Rhodansalze dar. - Zollfrei.

Rhodanbarium (Schwefelcyanbarium, Bariumsulfocyanid, Bariumrhodanat, Barium rhodanatum), weiße, glänzende Kristallnadeln, an der Luft zerfließlich, in Wasser löslich, in der Hitze unzersetzt schmelzbar, wenn die Luft abgehalten ist. Das R. wird ebenso wie andre Rhodansalze neuerdings zur Kattundruckerei verwendet, um den Überdruck jeder beliebigen Farbe über eine andre zu ermöglichen. - Zollfrei.

Rhodankalium (Schwefelcyankalium, Kaliumrhodanat, Kaliumsulfocyanat, frz. sulfocyanate de potasse, lat. Kalium rhodanatum oder sulfocyanicum), ein in der Chemie öfter gebrauchtes käufliches Salz, besteht aus Cyan, Kalium und Schwefel und wird durch Schmelzen und gelindes Glühen eines Gemenges von gelbem Blutlaugensalz und Schwefelblumen erhalten, indem man die Masse nachgehends mit Weingeist auskocht und die vom Rückstande getrennte Lösung zur Kristallisation abdunstet. Das Salz bildet lange farblose Nadeln, aus wässeriger Lösung kristallisiert es Prismen, die dem gewöhnlichen Salpeter sehr ähnlich sehen und ebenso kühlend schmeckend wie dieser, aber giftig wirken. Die Kristalle sind feucht und zerfließen an der Luft. Lösungen von Eisenoxydsalzen färbt R. sogleich dunkel blutrot und sein spezieller Gebrauch ist eben zur Entdeckung solcher Salze in Flüssigkeiten; es ist so empfindlich, daß es Eisenoxyd noch in einer 1600000 fachen Verdünnung durch einen roten Schein anzeigt. Das Kilo reines Salz kostet je nach dem Grade der Reinheit 4-6 Mk. Man benutzt es auch wie das Rhodanammonium zur Bereitung von künstlichem Senföl und in der Kattundruckerei als Beize. - Zollfrei.

Rhodium ist eins der Platinmetalle (s. Platin), von 12,1 spez. Gewicht, welches sich nur durch umständliches Verfahren als kompaktes Metall darstellen läßt. In reinem Zustande ähnelt es nach dem Schmelzen dem Aluminium im Ansehen, ist weich, geschmeidig und dehnbar wie Silber. Unreines R. ist hart und spröde. Es schmilzt schwerer als Platin, aber leichter als Iridium. Rh. hat bis jetzt nur chemisches Interesse. - Zollfrei. Vgl. Platin.

Rhusma, ein orientalisches, auch von unsern Haarkünstlern angebotenes Mittel zur Vertilgung von Haaren, wird erhalten durch Kochen von gelbem Schwefelarsenik und Ätzkalk mit Natronlauge. Die geklärte Lösung bildet das R., eine Lösung des Operments in der ätzenden Lauge. Beim Gebrauch werden die zu entfernenden Haare mit der Flüssigkeit betupft und diese wird alsbald wieder weggewaschen, denn sie ist so ätzend, daß sie leicht auch die Haut mitnimmt. Wegen seiner großen Giftigkeit auch bei äußerlicher Einwirkung auf die Haut ist jedoch von der Benutzung dieses Mittels entschieden abzuraten. Das unschädliche Schwefelwasserstoffschwefelcalicum verrichtet denselben Dienst. - Zollfrei.

Ricinusöl (Wunderbaumöl, Kastoröl, lat. oleum Ricini, O. Palmae Christi, frz. huile de ricin; engl. castor oil). Dieser Artikel des Droguenhandels wird aus den Samen der Ricinuspflanze (Ricinus communis) gewonnen und gehört zu den fetten Ölen. Der Ricinus oder Wunderbaum ist ein ursprünglich ostindisches, jetzt aber über viele Länder durch Verpflanzung verbreitetes Gewächs aus der Familie der Wolfsmilcharten, in wärmern Ländern Strauch- und baumartig wachsend, während er bei uns bloß als zierende, höchstens 2-2½ m hoch werdende, Blattpflanze in Gärten und Anlagen gezogen wird, nur einen Sommer dauert und jährlich aus Samen zu ziehen ist. In seinem Vaterlande Ostindien wird er 7-10 m hoch. Seine großen Blätter sind handförmig, sieben- bis zehnspaltig, auf langen Stielen schildartig sitzend. Die Blüten stehen in großen Trauben und bringen stachliche, aufspringende Samenkapseln.

Als Nutzpflanze dient er durch seine Samen, deren Ölgehalt ausgepreßt wird. Sie sind unter dem Namen große Purgierkörner oder Purgiernüsse (semen ricini, semen cataputiae majoris) bekannt, von elliptischer, zusammengedrückter, auf der einen Seite stumpfkantiger, auf der andern gewölbter Gestalt, haben eine glatte, glänzende, hellgraue, rotbraun getüpfelte Oberfläche, welche der harten, dünnen, leicht zerbrechlichen Samenschale angehört, in welcher ein gelblichweißer ölhaltiger Kern liegt, der anfangs mandelartig mild, hinterher etwas kratzend schmeckt. Die Samen wurden früher als Laxans gebraucht, indem man sie zerquetschte oder Absude davon machte, doch sind sie in dieser Weise gefährlich und haben Vergiftungen bis zum Tode veranlaßt. Sie sind daher jetzt ganz außer Gebrauch und man hält sich an das Öl, das eine gelinder abführende Wirkung ohne schlimme Nebenerscheinungen hat.

Das Öl aber erhalten wir fertig aus zwei Quellen, Ostindien und Italien, welche für unsern Handel allein Bedeutung haben, da aus andern Erzeugungsländern nichts an den Markt gelangt; namentlich die Zufuhren aus Nordamerika, wo es massenhaft erzeugt wird, scheinen ganz aufgehört zu haben. Das Öl wurde früher durch Auskochen der zerquetschten Samen mit Wasser erhalten; jetzt enthüllst man dieselben und preßt sie kalt oder warm. Die kalte Presse bringt von dem etwa 40% betragenden Ölgehalt wenig aus, man erhält jedoch ein mildschmeckendes, fast farbloses Öl. Man preßt daher in der Regel heiß und erhält fast den ganzen Ölgehalt, aber braun, trübe und scharf schmeckend. Man kocht es dann einige Zeit mit Wasser, wobei es fremde Bestandteile fallen läßt, sich klärt, hellfarbiger und milder schmeckend wird.

Die größte Sorgfalt verwendet man in Italien auf die Herstellung dieses Öles, weshalb auch das italienische R. die gesuchteste Sorte ist. Nebenbei gewinnt man jedoch dort auch ordinärere und billigere Sorten für technische Zwecke. Das Öl ist im reinem Zustande hell und farblos oder nur schwach gelblich, ohne Geruch und Geschmack, obschon das beste doch nach dem Verschlucken ein schwaches Gefühl von Schärfe hinterläßt. Es ist dickflüssiger als andre fette Öle; in der Kälte setzt es festes Fett (Ricinstearinsäure) ab und erstarrt bei starken Kältegraden völlig. Es