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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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ausdrücklich als echter Blütenhonig und zu dessen ortsüblichem Preise verkauft wird.

Mit der Butter, die den letzten Platz in dem oben fingierten, verunglückten Frühstück einnahm, betreten wir eines der wichtigsten Kapitel des Gebrauchs von Surrogaten. Nicht nur deswegen, weil gute Butter aus hier nicht weiter zu erörternden physiologischen Gründen das am leichtesten verdauliche Fett ist, sondern auch aus ästhetischen Rücksichten wehrt sich das Publikum auf das entschiedenste gegen den Gebrauch von Surrogaten zum Rohgenuß, und die Gesetzgebung hat in Uebereinstimmung hiermit auch den Verkauf des bekannten Margarins sehr scharfen Kontrollbestimmungen unterworfen, um gegen die früher im Detailhandel vielfach vorgekommenen Mißbräuche einen Damm zu ziehen. Dies schließt jedoch nicht aus, daß Margarin und andere dem Pflanzenreich entstammende Nahrungsfette wie Palmin, Sanin usw. sich zum Kochen und Braten ganz ausgezeichnet eignen. Derartige Fette sind abgesehen von ihrem billigen Preise oft wertvoller als eine schlechte Butter, der zuweilen Salz und Wasser in ganz unerhörter Menge eingeknetet werden, um ein größeres Gewicht zu erzielen.

Bei Fleisch- und Fischwaren kann im allgemeinen von Surrogaten wenig die Rede sein. Wenn der Hausfrau statt einer Kalbslunge eine Hammellunge, statt echten, geräucherten Rheinlachses ein minderwertiger Rauchfisch, statt echter Oelsardinen Uckelei oder ein anderer kleiner Fisch, statt Sprotten kleine Heringe aufgehangen werden, so ist das alles kein Surrogat, sondern ebenso Fälschung wie der Zusatz von Mehl und Stärkekleister zu Würsten.

Anders hinwiederum liegt die Frage hinsichtlich des Ersatzes für echten Fleischextrakt, Namen sollen hier nicht genannt werden, um dem Vorwurf der Tendenz die Spitze abzubrechen, und es mag auch ohne Einschränkung zugestanden werden, daß viele Ersatzmittel, die sich als solche übrigens auch offen bekennen, an Wohlgeschmack und appetitreizender Wirkung gutes leisten. Deswegen kann es aber doch die peinlichste Silbenstecherei nicht aus der Wett schaffen, daß man unter echtem "Fleisch-Extrakt" nur solchen verstehen kann, der aus Fleisch, also nach dem mustergültigen Rezepte Justus von Liebigs bereitet wird.

Surrogate im Haushalt sind ferner Schweinefett, das mit Palmkern- oder Baumwollsamenöl versetzt ist und unter Kennzeichnung dieses Zusatzes feilgeboten wird. Vanillin, das aus Eugenol durch einen einfachen chemischen Prozeß gewonnen wird und in Vermengung mit Staubzucker das Vanillin der viel teureren Vanilleschote ersetzt, Malzbonbons, die aus Gerstenzucker hergestellt sind, und noch viele andere Dinge, die sich häufig in den Vorräten der Küche und des Haushaltes finden.

Aus d. B.-P. T.

Vermischtes.

Preisgekrönte Kochrezepte. Vor einiger Zeit veranstaltete das bekannte französische Journal "Le Figaro" eine Preiskonkurrenz für Kochrezepte. Die besten dieser Rezepte wurden mit einem großen Preise bedacht. Auch eine größere Anzahl deutscher Frauen beteiligte sich an dieser Konkurrenz und wurden gleichfalls prämiert. Nach übereinstimmendem Ausspruche der aus kompetenten Persönlichkeiten zusammengesetzten Jury sind diese prämierten Rezepte vorzüglich. Wir wollen an dieser Stelle zwei (einem größeren Blatte entnommene) mitteilen. Den ersten Preis erhielt eine Pariserin (Mme. Chevrier) auf ein besonders gut zubereitetes Huhn: Die Leber und der Magen eines großen schönen Huhnes werden fein gehackt und mit einer Handvoll in Milch erweichtem Weißbrot, ein wenig Salz, gestoßenem Pfeffer und feingehackten Estragonblättern vermengt. Diese Farce läßt man fünf Minuten in Butter dünsten und füllt dann damit das sauber geputzte, zum Braten hergerichtete Huhn, das man nach dem Füllen in üblicher Weise zunäht. Man legt das Huhn nun mit fünf bis sechs feinen Schalotten in eine Kasserole ^[richtig: Kasserolle oder Casserole], gießt so viel gesalzene und gepfefferte kräftige Bouillon darauf, daß das Huhn halb davon bedeckt ist und läßt es auf schwachem Feuer 1¼ Stunden lang dünsten. Dann wird das Huhn herausgenommen und drei viertel des Saftes mit einer leichten Buttersauce vermischt. Diese Sauce wird kalt gestellt und mit 4 Eidottern, einer halben Tasse frischem Rahm und einem Kaffeelöffel voll feingehackten Estragonblättern vermengt und zum Dickwerden ins Wasserbad gestellt. Vor dem Servieren fügt man der Sauce noch zwei Kaffeelöffel Estragonsenf und den Rest des reines ^[richtig: reinen] Bratensaftes bei u. bringt sie in einer Schale separat zu Tische. Das Huhn wird selbstverständlich schön tranchiert. - Mit dem zweiten Preise ausgezeichnet wurde Mme. Louvrier für "Paupiettes de Veau", einer überaus pikanten Art von Kalbsschnitzel. Von einer schönen Kalbsnuß werden sehr feine Scheiben abgeschnitten, gut geklopft und nach Geschmack gesalzen. Dann werden die Schnitzel auf der obern Seite mit einer dünnen Schichte von feingehackten Champignons, die mit feingehackten feinen Kräutern vermengt werden, bedeckt, mit heißer Butter bestrichen, zusammengerollt und in geschlagenes Ei getaucht, in Semmelbröseln paniert und schön goldbraun gebacken. Das nach dem Backen zurückgebliebene Fett wird mit einem Glase Weißwein und einem Glase guter Bouillon vermengt. Man läßt diese Sauce auf die Hälfte verkochen und gießt sie dann über die Schnitzel.