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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Steinkohle

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Steingut - Steinkohle

von Natur durch organische Substanzen blau oder anders gefärbt wären. Selten wohl kommt eine Thonart vor, die für sich allein allen Anforderungen entspräche, vielmehr sind die in den Fabriken verarbeiteten Massen in der Regel Gemische mehrerer Thonsorten oder andrer Substanzen, wie Mergel oder Quarz, gemahlener Feuerstein u. dgl., um eine bildsame und doch das Brennen aushaltende Masse zu gewinnen, da zu fetter Thon beim Trocknen und Brennen jedenfalls reißen würde.

Die Vorbereitung der Zuthaten durch Schlemmen, resp. Mahlen, Vereinigung derselben in Form von Brühen, Kneten der Masse auf Thonmühlen, Durchziehen durch Filterpressen etc. und Ausarbeitung derselben auf der Drehscheibe, durch Eindrücken in oder Überschlagen über Gipsformen etc. kommt ganz mit der Fabrikation des Porzellans (s. d.) überein, geht aber beim S. leichter von statten, da dessen Masse viel formbarer ist als Porzellanteig. Allerdings gibt es auch, weil dieser Artikel mit dem Porzellan konkurriert, sehr schwer schmelzbare Massen, aus denen Gegenstände erzeugt werden von größter Festigkeit und dünneres Knochensteingut, welche beinahe durchsichtig sind.

Die Steingutwaren sind ebenso wie Porzellan, in Kapseln eingesetzt, zweimal gebrannt, aber bei lange nicht so hoch gesteigerter Goldschmelzhitze. Zwischen den ersten Brand, das Verglühen, und den Glasurbrand oder Glattbrand, auch Rauhbrand, fällt die Dekoration derjenigen Ware, deren Verzierungen also unter der Glasur liegen, so weit sie nicht Vergoldungen oder Metalllüster oder reichere Dekorationen sind, welche nach der Glasur aufgesetzt und besonders in Muffeln eingebrannt werden. Sehr häufig ist die Rauhmalerei oder Unterglasurmalerei angewendet und da werden einfarbige Zeichnungen durch Überdruck auf die Geschirre gebracht, die sehr wenig Kosten machen, aber doch sehr hübscher Effekte fähig sind.

Die Farbstoffe sind wie bei Porzellan und Glas: Chromoxyd zu grün, Kobaltoxyd zu blau, Gemische von Kobalt-, Mangan- und Kupferoxyd zu schwarz etc. Violette Töne werden mittels Pink colour (s. d.) erzeugt. Diese feinst gepulverten Farbenkörper werden mit Druckfirnis gemischt und hiermit die Ornamente, welche sehr tief in Kupferplatten ausgeführt sind, von diesen auf dünnes präpariertes Papier gedruckt. Die Präparatur besteht aus einer aufgetrockneten und wieder aufweichbaren Schicht einer schleimigen Masse, Flohsamenschleim u. dgl., auf welcher also, und nicht auf dem Papiere selbst, der Druck steht. Aus diesen gedruckten Blättern schneidet man die Figuren passend aus und klebt sie auf das matte Geschirr unter Andrücken und Anreiben fest. Nach dem Antrocknen des Firnisses netzt man das Papier mit Wasser und reibt es ab, oder stellt gleich die Geschirre in Wasser, bis die Papiere von selbst abfallen.

Da die Kupferplatten durch die mineralhaltigen Farben sehr rasch abgenutzt werden, so faßt man die Sache auch noch anders an: man druckt - auf feuchte Gelatineblätter - mit bloßem Firnis, trägt diese Drucke auf die Geschirre und überstäubt sie nun erst mit den feingepulverten Farben, welche von den leeren Stellen durch Abblasen oder Wischen leicht zu entfernen sind. Was mit dem Pinsel für die Dekorierung des S. geschieht, beschränkt sich auf Reifen und einfache immer wiederkehrende Ornamente. Hervorragende Firmen verstehen es jedoch, sich eine Anzahl von Begußfarben zu versetzen und erhalten auf dem rauhen Scherben einen einfarbigen Untergrund, der in der mannigfaltigsten Weise durch Aussparen, Reservage, oder Aufmalen auf der Glasur zu künstlerischen Arbeiten verwendet wird.

Das Glasieren erfolgt in derselben Weise wie bei andern Thonwaren durch Eintauchen in eine Glasurbrühe (s. Porzellan), Trocknen und Brennen. Dem eigentlichen Brennen zur Glasur geht aber bei dekorierten Sachen eine leichtere Erhitzung in kleinen Öfen vorher zur Zerstörung des Firnisses, welcher die Glasur abstoßen würde. Die Glasuren des S. sind immer stark bleihaltig und bestehen aus einem Glase, das vorher aus Kieselpulver, Soda, Borax und Bleiweiß oder Mennige erschmolzen, gestampft und mit Wasser fein gemahlen wird. Es bildet sich also beim Einbrennen eine dünne durchsichtige Glashaut, welche die Grundfarbe sehen läßt, und da diese in der Regel etwas gelblich ist, so versteckt man dies dadurch, daß man die Glasur mit ein wenig Smalte anbläut. -

Die Steingutwaren sind je nach ihrer Masse und der angewandten Temperaturgrade mehr oder weniger hart und klingend, doch niemals in dem Grade wie Porzellan, dessen Durchscheinbarkeit ihnen ebenfalls abgeht. Ein Fehler der Ware ist, daß die weiche Glasur mit der Zeit gewöhnlich eine Menge feiner Risse und dadurch ein schlechtes Ansehen bekommt. Die Steingutwaren werden in großer Menge erzeugt, sind sehr wohlfeil und müssen es sein, da ihnen das ordinäre Porzellan viel Konkurrenz macht. Steinzeug (s. unten) bildet eine andre, mit dieser nicht zu verwechselnde Warengattung. - Statistisches und Zoll s. Thonwaren.

Steinkohle (franz. houille oder charbon de terre; engl. coal oder pitcoal), ein Brennmaterial, dessen eminente Wichtigkeit für Industrie und Verkehr der Gegenwart und somit für die ganze Gestaltung der heutigen Zustände des Völkerlebens speziell darzulegen, überflüssig sein würde. Sie ist vor allem der Hebel zur Gewinnung des Hauptelementes Eisen; im Bunde mit dem Wasser treibt sie die Kraftmaschinen, welche unsre Eisenbahnzüge und Dampfschiffe bewegen und in zahllosen Fabriken verschiedenster Art mit Millionen von Pferdekräften arbeiten; sie liefert die Schmelz-, Glüh- und Siedehitze zu den mannigfachsten technischen Zwecken, und als Heizmaterial in den Wohnungen greift sie in dem Maße mehr Platz, wie das Holz seltner und teurer wird.

Aus der Kohle stellen wir endlich die Gase dar, die uns Häuser und Straßen mit dem schönsten Licht erhellen und aus dem hierbei entstehenden Teer fabriziert man zahlreiche prachtvolle Farben, während das gleichzeitig auftretende Gaswasser jetzt fast die alleinige Quelle für die Herstellung des Ammoniaks abgibt. In den Steinkohlenschätzen, die jetzt meist sehr tief