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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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nomen indeclinabile ist im singulari und im plurali, und oft gefunden war in der Schrift, und bedeutet den oder die, welche die Gesetze schrieben und die Gerichte der Könige hielten. Dieser minister also war in Ulm gleichsam der magister civium ex parte imperatoris, der vom Kaiser gesetzte Burgermeister. Neben diesem minister hatte der Abt von Reichenau seinen Vorstand oder Schirmvogt (praefectus vel advocatus), der aber nach der Verordnung Karls die Stadt nicht belasten durfte durch mehr als dreißig Berittene; was mehr waren, die mußte der Abt bezahlen. Dagegen war der Abt gehalten, den Ulmern dreihundert Speerreiter zu senden, so oft er darum belanget wurde. Und es war durch den vorgedachten Kaiser Karl zwischen den Mönchen der An und der Burgerschaft von Ulm ein hart und fest Band gemacht, also daß der Kaiser der höhere Herr war über die Stadt, aber der Abt der unmittelbarem und nähere; was maßen diesen die Rechtsprechung angieng in geistlichen und zeitlichen Sachen und ihm zukamen alle kirchlichen und weltlichen Erträgnisse, und von ihm die Bestellungen zu beinahe allen Ämtern abhiengen, von dem Stab des Schirmvogtes und Richters an bis zum Stecken des Viehhirten, und vom Torwächter bis zum Schatzhüter. Dieser Stand des Gemeinwesens war nun seiner Zeit ein ruhiger und hat viel Jahre lang gedauert, nämlich von des ersten Kaisers Karl Herrschaft bis zu Karl IV.; zwischen diesen beiden sind mehr als 600 Jahre dahingegangen. Dieweil nun aber auch das ulmische Gemeinwesen erweitert war worden, und täglich zunahm, und die Burger mehr und mehr hochangesehen und mächtig wurden, so suchten sie Gelegenheit, um nicht mehr den Gesetzen der Mönche, sondern dem Kaiser untertan zu sein. Und inzwischen, wie oben schon des weiteren gesagt ist, war der Zustand und Verhältnis der Mönche in Ulm von Tag zu Tag schlechter, und die Macht des Abts nahm ab sort und fort ohne Aufhören, und von Schulden über die Maßen belastet, verkaufte und verpfändete er die Besitztümer, die Höfe, die Steuern, die Zehnten, die Zinsen, die Zölle und dergleichen Einkommen, was alles die Ulmer kauften, und arbeiteten zusammen mit allem Fleiße darauf, daß der Abt mit seinen Mönchen gar große Ausgaben in Ulm haben mußte, die sie selber für ihn bezahlten zu seinem großen Schaden. Und gar oft beriefen sie und verlangten, daß ihnen vom Abt die vorhin genannte Zahl von Speerreitern mußte geschickt werden, die in Ulm verblieben, so lang es den Ulmern gefiel, mit gar schweren Kosten des Abts. Und so wuchsen die Ausgaben ins ungeheuerliche bis zu den Zeiten Ludwigs des Bayern, des vorgeblichen Kaisers, der zum Schaden des Abts auf Ansuchen der Burger alle die von den Äbten innegehabten Schirmvogteirechte umgeändert hat, indem er ihnen die Befugnis gab, ihren Burgermeister zu wählen und den Rat einzusetzen und ihre Burgerschaft in Zünfte einzuteilen. Und so stand im Jahr des Herrn 1346 Ulm in seiner Stadtordnung nach den vom Kaiser gegebenen Satzungen, doch war die Stadt noch nicht frei von der Gerichtsbarkeit der Mönche. Aber nach Ludwig hat Karl IV. den Ulmern alles bestätiget, was jener Ludwig in diesem Punkt hatte ausgerichtet, und noch weitere Privilegien hinzugetan, und die Mönche wurden nicht gehört, welche um das Gegenteil reklamierten. Jedoch hat der Kaiser Karl IV. die Verknüpfungen zwischen dem Abt der Au und der Burgerschaft Ulms nicht ganz gelöst, aber lockerer hat er sie gemacht, und das ehemals so feste Band gar matt geworden hinterlassen. So ist es blieben bis zum Concilium von Basel. Dazumal hat nämlich der römische König Friedrich, der jetzo Kaiser ist, dieses Namens der dritte, alle Bande aufgelöst und die Ulmer von den Mönchen losgesprochen, und die Stadt zu einer freien