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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

XIII. Band. Nr. 35

Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.

Verlag Th. Schröter, Obere Zäune 12. Zürich.

1904. 27. Februar. Inhalt: Das Fleisch. - Die Hauswäsche - Hausmittel und Rezepte. - Fleckenreinigung. - Für die Küche. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Inserate.

Das Fleisch.

Bei dem heutigen Werte des Fleisches ist es nicht uninteressant, einiges über seine Zusammensetzung und Verwendung zu hören.

Die wertvollste Substanz ist das Eiweiß (16-23%), außer einigen Salzen, Säuren, Fett und etwas Stärkemehl enthält das Fleisch nur noch 70% Wasser.

Sobald das Tier geschlachtet ist, wird das Fleisch starr, das Eiweiß gerinnt. Will man das Fleisch sofort brauchen,z. B. Hühner, so sollen sie noch warm, also nicht erstarrt zur Verwendung kommen. Schon erstarrtes Fleisch muß abgelagert werden und diese Ablagerung ist der erste Grund der Verwesung - so unappetitlich dies auch klingt - und wird dies Mortifikation genannt. Sie dauert je nach Jahreszeit und dem Alter des Tieres 2 bis 14 Tage. Dabei bildet sich im Fleisch eine Säure, die die Fasern zersetzt und weich und zart macht. Dieser Prozeß vollzieht sich auch, wenn Fleisch in die Beize gelegt wird, deshalb kann man zu Sauerbraten etc. auch derberes Fleisch verwenden, der Braten wird doch schön weich. Im Winter soll das Fleisch bis 6 Tage länger gelagert sein als im Sommer, weil die Mortifikation in der Kälte viel langsamer vor sich geht. Am längsten brauchen die zarten Stücke Filet und Nierstück, weil sie am wenigsten lang gebraten werden. Feinschmecker wollen Filet z. B. erst gebraten haben, wenn es schon schwarz ist, was im Winter bis 3 Wochen dauert. Dann ist es aber "weich wie Butter", wie jeweilen mein Chef behauptete. Je älter das Tier war, desto länger dauert die Ablagerung.

Zum Aufbewahren hänge man das Fleisch an einen kühlen, vor Insekten geschützten Ort. Legen darf man das Fleisch nicht, da dadurch der Fleischsaft herausgedrückt wird. Besonders lege man es nie auf einen Holzteller. Das Holz entzieht dem Fleisch den Saft in doppelter Masse. Aus dem gleichen Grunde wird der hölzerne Fleischklopfer vor dem Gebrauch zuerst genetzt. Besser sind jedoch die metallenen Klopfer, die sogenannten Kotelettbeile, die auch zum Klopfen von Blätzli etc. viel besser sind. Fleisch zum Sieden wird weniger lang gelagert als Bratefleisch. Nehmen wir nun den umgekehrten Fall an, die Ablagerung ist schon zu stark vorgeschritten und man will das Fleisch trotzdem noch länger behalten, so wird Siedefleisch schnell in kochendes Wasser getaucht und Bratefleisch mit heißem Fett ringsum begossen. Dadurch gerinnt das Eiweiß an der Oberfläche und die zersetzende Luft kann nicht eindringen. Auf diese Weise kann das Fleisch im Sommer noch 1-2 Tage länger aufbewahrt werden. Das Fleisch soll nie gewaschen werden, weil das Wasser in dem Fleisch den Saft auflöst. Man reibe es mit einem weißen Tuche ab. Fleisch, das schon "riecht", kann durch Einlegen in eine mangansaure Kalilösung wieder brauchbar gemacht werden. Auf ½ l Wasser löst man 10 gr mangansaures Kali und von dieser Lösung nehme man auf 5 l Wasser einen Eßlöffel voll und lege das Fleisch einen Moment hinein. Das Fleisch muß nachher gut abgerieben und enthäutet werden. - Durch das Klopfen werden die Fasern zarter. Alles Fleisch darf nie zum Voraus, sondern kurz vor dem Gebrauch gesalzen werden, da das Salz dem Fleisch den Saft entzieht, es sei denn, daß das Fleisch nach dem Salzen gut mit Oel eingestrichen wird. Dadurch wird die Luft abgeschlossen.

Im allgemeinen ist das Fleisch der hintern Viertel der Tiere besser als das der vordern, es wird deshalb auch mehr zum Braten verwendet und das Vordere zum Sieden.

Das Ochsenfleisch ist nahrhafter und schmackhafter als Kalb- und Schweinefleisch. Es soll, wenn es von prima Qualität ist - eine schöne rote Farbe haben und die Fasern gut mit Fett durchzogen - marmoriert - sein. Das Fleisch ist dann saftiger und zarter. Das Fett ist weißlich und körnig. Das Fleisch darf sich nicht wässerig anfühlen, das wäre das Merkmal eines blutarmen Tieres. Die besten Stück sind die, welche am meisten geschützt und mit