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Biblische Real- und Verbal-Handkonkordanz

M. Gottfried Büchner, E. Ch. Lutz, H. Riehm, Verlag von Ferd. Riehm, Basel, 1890

Exegetisch-homiletisches Lexikon über alle Sprüche der ganzen heiligen Schrift für Geistliche, Lehrer, Sonntagsschullehrer und die Familie.

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Heuchelei.
«Ziehe zu, daß deine Gottesfurcht nicht Heuchelei sei, und diene GOtt nicht mit falschem Herzen, Sir. i, 32.
Suche nicht Ruhm bei den Leuten durch Heuchelei, ib. v. 33.
Und er weiß wohl, was recht gethan oder Heuchelei ist, Sir. 15, 20.
Also auch ihr, von außen scheinet ihr vor den Menfcben fromm, aber inwendig seid ihr voller Heuchelei und Untugend, Matth. 23, 28.
Sr aber merkete ihre Heuchelei, Marc. 12, 15.
Zum Ersten hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, welcher ist die Heuchelei, Luc. 12, 1.
So leget nun ab alle Bosheit, und allen Betrug, und Heuchelei, und Neid, und alles Afterreden, 1 Petr. 2, 1.
Die Weisheit aber von oben her ? ist ohne Heuchelei, Iac. 3, 17.
§. 2. II) Lügenhaftes Wesen.
Es fei aber euer Wort ja, das ja ist, und nein, das nein ist, daß ihr nicht in Heuchelei fallet, Iac. 5, 12. (V. i. durch leichtjumiaes, unbedachtes Schwören unwnhr werdet. Andere aber lesen und übersetzen: unter GOttes Gericht oder Straft kommt.)
§. 3. Die Henchelei (§. 1. b) ist verschiedener Art; denn z. B. 1) ist die eine mit gottloser Dnmmheit verknüpft, wenn Jemand will für fromm angesehen sein, ob er gleich erkennen mnß, daß ers nicht sei, Andere ihn auch wegen seines wüsten Lebens nicht tafnr halten; oder wenn er schon sich im Sündcnkoth hernm wälzt, doch Andern weiß machen will, die Religion und deren Wahrheit lieqe ihm anf dem Herzen, Sprw. 7,14. Matth. 23, 24. 25. 2) mit heimlicher Bosheit. Diese wollen und werden anch für fromm angesehen, und sind doch im Herzen überzengt, daß sie es nicht sind. Das sind heimliche Schleicher, welche das gewissen beflecken, Matth. 6, 3. c. 23, 5. 3) mit gefährlicher Sicher-heit, wenn man sich die süße Einbildung macht, man sei fromm, und wird anch dafür gehalten, man befleckt sich aber mit Sünden, welche man für keine hält, oder nnter die Schwachheiten zählt, da doch das Christenthum damit nicht bestehen kann; wenn man meint, es sei genng, wenn man GOtt nnr äußerlich diene, Luc. 13/26. Marc. 7, 2. 5. Iac. 1, 22. 4) mit einer subtilen ScheinheUigkcit, wenn man sich für fromm hält, anch von Andern leicht dafür angesehen wird, indem man sich äußerlich vor Sünden fleißig hütet; allem da cs nur ans einem knechtischen Geist geschieht, man dabei die Schooßsünden nicht ablegt, Audere neben sich verachtet, so ist das eine verdammte Schminke, Luc. 18,11.12. 5) mit der allcrsubtilesten Scheinheilig-keit, wenn man sich für unsträflich hält, äußerliche, anch wohl innerliche Sünde meidet, wider böse Lust kämpft, aber doch ihr nachhängt unter dem Schein der Heiligkeit. Z. B. wenn Jemand denkt, er thue etwas aus göttlichem Eifer, da ihn doch nnr ein natürlicher und verborgener Affect dazu treibt, Joh. 18. 28. 31. Hieher gehören die Verfolger JEsu und seiner rechtschaffenen Glieder, welche denken, es geschehe GOtt ein Dienst, wenn sie diese schimpfen, schänden, schmähen, verfolgen und todten, Joh. 16, 2. (Nach F^eus ?!i6o1. NoM. c. 1. §. 30?34. p. 47. 5.)
Z. 4. Die Kennzeichen der groben Heuchelei sind also folgende: 1) Gin grober Heuchler enthält sich des Bösen nur in Anderer Gegenwart; 2) richtet sich in Anstellung seiner Sachen bloß nach Anderer Urtheil; 3) er fängt Allcs darauf an, daß er gc-sehen, und fromm gehalten werde; 4) läßt falsche und unlautere Absichten anf eigene Ehre und Nutzen in allen Handlnngen herrschen; 5) sucht mehr den äußerlichen als innerlichen Handlungen gottseliger Personen nachzuahmeu; 6) ist oft in Kleinigkeiten qenau, da er hingegen viele große Sünden heimlich
