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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Salpeter

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Salpeter - Salpeter

zum Waschen gleich gesättigte reine Salpeterlösung. Man trocknet dann entweder die gewaschene Masse in der Wärme und packt sie in Form sandigen Pulvers als einfach gereinigten S. in Fässer, oder man löst sie nochmals auf, läßt sie ungestört kristallisieren, wäscht die Kristalle und erhält so doppelt gereinigtes Salz.

Man hat demnach im Handel großkristallisierten S. und kleinkristallisierten oder sog. Salpetermehl. Die Kristalle sind lange säulenförmige Prismen des rhombischen Systems, gewöhnlich längsgestreift. Seltner wird das pulverige Salz in gelinder Hitze geschmolzen und zu Broten ausgegossen. Geschmolzner oder tropfenweise auf ein kaltes Blech fallen gelassener S. wird unter dem Namen Salpeterzeltchen (Nitrum tabulatum) in Apotheken geführt.

Der Kalisalpeter besteht in 100 Tln. aus 46⅗ Kali und 53⅖ Salpetersäure, ohne alles Kristallwasser, denn die ihm anhaftende Feuchtigkeit ist nur mechanisch zwischen den Kristallen eingesperrtes Wasser. Seine Hauptbenutzung ist zur Fabrikation von Schießpulver, zu Feuerwerk u. dgl.

Der Natronsalpeter ist zur Pulverfabrikation ganz ungeeignet, weil er in feuchter Luft Wasser anzieht, auch das damit bereitete Pulver wenig Explosivkraft hat. Zu andern Zwecken, wie zum Einpökeln von Fleisch, zu Flußmitteln, zum Eisenfrischen und Stahlhärten werden sich beide Arten des S. wohl immer vertreten können.

Beide haben in sehr gereinigtem Zustande auch medizinische Anwendung in kleinen innern Gaben; der Natronsalpeter hat eine mildere Wirkung. In größern Gaben wirken die Salze entschieden giftig; schon gepökeltes Fleisch ist im stande, üble Wirkungen hervorzubringen, wenn man sich mit dem Salpeterzusatz, um es recht rot zu machen, übernommen hat. -

Der Chilisalpeter ist nicht nur eine neuere, sondern wegen seines Vorkommens auch eine sehr merkwürdige Erscheinung. Auf einem 1000 m über der See liegenden Hochplateau an der Westküste Südamerikas, der die Grenze zwischen Chili und Peru bildenden dürren Wüste Atacama, wo niemals ein Tropfen Regen fällt, findet sich in verschiednen Örtlichkeiten kristallisierter trockner S. aufgehäuft, der natürlich, wo er weggenommen wird, sich nie wieder ersetzen kann. Allem Anschein nach hat dieses Hochland einst den Boden eines Natronsees gebildet, dessen Ränder sich noch nachweisen lassen. Das Salz findet sich bald in Form von Ausblühungen an der Oberfläche, die wie schmutziger Schnee aussehen, bald liegt es in Vertiefungen und bildet 4½-7 cm starke Krusten oder es steckt in Höhlen und Klüften in festen Massen; meistens aber liegen die Kristalle einzeln bei einander wenige Fuß unter der Oberfläche, und bilden unter einer Bedeckung von Sand und Thon weithin streichende Schichten in einer Mächtigkeit von 6-24 dm, die wie Kies ausgegraben werden.

Die salzreichste und besonders ausgebeutete Gegend ist die Ebene von Tamarugal, zu Peru gehörig, zwar nur 10-15 englische Meilen von der See entfernt, aber das zwischenliegende Terrain ist eine steile, sandige und zerklüftete, noch überdies mit einem Höhenzug gekrönte Küste und hat noch keine andern Wege als gewundne Saumpfade, auf welchen das Salz durch Maultiere in Säcken herabtransportiert wird. Die Transportzüge gehen teils nach dem Hafenorte Iquique in Peru, teils nach Concepcion in Chile; unterwegs liegen auf beiden Routen Raffinerien, in denen das Rohsalz mit siedendem Wasser ausgezogen und durch Abdampfen umkristallisiert wird. Die Feuerung dazu bilden Steinkohlen, die aus England herbeigeschafft werden müssen. Nach dieser Behandlung ist die Ware noch immer eine rohe mit etwa 90-93% S., indes das übrige aus Kochsalz, schwefelsaurem und salpetersaurem Kali, Magnesiasalzen, Gips etc. besteht und für die meisten Zwecke, außer für die Landwirtschaft, in Europa noch weiter zu reinigen ist. Diese Ware wird ebenfalls in Säcken von durchschnittlich 100 kg Inhalt verschifft. Infolge der Eigenschaft des Salzes, leicht Feuchtigkeit anzuziehen, enthält das käufliche Salz gewöhnlich 2% davon; kann es in feuchten Lokalitäten noch 1% oder mehr aufnehmen, so beginnt die Auflösung und die Säcke tropfen von konzentrierter Salpeterlauge.

Die Einfuhr der Ware ist nicht nur nach Europa, sondern auch nach Nordamerika sehr beträchtlich. Der Begehr ist fortwährend lebhaft, denn es sind, abgesehen von kleinen Verwendungen, drei große, viel verbrauchende zu decken, nämlich die Bereitung von Salpetersäure, welche sich jetzt nur an diese Art S. hält, die Umwandlung in Kalisalpeter und die Bedürfnisse der Landwirtschaft, welche dieses Salz als ein ausgezeichnetes Düngemittel mehr und mehr schätzen lernt und in Anspruch nimmt. Daß die Säurefabrikation sich ausschließlich dieses Rohstoffs bedient, hat seine guten Gründe; er ist nicht nur wesentlich wohlfeiler als der Kalisalpeter, sondern obendrein ertragreicher, denn das Salz besteht aus 36⅗ Natron und 63⅖ Säure, besitzt also an letztrer 10% mehr als der gewöhnliche S.

Die Preise des Salzes richten sich allerdings nach den Zufuhren, aber auch nach dem jeweiligen Preisstande des Kalisalzes, welcher jetzt immer eine Tendenz zum Steigen hat. Wenn aber die Preisschwankungen des S. unter friedlichen Verhältnissen immer noch mäßig bleiben, so wird dies sofort anders, wenn irgendwo ein Krieg ausbricht; dann steigen die Preise rapid, weil Niemand das Ende und die mögliche Größe des außerordentlichen Konsums absehen kann. -

In Deutschland ist bei den jetzigen Verhältnissen der Bedarf an S. so gut gedeckt, daß die englisch-ostindische Ware, welche früher den Markt beherrschte, ganz verdrängt ist; die deutschen Raffinerien von Kali- und Natronsalpeter stehen jetzt auf einem solchen Standpunkte der Ausbildung, daß sie auch vom Auslande beschäftigt werden. Im Jahre 1881 betrug die Einfuhr und Ausfuhr von S. in das Deutsche Reich:

Einfuhr Ausfuhr

Kalisalpeter 8170800 kg 6763800 kg

Natronsalpeter 89949700 kg 917300 kg

: 98120500 kg 7681100 kg.

Gereinigter wie roher S. sind im Zollverein frei