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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

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Fructus. Früchte.

mile wird nun auf Tafeln ausgebreitet, an der Luft nachgetrocknet, dann der Länge nach sortirt, je 50-60 gleich lange Schoten mittelst Baststreifen in Bündel gebunden und in Blechkisten verpackt.

Gute Vanille muss braun bis schwarzbraun, dünnschalig, fettig anzufühlen, sehr biegsam und am Stielende gebogen sein. Die Schoten sind plattgedrückt, etwas längsfurchig, 14-25 cm lang, 6-8 mm breit und müssen mit reichlichem Balsam und Fruchtmus, in welchem die zahllosen schwarzen, kleinen Samen eingebettet sind, angefüllt sein. Man hat darauf zu achten, dass die Schoten unverletzt und nicht des Fruchtmuses beraubt sind.

Gute Vanille, welche in verschlossenen Gefässen an mäßig warmen Orten gelagert, bedeckt sich oft gänzlich mit kleinen feinen Krystallnadeln von Vanillin. Es ist dies jedoch nicht immer ein Zeichen von Güte, da es auch wenig aromatische Sorten giebt, welche dennoch stark krystallisiren. Das Vanillin, ein kampherähnlicher Körper (s. d.) ist entschieden nicht der alleinige Träger des Aroms, sondern es müssen in dem Fruchtmus neben dem Vanillin noch andere, wahrscheinlich balsam- oder harzartige Stoffe, das eigentliche Arom der Vanille bedingen, denn ganz reines Vanillin schmeckt und riecht nur ziemlich schwach vanilleartig. Das Arom lässt sich durch fette und ätherische Oele, sowie durch Spiritus ausziehen.

Es kommen im Handel nicht selten schon ausgezogene Vanilleschoten vor, welchen man durch Einreiben mit Perubalsam und Bestäuben mit Benzoesäure oder Zuckerkrystallen äusserlich wieder ein gutes Ansehen gegeben hat. Derartige Schoten, auf weisses Papier gedrückt, geben einen deutlichen Fettfleck. Es sollen jedoch auch in Mexiko von den einsammelnden Indianern oft magere Schoten durch Bestreichen mit Acajouöl äusserlich aufgebessert werden.

Bestandtheile. Vanillin 1 ½-3 %, Harz, fettes Oel, Zucker etc.

Anwendung. Hier und da in der Medizin als erregendes Mittel, sonst als Gewürz.

Vanille muss in gut schliessenden Blechgefässen, am besten nochmals in Stanniol gewickelt, aufbewahrt werden. Sie ist vor zu grosser Wärme und vor Feuchtigkeit zu schützen, da sie sonst leicht schimmelt.

Früher kam sämmtliche Vanille aus Mexiko; doch hat man in den letzten Jahrzehnten auf Bourbon und Mauritius, ferner auf Ceylon und Java so gut gedeihende Kulturen angelegt, dass hierdurch und durch die Fabrikation des künstlichen Vanillins der Preis der Vanille fast auf 1/10 seiner früheren Höhe zurückgegangen ist. Alle bessere Vanille stammt von kultivirten Pflanzen.

Die Kultur geschieht in der Weise, dass abgeschnittene Ranken am Füsse passender Bäume eingesenkt werden. Man bindet die Ranken einige Fuss über dem vorher von Unkraut gereinigten Boden fest und überlässt sie nun sich selbst. Die Pflanze fängt erst im dritten Jahre an zu tragen, giebt dann aber 30-40 Jahre lang jährlich ca. 50 Schoten.