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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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kaiserlichen Reichsstadt gemacht, nachdem dem Abt für seine Rechte eine gar große Summe Geldes bezahlt worden.

Der dritte status gehet also von der Zeit der Befreiung von den Reichenauer Mönchen bis zu unseren Zeiten; in welchem Bestand die Stadt von den besten Gesetzen regiert wird, gleichsam in der Art der göttlichen und himmlischen Regierung der Welt, die der eine Herr und dreieinige allmächtige Gott führet: so ist auch in dem ulmischen Stadtregiment Einer der in der Tat regierende Burgermeister, und dreifaltig ist er, weil stets drei von den Geschlechtern einander im Burgermeisteramt folgen, denn zu Seiten des regierenden stehen die zwei Altburgermeister. Und gleichwie der Herr Christus 12 Apostel und 72 Jünger gehabt hat, so hat auch der Burgermeister von Ulm 12 Schöffen (Scabinen, Richter) und 72 Beisitzer und Ratmanen (consules). Es ist also das ulmische Stadtregiment gleichförmig den drei besten Regimentsarten, von denen Aristoteles handelt 3 polit. Denn soweit Ein Burgermeister der ganzen Gemein und Burgerschaft vorsteht, kann es ein königlich oder monarchisch Regiment heißen; in so weit aber einige vornehme aus den Geschlechtern als Richter und Beisitzer mit ihm regieren, kann es ein aristokratisch oder Optimatenregiment genannt werden; insoweit aber aus dem gemeinen Volk und allen Zünften Leut im Rat sitzen in Vertretung der ganzen Gemein, und zusammen mit dem Burgermeister und den Geschlechterherren das Gemeinwesen verwalten, hat das Volk auch einen Teil am Regiment und ist dieses damit zugleich eine Volksherrschaft. Daß aber ein Regiment aus diesen dreien zusammen das beste sei, das beweiset der besagte Weltweise eben daraus, weil ern jeglicher, der in der Gemeinschaft steht, auch am Regiment seinen Teil hat, und darum sein Gemeinwesen noch eifriger lieb hat und die Satzungen desselben fleißiger hält und wahret und sein Eigentum zum gemeinen Nutzen nur noch freudiger hergibt. Denn sintemal die Gemein in den Zünften die Ratmanen und Richter und Meister der Zünfte aus sich selber wählet und diese Auserwählten sonach dann zu seiner Zeit den Burgermeister wählen, und der alle regiert, so erwächst daraus eine gar liebliche Einmütigkeit in der ulmischen Gemein. Es hat also die Ulmer Herrschaft einen von den Ältesten erwählten Burgermeister, an dem alle hinaufsehen, der aber durch feste Satzungen so eng gebunden ist, daß der dem Gemeinwesen Vorgesetzte gleichsam nichts vermag, als was der will, der ihn vorsetzt. Und dauert sein Regiment nur eines Jahres Länge, wenn aber das Jahr um ist, so kann er erst nach zweien Jahren wieder zu dem Meisteramt genommen werden, im dritten Jahre aber, wenn es der Gemein gefällt, wird er wieder gewählt, wie es auch mehrenteils geschieht. Daher sind es gemeiniglich drei, die auf einander folgen, immer einer auf den andern, und auf diesen dreien ruhet das ganze Geschäft. So aber einer von den Dreien fehlet oder abgehet, wenn die Zeit gekommen ist, da er wieder in den Magistrat genommen werden sollte, da wird an seiner Statt mit den Stimmen aller ein anderer gewählt. Jedoch wird, wie oben gesagt worden, der Burgermeister nur aus den Geschlechtern gewählt, einer, der keiner Zunft einverleibt oder eingeschworen ist: warum, das stehet gleicherweis oben zu lesen. Und wie der Magistrat der Burger unabänderlich besteht auf dem Stand der Geschlechter, so auch der Magistrat der Zünfte auf den Ordnungen der Zünftigen, weil eine jede Zunft ihren eigenen Zunftmeister hat. Der Stand der Geschlechter aber hat nur den Burgermeister als einen der ihrigen allein; alle anderen Ehrenwürden und einträglichen und Mühwaltung schaffenden Ämter teilen sie, so daß solche von den Geschlechtern