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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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Umständen auch mit einer kleinen und dünnen Nahrungsmenge ganz erfreuliche Resultate erreichen kann, eine Thatsache, die sowohl für gesunde wie für kranke Zeiten im Leben des Säuglings wohl zu beachten ist. Handelt es sich um fieberhaften Magendarmkatarrh, so halte sich die Mutter an die Vorschriften des Arztes und suche weiteren Trost und Rat in meinen in dieser Arbeit niedergelegten Erfahrungsthatsachen. Handelt es sich um anderweitige Organerkrankungen, so wird auch ihr gesunder Menschenverstand sie an Hand meiner geschilderten Verhaltungsmaßregeln das richtige treffen lassen, so fern sie ärztlichen Rats entbehren sollte.

Im Kampf mit den menschlichen Krankheiten zieht sich wie ein roter Faden die Wichtigkeit einer den Verhältnissen angepaßten korrekten Ernährung hindurch, die eigentlichen Arztneimittel ^[richtig: Arzneimittel], so segensreich sie gegebenen Falls auch wirken können, kommen erst in zweiter Linie in Betracht und gibt es manche Leiden, bei welchen es gar keiner Medikamente bedarf, wo richtige Diät die Hauptsache zu einem glücklichen Erfolge bildet.

Schon der alte Hippokrates, der Vater der Medizin, hat vor 2000 Jahren den Satz gesprochen, daß die wenigsten Krankheiten wie der Blitz aus heiterem Himmel über die Menschen kommen, daß sie vielmehr die schließliche Folge steter, wissentlich oder unwissentlich gegen die Gesundheit begangener Sünden sind.

Wer ein fühlendes Herz im Leibe trägt, das auch für die Leiden der Mitmenschen warm empfindet, der kann nicht tatenlos zusehen, wie Unwissenheit Elend und Jammer über manche Familie bringt und sie zeitlebens unglücklich macht. Es ist ein beseligendes Gefühl, wenn man als Arzt Krankheiten heilen, unheilbare wenigstens mildern, zweifelnden Eltern ihr Kind mit Gottes Hilfe wiedergeben und sagen kann, du hast andern geholfen. Wem aber die Kraft verliehen ist, durch Schrift und Wort für das körperliche Wohl der Gesunden zu wirken, der macht sich einer Pflichtversäumnis schuldig, wenn er es nicht tut und nicht seine ganze Kraft einsetzt, am schönen Werke mitzuarbeiten, das die Hebung der gesundheitlichen Wohlfahrt unserer Bevölkerung zum Ziele hat.

Sollen unsere Töchter das Schneidern erlernen.

(Schluß.)

Was nun das lange Arbeiten an einem Kleide betrifft, so kommt das nun davon, daß die Hausschneiderei gewöhnlich als Nebenarbeit betrieben wird, und das ist falsch. Ebenso wie man zur großen Wäsche oder wenn man eine Schneiderin in's Haus nimmt, bestimmte Tage für diese Arbeit festsetzt, so muß es auch dann

geschehen, wenn die Tochter schneidert. Sie muß an diesen Tagen nicht nur von jeder andern häuslichen Arbeit entlastet, sondern noch durch etwas "in die Hand arbeiten" von seiten der Mutter oder Schwester unterstützt werden. Es muß unbedingt hintereinander fortgearbeitet werden, wobei selbstverständlich eine Ruhepause oder ein kurzer Spaziergang eingerechnet wird. Nur das willkürliche Liegenlassen der Arbeit, um eines Besuches, eines Cafés, einer Tennispartie willen, muß vermieden werden, wenn es auch schwer fällt. Sonst kann man allerdings sich mit einem Kleide vierzehn Tage und länger herumschlagen, ehe es fertig ist, um dann zwar ein neues, aber dennoch schon recht chiffoniertes Kleidungsstück zu haben.

Und nun zu der so gern geleugneten Ersparnis durch die Hausschneiderei! Selbst in dem Falle, daß man nur gute Gesellschafts- oder Straßen-Toiletten lieber außer dem Hause anfertigen läßt, so ist die Ersparnis, die man durch das Selbstanfertigen von Hauskleidern und Blusen erzielt, schon eine ganz bedeutende; noch größere Vorteile bietet aber das eigenhändige Umarbeiten, beziehungsweise Modernisieren noch guter Toiletten der vergangenen Saison. Was das Aufarbeiten eines Kleides bei der Schneiderin kostet, hat wohl jede Hausfrau schon mit Schrecken erfahren müssen, und der Stoßseufzer des Gatten: Das kostet ja mehr als ein neues Kleid!" ist nur zu berechtigt. Andererseits kann aber durch kleine Aenderungen, Anbringung eines neuen Besatzes u. dgl. eine unmoderne Toilette wieder so chik hergestellt werden, daß die Anschaffung einer neuen erspart wird, und zwar bei Selbstherstellung zu ganz geringen Kosten. Dazu kommt noch, daß man in diesem Falle jedes ältere Futterrestchen, Besätze, Borten und was der vielen Kleinigkeiten sind, benutzen kann, die neu angeschafft immer wieder ein recht ansehnliches Sümmchen repräsentieren.

Es handelt sich ja aber auch nicht nur um die dadurch erzielte Ersparnis, sondern die Sache hat noch eine andere, viel wichtigere Seite. Es ist die Erziehung zur Sparsamkeit im allgemeinen, das Hinlenken auf die Bedeutung der kleinen Ersparnisse im Haushalt und bei den Toilettenangelegenheiten im besonderen. Das gründliche Erlernen einer Sache, das gewissenhafte Ausführung und Beendigen einer vorgenommenen Arbeit, die Freude an der gelungenen Leistung und die Bekämpfung irgend welcher während der Arbeit aufsteigender Eigenwünsche, das alles wirkt unendlich erzieherisch und stählt die Selbstdisziplin, und diese Selbstdisziplin ist es, die so vielen jungen Mädchen und Frauen fehlt und die doch eine so kostbare Mitgift ist fürs Leben, ganz gleich, ob dasselbe das Mädchen auf eigene Füße stellt oder in den Hafen der Ehe führt. M. Kn.