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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Zeit der "Renaissance"

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Die Zeit der "Renaissance".

Sinne des ursprünglichen Entwurfes beendet werden konnten. Oft wurde auch durch spätere Um- und Anbauten der ursprüngliche Plan erheblich verändert.

Brunellescos Hauptwerk im Palastbau ist der Palazzo Pitti. (Fig. 402.) Auch dieser entspricht in seiner jetzigen Gestalt nicht mehr dem Entwurf. Der ursprüngliche Bau bestand jedenfalls nur aus dem dreizehnfenstrigen Mittelbau; ein alter Holzschnitt zeigt sogar nur sieben Fenster. Die Verlängerung um fünf Fenster an jeder Seite wurde im 17. Jahrhundert vorgenommen und im 18. die kleinen Säulenhallen hinzugefügt. Hierbei ging aber die Schönheit des Baues nicht verloren, und es ist fraglich, ob der Palast in seiner ursprünglichen Gestalt denselben gewaltigen Eindruck machte, wie jetzt. Die schöne Wirkung durch edle Verhältnisse wird durch die kräftige Rustika und sonst völlige Einfachheit unterstützt. Auf Schmuck ist so gut wie ganz verzichtet. Der Palazzo Pitti ist deshalb das beste Beispiel für das Wirken durch bloße schöne Verhältnisse. Das Bossenwerk ist am Unterstock gröber, als an den oberen, zeigt aber sonst keine merkliche Abstufung.

Ziervoller gestaltete Brunellesco den Palazzo Pazzi, jetzt Quaratesi (von Giul. da Majano vollendet), welcher den Ausdruck des Strengen und Wehrhaften nur noch am Unterstock durch kräftige Rustika und wenige viereckige Fenster erhielt. Die beiden oberen Stockwerke sind freundlicher durch die glatten Mauerflächen und die ziervollere Ausgestaltung der Fenster. Letztere sind durch Mittelsäulen geteilt und von leicht verzierten, oben rundbogigen Umrahmungen umschlossen. (Fig. 401.)

Michelozzo. Der Einfluß Brunellescos auf seine Zeitgenossen ist besonders bei Michelozzo di Bartolomeo recht merklich. Der von ihm erbaute Pal. Ricardi ist ein Mittelding zwischen den Palazzi Pitti und Pazzi. Das Bossenwerk stuft sich stärker ab wie beim ersteren, verschwindet jedoch nicht ganz, wie beim Pal. Pazzi. Die Durchbildung der geteilten Fenster der oberen Stockwerke ist von edler Einfachheit; die Gesimse, und besonders die Kranzgesimse sind von hervorragender Schönheit. Die Anordnung des Hofes (Fig. 403) wurde für viele Palastbauten vorbildlich, so ist z. B. der Hof des Pal. Strozzi nur eine feinere Nachahmung des ersteren.

Giuliano da Majano. Neben Michelozzo baute Giuliano da Majano, welcher wahrscheinlich den Pal. Pazzi vollendet hat, im Geiste Brunellescos. Er war auch als Baumeister an den Domen zu Loreto und S. Gimignano thätig.

Die weiteren weltlichen und kirchlichen Bauten dieser Zeit und Richtung sind, obwohl von ähnlicher Schönheit, doch für eine allgemeine Uebersicht der Entwicklung der Baukunst weniger von Belang.

Alberti. Was Brunellesco als "Praktiker", also als Thatmensch, für die Renaissance bedeutete, war Leo Battista Alberti (1404-1472) als lehrhafter "Theoretiker", ein Mann von umfassendem Wissen und Können, als Baumeister, Bildhauer, Maler, Dichter, Musiker und Schriftsteller gerühmt und in dieser Vielseitigkeit ein Vorläufer Lionardos.

^[Abb.: Fig. 423. Giulio Romano: Palazzo del Te.

Mantua.]