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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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Westen etwas gegen Süden der Stelle entlang, wo jetzt das Kloster der minderen Brüder ist bis zum Löwenturm oder -tor. Von diesem Tor aber lief die Mauer über die Stelle, wo jetzt nur eine Häuserreihe ist, fast bis zur Blau und schloß das Haus Georg Strölins ein, welches damals eine Burg 1) war, wie noch heute deutlich ist, wenn man die Sache genau betrachtet, und an der Ecke dieses Hauses wendete sich die Mauer ganz gegen Süden zwischen dem Hügel der Stadt und der Blau, die sie ausgeschlossen hatte, und so umschloß sie weiter unten den Weinhof, über die Wohnungen der Fischer bis zum Ufer der Donau hinablaufend. Aber an die Donau stoßend krümmte sie sich allmählich gegen Osten bis zum Schützenturm, der das Tor war, von dem aus wir die Abmessung begonnen haben.

Zu der Zeit aber, als die Stadt diesen Bestand hatte, waren vor dem Schützentor weder Mauern noch Gräben, wie jetzt, sondern es war daselbst eine Vorstadt am Ufer der Donau, wo die Fischer, die Walker und Gerber wohnten und Badstuben oder Schwitzstuben standen in den Gräben unterhalb von dem Kloster der Prediger, durch welche jetzt deren und der Spitäler Abtritt in die Donau hinausgeht. Aber an der Stelle des Predigerklosters war ein Garten und an der des Kirchhofs waren Gräben, welche gerade um die Straße der Prediger und um die lange 2) Straße herumliefen bis zum Hause von Johannes (pag. 21) Neithart und vor dem Löwentor bis zur Blau hinabführten, die nachher die Stelle des Grabens bis zur Donau vertrat. In der Umgebung der Stadt waren Vorstädte, in denen alles Lärmende getrieben wurde, die Stadt aber war eine ruhige Wohnung der Edlen und Reichen. Denn außerhalb von dem östlichen Schützentor war der Spital, wo er jetzt ist, (obgleich er vor unserer Zeit da war, wo heute, wie die Alten sagen, das Göglistor ist und im vergangenen Jahr Grundsteine gefunden wurden, als die Brustwehr vor dem Gögglinger Tor erbaut wurde). Durch dasselbe Tor war auch der Ausgang zu der Pfarrkirche aller Heiligen und zu den Gräbern. Denn in der Stadt war keine Pfarrkirche, damit nicht durch das (Glocken-)Schlagen, Singen, Zusammenlaufen und die Begräbnisse die Stadt beunruhigt würde, wie es noch heute in sehr vielen Städten Griechenlands, Italiens und Dalmatiens der Fall ist. Überdies war durch dasselbe Tor über dem Spital draußen am Ufer der Donau ein Weg zur Donaubrücke hinab, die wenig unterhalb vom Spital war und über die man von der Stadt in das Dorf Schweickhofen ging, in dem sozusagen jeder Lärm der bürgerlichen Unruhe war; dort wurden die Tiere der Bürger gehalten, und wohnten die Bauern, die das Land im Umkreis der Stadt Ulm bearbeiteten, auch war dort der Wochenmarkt und der Fleischmarkt und dort wurden Wirtshäuser, Garküchen und Krambuden gehalten. Es vergrößerte sich aber dieses Dorf von Tag zu Tag, und viele Bauern verließen ihre Wohnsitze und verlegten ihre Wohnungen aus den Dörfern dain; denn anfangs war es nur der Ort für die Ställe, Tiere und Scheuern gewesen, die den Ulmer Bürgern gehörten, endlich aber war ein großes Dorf daraus geworden.

Vor dem Löwentor aber war auch eine große und lärmende Vorstadt für Wirtshäuser und Kaufläden und man verkaufte da Brot und feierte lärmende Hochzeiten, Tänze und Gastmäler. Die Alten sorgten nämlich dafür, daß lärmende Geschäfte lucht in den Städten seien, und deshalb waren die Schmiede und alle mit Hämmern und lärmenden Werkzeugen Han-^[folgende Seite]

1) Bess. am Rand: "Königshof", jetzt Neuerbau.

2) Veesenm.: wahrscheinlich die spätere Hafengasse.