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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts

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Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts.

verschaffen und auch die Einheimischen auf deren Wege weisen, anstatt sie zu veranlassen, eigene zu suchen. Nachdem es Franz I. nicht gelungen war, "erste" Meister zu gewinnen, begnügte er sich mit solchen minderen Ranges, unter welchen Francesco Primaticcio (1504 bis 71) das größte Ansehen und den meisten Einfluß gewann. Er war aus Bologna und hatte unter Giulio Romano sich die Art Raphaels angeeignet; in seinen ziemlich umfänglichen Gemälden zeigt er zwar eine geschickte Handfertigkeit, aber kaum viel eigenen Geist. Daheim hätte er, wie seine Genossen Giambatista di Jacopo und Niccolo del Abbate, es kaum zu einer Bedeutung gebracht, in Frankreich wurden sie bewundert und ihre Werke vorbildlich. Anderwärts hatte zwar auch die "römische Manier" sich Geltung verschafft, aber man hatte diese wenigstens selbst unmittelbar nach den Hauptmeistern ausgebildet, in Frankreich wurde sie aus zweiter Hand übernommen, also bereits "verwässert". Die Unlust der Franzosen, selbst in die Fremde zu gehen, um zu sehen und zu lernen, hat nicht wenig zu dem ganzen eigentümlichen Entwicklungsgang der Kunst beigetragen; man lernte nur das kennen, was ins Land gebracht wurde, und dies genügte nicht, um eine zutreffende Kritik an den eigenen und fremden Leistungen zu üben. Man kam daher zu Ueberschätzung oder Unterschätzung, je nach den oft rein zufälligen Umständen, weil der richtige Maßstab durch Vergleichen nicht gewonnen wurde.

So mußte auch hinter einem Primaticcio der Einheimische Jean Cousin (1501 bis 1589) zurückstehen, der sowohl in Bildnissen wie in Altarwerken eine bemerkenswerte kräftige Eigenart bekundet. Die zierliche Geschmeidigkeit in der Formgebung und eine ungemeine Lebhaftigkeit in der Bewegung sowie in der Anordnung sind besondere französische Eigenheiten. Cousin, der auch Bildhauer, Glasmaler und Kupferstecher war, wurde als Maler vom Hofe nicht verwendet, er mußte sich mit den Erfolgen begnügen, die seine bildnerischen Werke fanden.

Vouet. Poussin. Erst im 17. Jahrhundert tritt ein Wandel ein und beginnt die Malerei in allen Fächern neue, eigene Bahnen einzuschlagen. Es bleibt aber bezeichnend für die französische Art, daß man nicht in einer entschlossenen Rückkehr zur Natur, sondern in

^[Abb.: Fig. 697. Claude Lorrain: Morgen-Landschaft.

München. Pinakothek.]