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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

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Chemikalien unorganischen Ursprungs.

nicht aus reinem Säurehydrat, sondern enthalten immer noch 6-8 % Wasser, bei schwächeren bis zu 40 %. Die gewöhnliche Konzentration der käuflichen Säure beträgt 60-66° Bé., wobei jedoch zu bemerken ist, dass die Baumé-Skala der Schwefelsäurefabriken nicht immer genau mit den korrespondirenden spez. Gewichten stimmt. Es hat dies darin seinen Grund, dass die Fabrikanten sich empirische Skalen selbst konstruiren.

Diese Säure stellt eine farblose, ölige Flüssigkeit von 1,810-1,830 spez. Gewicht dar; sie färbt sich aber sofort gelblich oder bräunlich, wenn nur die geringsten Spuren organischer Substanzen hineingelangen. Sie stösst an der Luft keine weissen Dämpfe aus und gleicht in ihren sonstigen Eigenschaften der Nordhäuser Säure, nur dass die ätzenden Wirkungen schwächer sind. Gleich dieser zieht sie mit Begierde Feuchtigkeit aus der Luft an, muss daher stets in gut verschlossenen Gefässen aufbewahrt werden.

Die Säure des Handels ist niemals völlig frei von Verunreinigungen; die hauptsächlichsten sind Bleisulfat und verschiedene Nitroverbindungen, von der Darstellung herrührend; ferner schweflige Säure, arsenige Säure, Chlor, Selen, Thonerde, Eisen etc. Von der arsenigen Säure, der schlimmsten der Verunreinigungen, muss die Schwefelsäure für viele Zwecke befreit werden; es geschieht dies auf später anzugebende Weise in vielen Fabriken, so dass auch arsenfreie Säure stets im Handel zu haben ist.

Die Herstellung der englischen Schwefelsäure, deren Name daher rührt, dass ihre Fabrikation zuerst in England betrieben wurde, ist eine ziemlich komplizirte und ohne spezielle chemische Vorkenntnisse schwer verständliche. Sie beruht auf der Ueberführung der schwefligen Säure (SO2 ^[SO_{2}]) mittelst Salpetersäure, atmosphärischer Luft und Wasserdampf in Schwefelsäure. Der ganze Prozess zerfällt gewissermaßen in 3 Abschnitte: 1. Bildung der schwefligen Säure, 2. Ueberführung derselben in Schwefelsäure, 3. Darstellung der starken aus der gewonnenen schwachen Säure.

1. Bildung der schwefligen Saure. Diese geschieht entweder durch Verbrennung von Schwefel unter reichlicher Zuführung von atmosphärischer Luft. Man benutzt hierzu neuerdings in grosser Menge den aus den Rückständen der Sodafabrikation (s. d.) regenerirten Schwefel, so dass diese Fabriken fast ihren ganzen Bedarf an Schwefelsäure aus dem gewonnenen Schwefel decken können. Ferner wird die schweflige Säure als Nebenprodukt bei Hüttenprozessen (Rösten von Schwefelkiesen) gewonnen. Diese letztere Methode ist in gewisser Weise die billigste, bringt aber den Uebelstand mit sich, dass die dadurch gewonnene schweflige Säure sehr unrein ist und namentlich viel arsenige Säure enthält.

2. Ueberführung der schwefligen Säure in Schwefelsäure. Diese geschieht in der Weise, dass man in die sog. Bleikammern die