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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Schlagworte auf dieser Seite: Rheumatismus; Wie und was der Chinese ißt

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Rheumatismus. Eine heilkräftige Wirkung besitzt diese Pflanze, welche in Gebirgsgegenden wächst, hauptsächlich gegen Rheumatismus, das vielverbreitete Leiden unserer Zeit. Nicht nur die zu wohlschmeckendem Kompot eingemachten Beeren besitzen die heilsame Kraft, nach längerem regelmäßigen Genuß, dieses Leiden zu mindern und zu vertreiben, sondern fast noch mehr als es die Pflanze selbst, deren Blätter, Stengel und Wurzel, welche mit Wasser überbrüht, einen heilsam wirkenden Trank ergeben. Von diesem Tee trinkt man alle 2-3 Stunden eine halbe Tasse voll und setzt die Trinkkur eine Zeitlang fort, selbst wenn indessen die Schmerzen samt dem Leiden verschwunden sind. Die fortgesetzte Kur sichert dann vor Rückfällen, welche bei diesem Uebel ja so leicht, oft bei der geringsten Erkältung, eintreten. Noch sei bemerkt, daß die zu Kompot eingemachten, reichlich Zitronensäure enthaltenden Preißelbeeren den Appetit anregen und darum zum Genuß für Rekonvaleszenten und Leidende überhaupt bestens zu empfehlen sind. Auch bereitet man in manchen Gegenden aus Preißelbeeren einen wohlschmeckenden, gesunden Branntwein, das sog. Preißelbeer- oder Steinwasser.

6. Stachelbeeren sind ein gutes Heilmittel gegen Gicht. Kein geringerer als der große Botaniker Linné hat zuerst die Heilkraft der Stachelbeere entdeckt. Er fand viele Nachahmer, die alle dieselbe Heilkraft in der Stachelbeere fanden.

Schließlich sei auch noch der homöopatischen Heilweise rühmend gedacht, welche über einen sehr großen Arzneischatz verfügt. Gerade die feine Potenzierung dieser Methode, wodurch Gifte niemals schädlich werden können, aber immer noch genügende Kraft haben, auf einen ohnehin sehr empfänglichen kranken Organismus einzuwirken, ist es, die ihr viele Anhänger zugezogen hat. Ueberhaupt schon das Aehnlichkeitsgesetz, das der Heilweise zu Grunde liegt, spricht laut und deutlich für die Sache. So sah Schreiber dieses durch den Gebrauch von Caustikum 3. D. einen alten Muskelrheumatismus aus dem Arm für immer verschwinden, während er gegenwärtig mit Colochium und Lithium carb. eine sehr hartnäckige Gicht zu vertreiben sucht.

"Die Ernährung des Menschen."

Wie und was der Chinese ißt.

Man sagt, daß man die Chinesen mit noch größerem Recht, als man sie das "Volk der Spieler" nennt, das "Volk der Köche" nennen könnte. Es gibt nämlich kaum einen Eingeborenen im Reiche der Mitte, der nicht eine mehr oder minder starke Neigung zum Kochen, Backen und Braten besäße. Vom Mandarin ersten Ranges abwärts bis zum Kuli, von der rechtmäßigen Gattin des Großkaufmanns bis zur heimatlosen Bettlerin nimmt alles an der Zubereitung der Speisen das größte Interesse. Die Zahl der regelrechten Speisen ist Legion, aber ihre Zubereitung ist, vom Standpunkt eines europäischen Magens, abscheulich. Dem Fremden, der durch die Straßen einer chinesischen Stadt hinschreitet, fallen zuerst die mehr als zahlreichen Küchen (zugleich Eßhäuser) auf, deren Düfte die Straße oftmals weithin geradezu in einen Nebel einhüllen. Da die Kochherde aller dieser öffentlichen Küchen entweder vor dem Fenster oder direkt vor der Türe aufgestellt sind, so ist es dem Vorübergehenden leicht, einen Blick auf die Speisen und die Art ihrer Zubereitung zu tun. Dem Koch selbst ist es sehr erwünscht, wenn er durch seine Kocherei Neugierige anzulocken vermag, denn die öffentliche Zubereitung ist selbverständlich nichts als ein Reklamemittel. Die Reichhaltigkeit und Seltsamkeit des Speisezettels in einem solchen Restaurant ist wahrhaft achtunggebietend. Gekochter Reis, alle Sorten grüner Gemüse, fettes Schweinefleisch, mageres Ziegenfleisch und Fische sind die Alltagsspeise des "kleinen Mannes", aber daneben finden sich die größten Delikatessen des Wassers, der Erde und der Luft: Schlangen, Käfer, Würmer, Froschschenkel, Schmetterlingspuppen, ein Dutzend verschiedener Vogeleier, Hunde, Katzen, hundert verschiedene Insekten, Fischflossen und überdies tausend von süßen Backwerken. Die Puppen der Seidenraupen werden als eine der größten Delikatessen angesehen; man ißt sie gekocht in einer dünnen Brühe. Unter den Raupen sind es besonders zwei Gattungen, die vor dem Magen der mandeläugigen Feinschmecker Gnade gefunden: die eine wird in Bambus-, die andere im Zuckerrohr gefunden und in allen möglichen Formen gegessen. Viele Gerichte aus dem Reiche der Blumen würden ohne Zweifel auch bei uns Liebhaber finden, im großen ganzen aber ist die chinesische Kocherei nichts weniger als verführerisch. "Man muß," wie einst ein amerikanischer Humorist meinte, "eine gußeiserne Nase besitzen, um sich mit dem, was die Chinesen "queng sui", die Europäer "haut goût" nennen, befreunden zu können. Bei Tische essen die Männer bedeckten Hauptes und bemühen sich, wenn sie wohl erzogen sind, die Arbeit des Kauens, Verschluckens und Verdauens mit größtmöglichem Geräusch auszuführen. Das Schmatzen der Lippen, Zähneknirschen und Zungenschnalzen und lautes gedehntes Aufstoßen beim Essen, das ist die Hochflut der Höflichkeit gegen den Gastgeber, der sich bei besonders lautem Aufstoßen lächelnd und hocherfreut gegen seine Gaste verneigt. Wegen der unvollkommenen Tafelinstrumente in China erscheinen alle Gerichte in bereits zerkleinerter Form auf dem Tische: das Fleisch in Würfeln und ohne Knochen, die Früchte zerschnitten, das Gemüse in kleinen Häufchen. Man speist nicht mit Messer und Gabel, sondern bedient sich, wie bekannt, der Eßstäbchen, mit welchen die Bewohner des Reiches der Mitte