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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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Frau ans Herz wachsen kann, und es gibt Hunderte, welche die Einfachheit und Traulichkeit dieses stillen Reichs nicht für ein sogenanntes "elegantes" Toilettenzimmer eintauschten.

Die Frage der Einrichtung wird auch hier nur von dem individuellen Geschmack gelöst. Seit die neueste Zeit begonnen, dem Stil wiederum eine bedeutende Rolle einzuräumen, und wir in Toilette, Kunst und Kunsthandwerk der Frage begegnen, ob und in welchem Stil dies gehalten sei und in welchem jenes gehalten werden müsse, hat auch das Toilettenzimmer diese Stilmanier an sich erfahren und sich zu den verschiedensten Experimenten hergeben müssen. Gotik und Antike, Renaissance und Zopfstil haben es unternommen, es zu verzieren oder zu verunzieren. In welchem Resultate diese Versuche führten, ist schwer zu bestimmen. Soll die Entscheidung nun aber durchaus getroffen werden, dann kann man wohl keinen für geeigneter und seinem Zwecke entsprechender halten als den Zopfstil.

Spricht doch kein anderer in ähnlicher Weise die tändelnde Grazie, die künstliche Spielerei aus; kein anderer als Rokoko huldigt so zierlich dem Kultus reizender Nichts, wie sie am eleganten Toilettenzimmer raffiniert entzücken.

Muß man doch das Rokoko den eigentlichen Stil des Toilettenzimmers nennen. Dieses Gemach, wo die Dame mit allen ihren Phantasien und Launen, ihrer Unberechenbarkeit und Grazie ihr geheimnisvolles Wesen treibt, vermöchte keine andere Umgebung den Geist dieses Raumes getreuer zu verkörpern. In seiner subjektiven Willkür, seiner Uebertreibung aller Formen, seinem zügellosen, üppigen Sinn, seinen unbegründeten Effekten und ursachslosen Wirkungen, mit einem Wort, in seiner ganzen, willkürlichen, unlogischen Schönheit hat es etwas vom Frauencharakter selbst. In spielender Auflösung aller Gesetze zeigt er sich immer graziös, immer originell und nie ohne eine phantastisch-pikante Laune. Leichtes, vergoldetes geschnitztes Rahmenwerk aus zierlichen Stäben, bizarre Windungen, verschnörkelte Aeste, allerlei Muschelwerk, Blumenranken, Vögel und Amoretten, im bunten Gewirr durcheinander gewürfelt, dazwischen Bänder und Schleifen, Rosetten und Kränze, das alles lacht von der Decke, schlingt sich auf Möbel, fällt von Vorhängen und Portieren, bedeckt Ruhebetten und Kissen - das ist die Wiedergabe eines bizarren, phantastischen Damenköpfchens durch die Kunst, das ist der Stil eines Toilettenzimmers par excellence! Dem heitern Charakter dieser Einrichtung entsprechend muß die Farbe eines solchen Toilettenzimmers immer eine helle sein.

(Schluß folgt.)

Sparsamkeit in der Kleidung.

Bei der Anschaffung von Bekleidungsgegenständen halte jede Frau den Grundsatz fest: Sie zeige bei der Wahl derselben ihre Würde, ihre Anmut, Schönheitssinn und Ordnungsliebe.

Viele Ehemänner glauben recht zu handeln, wenn sie die größeren Bekleidungsstücke für ihre Gattin selbst kaufen, resp. schenken, ohne ihnen den Preis dafür zu sagen. Dies ist durchaus nicht empfehlenswert und oft eine Veranlassung, die Frau zur Verschwendung zu verleiten. Ferner besitzen die Herren selten Warenkenntnis und wenn sie nicht zufällig Fachkundige sind, müssen sie meist die Sachen teurer bezahlen und treffen oftmals nicht einmal den Geschmack und Wunsch der Frau, wählen Ueberflüssiges, wo es am Notwendigsten fehlt, und statt der erhofften dankbaren Freude ernten sie Vorwürfe und Aerger. Oder die Frau wird durch die Geschenke so verwöhnt, daß sie sich wenig um die Ausgaben für die Kleidung kümmert und daher nicht lernt, mit einer dazu bestimmten Summe auszukommen. Es ist in jeder Beziehung besser, der Fran sogenanntes Nadelgeld zu geben, wofür sie alle persönlichen Ausgaben selbst zu bestreiten hat; der Vorteil liegt darin, daß Jeder das, wofür er verantwortlich gemacht wird und was er als Eigentum betrachten darf, sparsamer anwendet, mit größerer Aufmerksamkeit bei jeder Ausgabe die Verwendung überlegt und bedacht ist, noch möglichst etwas zu ersparen. Ratsam ist es, daß der Gatte oder Vater das für diesen Zweck bestimmte Geld vierteljährlich auszahlt. Bei der Wahl der Bekleidungsgegenstände ist es von großer Wichtigkeit, darauf zu sehen, was für Jahre ausreichen soll, wie z. B. Leibwäsche, Mäntel, seidene Stoffe etc. oder was nur für eine Saison getragen werden soll, und was als Putz und Zierde für kurze Zeit, oft nur für eine Gesellschaft bestimmt ist. Während man suchen muß, sich das Letztere so preiswert als möglich herzustellen und meist auf ein zierliches, hübsches Aussehen zu achten, wird man bei der Kleidung für die Jahreszeit Rücksicht auf den Einfluß des Wetters, der Stoffe und Farbe nehmen und ganz besonders für solche Sachen, die für länger ^[richtig: längere] Zeit bestimmt sind, den größten Teil des Geldes verwenden. Viel zu hohe Summen werden bei sonst beschränkten Mitteln oft für Hüte verwendet - und doch, wie viel feiner und "hübscher" würde manche Dame aussehen, wenn sie statt des teuren und dabei für sie gar nicht recht passenden "Modehutes" einen einfachen, aber geschmackvollen und kleidsamen Hut tragen würde. Dieser Bekleidungsgegenstand macht mancher Hausfrau von Saison zu Saison recht unnütze Sorgen, welche sie sich wahrlich sparen könnte.