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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

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Einleitung.

der Fall eintreten würde, dass zuerst der Name des Händlers von einer einzelnen Waare abgeleitet wird, ein Fall, der allerdings vielfach vorkommt, dann aber dieser Name weiter auf die Gesammtheit der Waaren, mit welchen der Händler handelt, übertragen wäre.

Die genaue Feststellung des Begriffes "Drogenhandlung" ist heute nicht so einfach, als es auf den ersten Blick erscheinen möchte. Ursprünglich verstand man darunter entschieden nur Apothekerwaarenhandlungen, wie ja auch die ersten Drogenhandlungen meist als Nebengeschäfte grösserer Apotheken entstanden sind. Erst ganz allmälig hat sich die Drogenbranche als selbstständiges Gewerbe entwickelt. Anfangs waren auch diese selbstständigen Geschäfte fast ausschliesslich Gross-Handlungen, deren Aufgabe es war, die Apotheker mit den nöthigen Rohdrogen und Fabrikaten zu versorgen. Bald aber wurden auch sie durch die Macht der Verhältnisse, namentlich durch die immer grösseren Ansprüche der Industrie und Gewerbe, gezwungen, an andere Konsumenten als die Apotheker abzugeben, und da die Gewerbe derartige Waaren nicht immer in grossen Mengen brauchen, so entstanden neben den Drogen-Grosshandlungen auch Detailgeschäfte. Die Verhältnisse gestalteten sich hierin immer unsicherer, namentlich in Betreff des Handels mit Arzneiwaaren, bis endlich die Kaiserliche Verordnung vom 4. Januar 1875, dem Drange der Zeit nachgebend, grössere Freiheiten und eine festere Grundlage schaffte. Auf dieser Basis hat sich das Detail-Drogengeschäft, weil einem Bedürfnisse der Zeit entsprechend, mächtig entwickelt, eine Entwickelung, welche durch die Kaiserliche Verordnung vom 27. Januar 1890 weitere Fortschritte gemacht hat. Diese Verordnung brachte unserem Stande, in Bezug auf wichtige Gruppen von Heilmitteln, erweiterte Freiheiten. Wir erinnern nur an die Freigabe sämmtlicher Verbandartikel, der medizinischen Seifen, Bäder u. s. w.

Heute deckt sich der Begriff Drogenhandlung nur in sehr seltenen Fällen mit dem Begriff einer Apothekerwaarenhandlung. An diesem ursprünglichen Stamme haben sich mit der Zeit eine Menge Nebenzweige entwickelt, welche vielfach den Hauptstamm überwuchern. Ganz naturgemäss hat sich diese Umwandlung, den Bedürfnissen des Publikums folgend, vollzogen, und so finden sich heute neben dem Handel mit Apothekerwaaren zahlreiche andere Branchen in den Drogengeschäften vertreten, die allerdings, nach der Neigung des Geschäftsinhabers oder des Gebrauches der Gegend und des Ortes, sehr verschiedener Natur sind. Während in manchen Gegenden die Drogenhandlungen fast stets mit Farbenhandlungen verbunden sind, muss an anderen Orten der Drogist eine Menge feinerer Kolonialwaaren führen.

Vielfach sind ferner Parfümeriegeschäfte, Fabrikation von Essenzen, Handlungen von feineren Spirituosen etc. damit verbunden, und so ist denn das Drogengeschäft der heutigen Zeit eines der mannigfaltigsten geworden welches zu seiner Führung eine grosse Summe von Kenntnissen verlangt.