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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

Schlagworte auf dieser Seite: Wie Ulm dem Kloster Reichenau gegeben worden ist

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tierende in den Vorstädten, damit die Stadt in Ruhe sei. Und eine solche ruhige Stadt war Ulm, immer voll von Edlen; außen ringsum mit lärmenden Vorstädten versehen, (pag. 22) und an sich zwar klein, aber groß durch seine Vorstädte. Auch waren zur Zeit dieses Zustandes der Stadt weder in der Stadt noch in den Vorstädten weder Prediger noch Minoriten noch Deutschherrn noch regulierte Canoniker, die alle erst nach der Erweiterung der Stadt kamen, wie sich zeigen wird.

Es war jedoch, wie gesagt, eine sehr kostbare und sehr alte Pfarrkirche zu Allerheiligen im Jahr 600 der Menschwerdung des Herrn erbaut worden, zu den Zeiten des hl. Gregorius, 1) des großen Papstes und des Kaisers Phokas 2) vor Heraklius 3) und vor dem verfluchten Machomet. Auch hierin zeigt sich das Alter der Stadt Ulm, daß sie nicht nur durch ihre Gründung alt war, sondern auch durch die Aufnahme des katholischen Glaubens. Die gewöhnliche Geschichte von Ulm sagt, daß diese Pfarrkirche aus behauenen Quadersteinen so kostbar war, daß alle, die sie sahen, staunten und die Leute von weit her kamen, um diesen herrlichen Bau zu sehen, weil nach dieser Kirche keine zweite in ganz Schwaben gefunden wurde; denn zu jenen Zeiten waren selbst in Rom nur niedrige Kirchlein. Es waren nämlich die Ulmer Bürger reich und prachtliebend und hielten sich sehr gut gegenüber dem Göttlichen.

Kap. 2.

Wie Ulm dem Kloster Reichenau gegeben worden ist.

Unter der Regierung Karls des Großen im Jahr des Herrn 805, als er schon mehrere Klöster des Ordens des hl. Benedikt errichtet und Kollegiatkirchen gegründet und mit zeitlichen Gütern begabt hatte, wollte er, daß einige Äbte zur Zierde des Römischen Reiches geistliche Fürsten des Reiches seien und überließ ihnen zu dem Zweck die Berechtigung zu zeitlichen Gütern. Denn der prachtliebende und fromme Fürst hielt es für unpassend, daß das Reich Fürsten habe, die nur von Gold glänzen und nicht mehr mit dem Äußeren der heiligen Religion geschmückt seien. In früheren Jahren nun, nämlich im Jahr des Herrn 717 war der hl. Perminius in die Nähe von (Reichen-)Au gekommen und, da er es voll Schlangen und giftigen Tieren fand, so reinigte er es auf wunderbare Weife und gründete ein Kloster, aus dem er jedoch (pag. 23) später vertrieben wurde. Da aber Karl der Große sah, daß der Abt von Reichenau. arm sei und den Stand eines Fürsten nicht führen könne, so gab er ihm durch Schenkung seine Königstadt Ulm, indem er einen förmlichen Schenkungsbrief ausstellte, in welchem viele Fürsten des Reichs sich unterschrieben, und dieser Brief ist noch heute vorhanden. Mit dieser Tat aber wollte er einerseits das Kloster erhöhen, andererseits den Ulmer Bürgern zu Gefallen sein. Es waren aber zu damaliger Zeit in Au und in den übrigen Klöstern heilige Väter, sehr fromme Männer, denen die Adeligen, die Bürger und sonstige Weltliche

1) Geb. 540, +604.

2) Phokas, 602-610 byzantinischer Kaiser.

3) Heraklius 610-641.