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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Byzantinische Kunst

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Byzantinische Kunst.

Entwicklung aufweist. Es wurde bereits erwähnt, daß im oströmischen Reiche der Kuppelbau die Basilikaform verdrängte und zur Herrschaft gelangte. Die künstlerische und schöpferische Ausbildung dieser Bauform vollzog sich im 5. und 6. Jahrhundert, dann stand der Stil im Allgemeinen fest und erfuhr nur in Einzelheiten einige Umgestaltungen.

Kuppelbauten. Für den Grundplan wurde zuerst das Achteck verwendet, bald aber griff man auf das Quadrat zurück, welches der Länge und Breite nach durch erhöhte Mittelschiffe geteilt wurde. Diese Schiffe bildeten ein Kreuz von vier gleich langen Armen - das "griechische" Kreuz, das "lateinische" hat einen längeren Hauptstamm - und in der Mitte, über der Kreuzung, erhob sich die Hauptkuppel. Sie ruhte auf den vier mächtigen Pfeilern, welche durch hohe Gurtbögen mit einander verbunden waren, die einen Gesimskranz trugen, auf den die Kuppel aufgesetzt wurde; die Verbindung zwischen den Pfeilern und dem Gesimskranze stellten Gewölbezwickel her. Die Räume in den vier Ecken waren niedriger als die Kreuzschiffe und wurden durch kleinere Kuppeln (oder Halbkuppeln) überdeckt. An dem (gewöhnlich östlichen) Ende des einen Kreuzschiffes wurde die halbrunde Altarnische angebracht, auf der ihr gegenüber liegenden (westlichen) Seite eine Vorhalle. Die Seitenräume erhielten in der Regel Obergeschosse (Emporen), da im Morgenlande die Geschlechter strenge von einander geschieden und die Frauen daher auf diese Galerien verwiesen wurden. Das Licht fiel durch die im Gesimskranz angebrachten Fenster in den Mittelraum.

Abarten. Dieser Grundplan wurde im wesentlichen festgehalten, erfuhr aber mannigfache Abänderungen im einzelnen. Statt der vier Mittelpfeiler erscheinen bisweilen acht, die vier kleineren Nebenkuppeln werden nicht über den Ecken, sondern über den Enden der Kreuzschiffe angeordnet, in die Kuppeln selbst die Fenster eingeschnitten, und ähnlicher Abweichungen sind mehr zu finden.

Am meisten bemühte man sich, den Hauptvorzug der Basilikaform, der in der Längenentwicklung des Mittelschiffes liegt, mit der Kreuzanlage zu verbinden. Bei dieser erschien der - auch durch verstärktes Licht erhellte - Raum unter der Kuppel als Mittelpunkt und Hauptsache des Ganzen, während die Anlage der Basilika die Altarnische als solche hervortreten ließ, was der Natur des Gotteshauses besser entsprach.

^[Abb.: Fig. 222. Christus als Hirte.

Mosaik in S. S. Nazaro e Celso in Ravenna.]