begeht; 7) er sucht mehr seinen Verstand als Will. n zn bessern, und einen Schatz göttlicher Wahrheiten und der Erkenntniß durch Lesung guter Bücher zu erlangen; 8) sncht seine Schwachheiten und Süu-deu sorgfaltig zu verbergen; 9) ist ein strenger Richter fremder Laster, damit mau bei ihm eine Liebe zur Tugend vermuthen soll; 19) er läßt sich gern loben, aber ungern bestrafen. Die Kennzeichen der subtilen Heuchelei siud:
1) Ein Solcher weiß mehr von den Wohlthaten des ersteu und anderu als dritten Artikels zu erzählen;
2) er spiegelt sich an seinen theils natürlichen, theils geistlichen Gaben, und macht daraus den Schluß, daß er im Stande der Gnade stehe; 3) bezeigt zuweilen einen großen Eifer für GOttes Ehre und Lehre; 4) trägt zuweilen kein Bedenke», seine Sünden gegen Menschen zu bekennen; 5) legt auch wohl mauche Sünden ab, daß wirklich eine Veränderung vorgeht; 6) hat auch wohl einigen Haß gegen die Sünde; 7) trägt sich mit einem gnten Vorsatz, aber er kommt niemals zur Kraft; 8) hängt bei allem äußerlichen Schein an einigen Schooßsünden; 9) beruht in sciuen eigeueu Werkeu; 10) zieht sich eut-weder selbst allerlei Leiden zu, und sieht sie hernach als das Kreuz Christi und ein Siegel seiner Kindschaft an, oder er hasset das Kreuz.
H. 5. 1) Obgleich dieses unbesonnene (denn GOtt prüft Herzen und Nieren, Pf. 7, 10.), 2) schändliche und schädliche,* ja 3) teuflische Laster (der Tenfcl verstellt sich auch in einen Engel des Lichts, 2 Cor. 11,14.), welches die zwei Säulen im Christenthum, Glaube und Liebe nmstöftt, von dem reinsten Wescn verboten, 1 Petr. 2, 1. Sir. 1, 34. 35. und das Weh, M.MH. 23, 14. darauf folgt, so ist's doch allgemein, Gsa. 9,17. und es giebt noch Pharisäer genng, welche mit versührerifthen Lehren, Schriftverkehren das Himmelreich zuschließen, und mit cincm weißen Kalk ihre Leiber, als Gräber voller Gestank und Todtenknochen, übertünchen.
§. 6. Die Nrsachen und Quelleu der Heuchelei siud zu sucheu theils in der Unwissenheit des Verstandes, theils in der Verdorbenheit des Willens, und dessen sündlichen Neigungen: Geiz, Hochmuth und Wollust. Heuchelei ist eine nothwendige Folge des Sündcuvcrderbeus; denn der Sünder, der Nn-bekehrte kaun sich nie geben, wie er ist; er wird sich anders stellen, seineu wahreu tiefeu Herzenssinn verbergen. Daher der Haug, besser zu scheiucu als man ist, in Jedem von Namr sich findet; und die einzige Grnndheilung dieses Nebels und der Heuchelei liegt uur in der ernstlichen Bekehrung, wodurch mau em neues, reines Herz bekommt; und dieses allem kann wahrhaftig sein. Die Mittel wider die Heuchelei sind: a) andächtiges G.bet um Erleuchtung und Aufrichtigkeit, Ps. 139, 23. b) lebendige Vorstellung der göttlichen Allwissenheit und Gerechtigkeit, Ps. 139, 1. 2. fowie des künftigen Gerichts, wo einem Iedeu unfehlbar und unausweichlich eine Offenbarung seines innern Menschen, und die Abziehnng der Maske (wenn das Maskenspiel der Welt zu Ende ist) bevorsteht, und wo nur der furchtlos erscheinen kann, welcher sich immer ohne Maske zeigen darf, Matth. 13, 30. 41. c. 25, 32.33. 1 Cor. 4, 5. c) tägliche Prüfung des Herzeus unter der mitarbeitenden Gnade des heiligen Geistes; d) tägliche Erneuerung des Taufbundes; e) anhaltender Kampf wider die Tiefen des Satans und die inwohnende Sünde; f) üu heiliger Wandel vor GOtt, vergl. Reinhard'» Moral I. S.'800-804.