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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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dieses Kloster genannt: Considera! (Gieb Acht!) in der Volkssprache Hebacht! ein Name, der ihm vielleicht von dem Buch der Betrachtungen (considerationes) des hl. Bernhard beigelegt worden ist. Auch wird es genannt als Kloster der hl. Jungfrau Maria, weil es ihr zu Ehren an einer bergigen, waldigen und einsamen Stelle gegründet worden ist nach Art der ersten Klöster jenes Ordens, der im Jahr des Herrn 1098 begann, lange vor dem hl. Bernhard. Wer aber dieses Kloster gegründet hat, wollen wir jetzt sehen. Als das bedeutende Kloster Salem 1) gegründet worden war und in diesem ganzen Orden rühmlich genannt wurde und die Klöster schott sehr reich wurden und allzu prächtig waren, verurteilte der ehrwürdige Mann, der Cisterzienser-Abt Stephan das Übermaß der zeitlichen Güter: er rief viele Äbte zusammen, setzte ihnen die Gefahren bei solchem Reichtum auseinander und verfaßte, mit ihnen zusammensitzend und beratend, im Jahr des Herrn 1107 die "Charte der Liebe" 2) die er mit dem Gewicht des apostolischen Siegels versah. In dieser Charte war ein Lobgesang vorne angeheftet. Von dieser Zeit an nun verwarfen sie im Orden Wildschuren und Pelzwerk, wollene Röcke und Kapuzen, Hosen und Brustlatze, Decken und Matratzen in den Betten, verschiedene Gänge der Speisen im Refektorium, Fett und alles, was der Reinheit der Regel widersprach. Sie verwarfen auch Kirchen, Altäre, Opfer, Zehnten und Begräbnisse von andern Leuten, auch Backöfen, Mühlen, Dörfer und Bauern, weil sie weder im Leben (pag. 180) noch in der Regel des hl. Benedikt lasen, daß dieser Heilige dergleichen besessen habe, noch auch daß Frauen seine Klöster betreten haben, oder verstorbene Frauen in seinem Kloster begraben worden seien mit Ausnahme seiner Schwester, der hl. Scholastika. Dies sagt Sigibot, 3) und es findet sich in spec. hist. parte 2. lib. 27. cap. 1. Solange nun die Cisterzienser unter der eben gegebenen Form lebten, strömte eine solche Menge junger Männer in dem Orden zusammen, daß die Klöster sie nicht fassen konnten. Aber auch Jungfrauen entsagten, durch diese Beispiele getrieben, dem Weltleben und strömten scharenweise bei den Klöstern der Cisterzienser zusammen und baten, daselbst vor den Toren sich niederwerfend, daß sie unter dem Orden stehen dürfen. Daher wiesen die Äbte, durch die dringenden Bitten der Klopfenden besiegt, ihnen Plätze auf ihren Feldern, Wäldern, Bergen und Tälern an. Zu dieser Zeit wies der Abt von Salem den Jungfrauen mehrere Orte an, in welchen heute hervorragende Klöster sind, für die er zu sorgen hat, darunter das Kloster Hegbach, das in jener Zeit des Eifers seinen Anfang nahm und auf Kosten der Jungfrauen unter Beihilfe des Abts von Salem erbaut wurde. Und es hatte keine anderen Gründer, obgleich die Edlen von Friberg sich den Titel der Gründer darum anmaßen, weil sie daselbst ihre Begräbnisstätten und bestimmte Jahrtage haben. Endlich aber als der Eifer der Liebe erkaltete, ging auch die Charte der Liebe zu Grund und wurde verworfen und der Orden der Cisterzienser ließ nach und nahm ab, wie auch die übrigen Orden, und viele Jahre blieb der heilige Orden in Auflösung bis auf die Zeiten, da der Orden des hl. Benedikt wieder aufzuleben anfing, damals sind auch die Cisterzienser wieder aufgerichtet worden. In unserer Zeit nun war in Heggbach eine Äbtissin, eine Frau, die jedenfalls des Andenkens der guten Frauen würdig und ohne Zweifel heilig war, Frau Elisabet Krelin, die betrübt über den Zerfall ihres Klosters bei

1) Veesenm.: Im badischen Seekreis nördlich von Meersburg, östlich von Überlingen.

2) Charta caritatis, die erste Festsetzung genauer Vorschriften über die Lebenshaltung der Cysterzienser Mönche.

2) Veesenm.: Er war einer der 3 Brüder von Rugg oder Ruck, die das Kloster Blaubeuren stifteten.