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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Malerei im 14. und 15. Jahrhundert

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Die Malerei im 14. und 15. Jahrhundert.

umfassend; die Nachricht, daß er auch als Bildhauer sich versucht habe, dürfte wohl dahin zu verstehen sein, daß er zeitweise Entwürfe für Flachbildwerke lieferte.

Giottos Nachfolger. Zu dem unmittelbaren Einfluß, welchen dieser Künstlergeist durch seine im ganzen Lande verstreuten Arbeiten ausübte, trat nun auch der mittelbare durch seine Schüler, und bald war Giottos Kunstweise allenthalben verbreitet. Zur ausschließlichen Herrschaft gelangte sie jedoch nicht, trotz der Begeisterung, welche Giottos Werke erregten. Ja anfänglich stand ihr Einfluß sogar hinter jenem der Sieneser Schule des Duccio zurück. Der Grund hierfür ist darin zu suchen, daß der letztere die bisherige überlieferte Malweise im Wesentlichen beibehielt und sie nur zeitgemäß verbessert hatte; es war daher nicht nur den zünftigen Malern leichter, dem Duccio zu folgen, als sich in die ganz neue Richtung Giottos hineinzufinden, sondern es dürfte wahrscheinlich auch dem Geschmack der großen Durchschnittsmenge, - außerhalb Florenz, hier fiel der "Lokalpatriotismus" schwer ins Gewicht - die an das Gewohnte anknüpfende Sieneser Richtung besser entsprochen haben. Späterhin kam freilich die Florentinische immer mehr zum Durchbruch, da die von Giotto geschaffenen Gestalten handsame Vor- und Urbilder für Nachahmer waren; im ganzen aber vermischten sich in dem handwerksmäßigen Betrieb der verschiedenen Nebenorte allmählich beide Richtungen. Das feierlich Erhabene und Großartige, das in Giottos Werken sich findet, und die sinnliche Anmut, welche jene Duccios aufweisen, suchte man mit mehr oder weniger Geschick zu vereinen.

Die unmittelbaren Schüler Giottos waren auffälligerweise ziemlich unbedeutend; selbst die besten von ihnen, Bernardo Daddi (um 1328-47 thätig) und Taddeo Gaddi (um 1327-66 thätig), boten nur schwache Leistungen, in welchen mehr die Mängel als die Vorzüge des Meisters hervortreten.

Andrea Orcagna. Selbständigkeit und wesentlichen Fortschritt bekundet dagegen Andrea (di Cione) Orcagna (1308-1368), der ja auch als Bildhauer und Baumeister Hervorragendes schuf. Er bildet seine Gestalten ungemein lebendig, mit großartiger Würde und doch dabei lieblich; in der Behandlung des nackten Körpers und in der Farbengebung ist er Giotto überlegen; seine Eigenschaft als Bildhauer kam ihm auch hinsichtlich der bildnerischen Ausarbeitung des Körperlichen zu statten, wie er auch die Gesetze des Räumlich-Sehens schärfer erfaßt hat. (Fig. 339 u. 340.)

^[Abb.: Fig. 342. Simone Martini. Madonna.

Siena. Rathaus.]

^[Abb.: Fig. 343. Lorenzetti Ambrogio. Der Friede.

Siena. Rathaus.]