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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Zinn

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Zinn - Zinn

Zinnwald, die seit dem 12. und 13. Jahrhundert im Betriebe sind und anfänglich sehr reich waren, ist das letztere wegen Unergiebigkeit ganz ins Stocken gekommen, das erste noch im Bau und vertritt die sächsische Produktion jetzt fast allein, denn es kommen hierzu nur noch ein paar kleinere Beiträge von Marienberg und Johanngeorgenstadt. Der Gesamtertrag beläuft sich auf etwa 130000 kg im Jahre. Im benachbarten Böhmen wird in Schlaggenwald, Joachimsthal, Graupen, welches letztere 1876 207400 kg lieferte, Z. gewonnen. Von größter Bedeutung für den Handel ist das indische Z. Die zinnhaltigen Anschwemmungen finden sich auf der Ost- und Westküste der malaiischen Halbinsel in weiter Erstreckung, sowie auf einigen benachbarten Inseln, vor allen Banca, das nebst Billiton den Holländern gehört und wo das Metall in bester Güte und großen Mengen gefunden wird. Das Z. von der Halbinsel wird von den Engländern ausgeführt und bildet das Malakkazinn (bei den Engländern straits tin). Banca- und Billitonzinn gehen über Batavia nach Holland und werden dort in periodischen Auktionen versteigert. Die Sendungen betrugen noch vor 10-12 Jahren jährlich zwischen 4 und 5000 Tons à 1000 kg. Bis zum Jahre 1870 machten Holland und England die Zinnpreise. Mit diesem Jahre tritt aber Australien mit den Provinzen Victoria, Neu-Südwales und Queensland als Produzent auf und erreichte bereits im Jahre 1875 eine Ausbeute von mehr als 7000 Tons; d. i. mehr als 68% der früheren Gesamtproduktion. Dadurch sind die Zinnpreise in neurer Zeit herabgegangen, zeitweise sogar sehr bedeutend. Aber auch der durch Einführung der Anilinfarben, bei deren Verwendung keine Beize erforderlich ist, geringer gewordene Bedarf an Zinnsalzen hat mit zum Preisrückgange beigetragen. Amerikanisches Z. kommt in unbedeutenden Quantitäten nach Europa von Chili, Peru und Mexiko. Nach Kupelwieser wurde 1874 an Z. erzeugt in Großbritannien 9767, in Österreich 160, in Deutschland 57 Tons. Queensland lieferte an Z. und Zinnerzen mit 70% Gehalt über 6000, Neusüdwales 7 bis 8000 Tons. Deutschland produzierte 1878: 83100 kg Z. im Werte von 107947 Mk. - Das Z. kommt in den Handel in allerlei gestempelten Formen von Blöcken, Platten, Kuchen, Barren, Brocken, kleinen Stangen, aufgerollten Tafeln etc. Die Engländer gießen ihr Werkzinn in Blöcke (Blockzinn), während sie dem Waschzinn eine eigentümliche Form geben. Das Metall wird, wenn es rein ist, in einer Hitze, die seinem Schmelzpunkte nahe liegt, in hohem Grade spröde, sodaß es, wenn man es mit Hämmern schlägt oder aus geringer Höhe herabwirft, in eine Menge rundlicher Stückchen mit kristallinischen Flächen zerspringt; diese Kristallisation dient als Zeichen der Reinheit. Die Ware heißt in dieser Form Körnerzinn. Das reinste Z. kommt von Malakka, Banca und Billiton in Pyramiden, fingerdicken Stangen oder Blöcken von 20-25 kg oder 60-65 kg. Das nächstbeste ist das englische refined tin in Blöcken von 150 kg; es enthält nur wenig Eisen, kein Kupfer, Arsen und Blei. Das englische common tin enthält etwa 0,2% Eisen und bis 1% Kupfer und steht dem ersteren nach. Das sächsische und böhmische Z. folgen dann; ihre Qualität hat sich, seit die gepochten Erze mit Salzsäure behandelt werden, bedeutend gebessert, namentlich ist der Wolframgehalt bis auf 0,1% herabgegangen. Peruanisches Z. enthält häufig größere Mengen Wolfram, Blei und Arsen, sodaß es vor der technischen Verwendung raffiniert werden muß. Australisches Z. ist meistens wolframhaltig, übrigens rein. -

Die technische Verwendung des Z. ist eine vielseitige. In seinem Gebrauche zu Zinngießereiwaren erhält es stets einen Zusatz von Blei, weil es dadurch leichter gießbar, härter und wohlfeiler wird. Das mäßigste Mischungsverhältnis ist 32 Tle. Z. und 1 Tl. Blei (vierstempliges Z.), aber die Verhältnisse gehen herab bis zu 1 Tl. Z. und 1 Tl. Blei (einpfündiges Z.). Enthält die Mischung nicht mehr als ⅓ Blei, so wird sie gewöhnlich als für Speisegeschirr tauglich angesehen. Das Z. der Orgelbauer enthält immer auch Blei, gewöhnlich im Verhältnis von 2 zu 5; bei Zinnfiguren ist meist die volle Hälfte Blei. Weiteres über die Verbindungen des Z. mit andern Metallen s. u. Legierungen. Für manche Zwecke der Färberei, Farbenfabrikation u. dgl. braucht man Kessel, Pfannen, Destillierblasen etc. von feinem Z. Andrerseits dient das Metall hauptsächlich zum Verzinnen von Kupfer, Eisen und Blei. Weißblech (s. Bleche) ist ein bedeutender Artikel dieser Art. Bleierne Wasserröhren werden durch Verzinnung unschädlich gemacht; Stecknadeln (s. Nadeln) sind meistens verzinnt. -

Bei der Weichheit des Metalles läßt es sich leicht zu dünnen Blättern - Zinnfolie oder Staniol - auswalzen. Diese Blätter dienen mit Quecksilber zum Belegen der gewöhnlichen Spiegel und außerdem zum Einhüllen von Stoffen, die vor Einwirkung der Luft geschützt werden sollen. Insoweit diese Stoffe Genußmittel, wie Schokolade und Schnupftabak, sind, soll die Folie bleifrei sein, ist es aber gewöhnlich doch nicht; es gibt sogar Folie, die aus zwei Zinnplatten und einer dazwischen liegenden Bleiplatte gewalzt ist. Über die Verwendung des Z. zu unechtem Blattmetall und Musiv-Gold und -Silber s. d. Art. - Auch in seinen Salzen und andern Präparaten ist das Metall von Wichtigkeit. Zinnoxyd entsteht erstlich durch Schmelzen des Z. an der Luft, wobei sich das Metall in ein graues Pulver verwandelt, das sich durch Schlemmen in unverändertes Metall und weißes Oxyd scheiden läßt, welches in diesem Falle Zinnasche heißt und ein ausgezeichnetes Schleif- und Poliermittel, namentlich für Stahl, ist. Das Zinnoxyd ist außerdem noch zu erhalten durch Ausfällen aus einer Zinnsalzlösung durch Alkali, sowie direkt durch Eintragen des zerkleinerten Metalles in Salpetersäure, die es sofort in ein weißes Pulver verwandelt. Das Oxyd geht in Glasflüsse ein und macht sie weiß und undurchsichtig; es ist daher das Mittel zur Darstellung von Email und weißen Glasuren. - Wegen der ausgezeichneten Fähigkeit des Oxydes, Farbstoffe zu binden und auf Zeugen zu fixieren (s. Lackfarben), sind