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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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Wenn nun Surrogate, und zwar besonders solche, die für unsern Gebrauch in dem Haushalte bestimmt sind, oft unter Namen und Etiketten, die eine Täuschung bezwecken, in den Handel gebracht werden, so dürfen sie deshalb doch keineswegs auf die tiefe Stufe mit Fälschungsmitteln gestellt werden. Sie nehmen diesen Charakter immer erst dann an, wenn sie in bewußter Absicht und unter Verschweigung des Umstandes, daß sie ein Ersatz sind, für echt ausgegeben werden. Hiernach hat also eine Hausfrau alle Ursache zur Klage, wenn sie im Geschäfte zum annähernden Preise echter Ware ein Nahrungs- oder Genußmittel erhält, von dem sie bei näherer Untersuchung entdeckt, daß es nicht dieses, sondern ein weniger wertvolles und auch weit niedriger in dem Preise stehendes Produkt ist. Ob dieses Produkt - vom Standpunkt der Nahrungsmittelchemie betrachtet - ebensoviel Nährstoffe enthält wie der zu ersetzende Gegenstand und auch von einem Geschmack ist, an dem Tausende keinen Anstoß nehmen, ist hier nicht ausschlaggebend, denn dadurch, daß man das Surrogat als echte Ware verkauft hat, ist der juristische Tatbestand der Fälschung erfüllt. Wenn die Hausfrau dagegen aus Sparsamkeitsrücksichten einen Gegenstand kauft, von dem sie weiß oder aus der Bezeichnung entnehmen kann, daß er etwas anderes ist als der teurere, den sie damit ersetzen will, so ist sie keinesfalls im Rechte, wenn sie sich hinterher beklagt, daß heute so viele Surrogate vorkommen.

(Schluß folgt.)

Zahnpflege.

Es ist Euch Müttern möglich, Euren Kindern viele Schmerzen und viele schlaflose Nächte zu ersparen, wenn Ihr den Mund der Kleinen sorgfältig pflegt. Ich möchte mir erlauben, die Mütter zu ermahnen, besser auf die Zähne ihrer Kinder, diese wichtigen Werkzeuge des menschlichen Körpers, zu achten.

Wer, wie ich, in der Lage ist, so oft die traurigen Mundverhältnisse der Kinder zu beobachten, der wird mit mir sagen, es wird in dieser Beziehung Unglaubliches gesündigt.

Wie oft wird mir so ein kleiner Patient zugeführt, vor Schmerzen jammernd, mit der Aufforderung, demselben den kranken Zahn zu entfernen. Die Angst, die dann das kleine, durch mehrere schlaflose Nächte ohnedies schon aufgeregte Menschenkind hat, ist unbeschreiblich, und es tut mir selbst bis in die Seele weh. Sehe ich dem Patienten in den Mund - was muß ich hier erblicken! Kaum ein Zahn, der gesund genannt werden könnte; oft an einem, ja auch an mehreren Zähnen Eiterung und starke Entzündung, Zähne, die der Zange ohne jede Rettung zum Opfer fallen müssen. Sagt man dies der Mutter oder der begleitenden Person, so bekommt man zur Antwort: "Es sind ja nur Milchzähne." Abgesehen davon, daß auch die Milchzähne einer sehr sorgfältigen Pflege bedürfen, wenn das bleibende Gebiß nicht krank zur Welt kommen soll, will ich darauf aufmerksam machen, daß sich viele Mütter in der irrigen Meinung befinden, ihre Kinder hätten noch keine bleibenden Zähne, wenn der erste bleibende Mahlzahn längst so krank ist, daß an ein Erhalten desselben kaum mehr zu denken ist.

Sobald man den Leuten erklärt, daß es sich nicht um einen Milch-, sondern um einen bleibenden Zahn handle, äußern sie sich dahin, es sei dies unmöglich, denn dem Kinde sei noch kein Zahn extrahiert worden, es habe also noch kein Zahnwechsel stattgefunden.

Es sollte jede Mutter zum mindesten wissen, daß das Milchgebiß nur zwanzig Zähne hat, und daß zwischen dem sechsten und siebenten Lebensjahr die vier ersten bleibenden Mahlzähne zum Durchbruch kommen und somit die zweite Zahnung beginnt. Es ist die Pflicht einer jeden Mutter, alles dazu beizutragen, um diese Zähne ihrem Liebling gesund zu erhalten. Wie viele Magenbeschwerden könnten dadurch verhütet werden, denn diesen bedauernswerten Geschöpfen ist es unmöglich, mit ihren Zähnen die Speisen genügend zu zerkleinern, und wird dadurch dem Magen die Arbeit sehr erschwert. Die in Fäulnis übergegangenen Speisereste, welche in kariösen Zähnen zurückbleiben, verbreiten stets sehr üblen Geruch; die Folge davon ist Appetitlosigkeit, durch welche das Kind, da der Körper nicht genug Nahrung zugeführt bekommt, in seiner ganzen Entwicklung gehemmt wird.

Wie manche erwachsene Tochter wäre nicht entstellt durch das Fehlen der Vorderzähne, wenn ihr Gebiß schon von Kindheit auf gepflegt worden wäre. Aber nicht der Schönheit, sondern vor allem der Gesundheit wegen müssen wir auf die Zähne, und ich betone ausdrücklich, auch auf die Milchzähne acht geben.

Es dürfte noch Vielen unbekannt sein, daß schief gewachsene Gebisse in den meisten Fällen auf das zu frühe Entfernen der Milchzähne zurückzuführen sind. Außerdem bedenke man, welche Erleichterung es für unsere Kinder wäre, wenn nur Milchzähne, die schon lose, also vom kommenden bleibenden Zahne ausgestoßen sind, entfernt werden müßten.

Ein jedes Kind müßte mindestens ein- bis zweimal jährlich einem tüchtigen Fachmann zugeführt werden; nur dadurch kann ein Gebiß, nebst der gründlichen Pflege erhalten werden.

Zum Schlüsse rufe ich nochmals jeder Mutter zu: Pflege die Zähne Deiner Lieblinge. Kleinen Kindern wird der Mund nach jeder Mahlzeit mit einem sauberen Leinwand-Läppchen gereinigt. Größere Kinder müssen von früh auf an mehr- ^[folgende Seite]