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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

XIII. Band. Nr. 52

Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.

Verlag Th. Schröter, Obere Zäune 12 Zürich.

1904. 25. Juni. Inhalt: Das Kochen und Braten der Speisen. (Schluß.) - Die Reklame in der Haushaltung. (Schluß.) - Eisbereitung im Sommer. - Hausmittel und Rezepte. - Vermischtes. - Einmachkunst. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Inserate.

Das Kochen und Braten der Speisen.

(Schluß.)

Ein anderer Parasit, den wir mit rohem Fleisch in uns aufnehmen, ist die Trichine. Zwar hat die Trichinenkrankheit sehr abgenommen, seit die gesetzliche Fleischschau eingeführt wurde, aber ganz verschwunden ist sie noch nicht. Es liegt auf der Hand, daß die Fleischschau gegen die Trichinen einen sicherern Schutz gewährt als gegen die Finnen, denn die Finnen kommen nur hie und da in der Muskulatur vor, die Trichinen dagegen in großer Verbreitung. Da man nun bei der Fleischschau naturgemäß nur einige Stichproben aus jedem Tier nehmen kann, so wird man leichter erkennen können, ob dasselbe trichinös ist, als ob es einige Finnen enthält, wenn auch die Trichinen sehr viel kleiner sind als die Finnen. Trichinen finden sich bei allen Tieren, die ihre Nahrung in der Erde suchen, also besonders bei Schweinen, Mäusen, Ratten, Maulwürfen u.s.w. Hiervon kommt für die Nahrung gewöhnlich nur das Schwein in Betracht, aber nicht nur das Hausschwein, sondern auch das Wildschwein. Ich habe einen Arbeiter gekannt, der wegen einer Wette einen Maulwurf aß dann an Trichinose starb. Man muß sich besonders hüten, Fleisch aus Gegenden zu beziehen, in denen keine Fleischschau besteht. Dem rohen Fleisch kommt das geräucherte und gesalzene gleich und auch die rohe Wurst, da darin die Trichinen nicht abgestorben sind.

Die Trichinen kommen in den Darm und wandern zunächst in die Darmwände, wo sie ihre viele hunderttausend Eier ablegen. Aus diesen entwickeln sich nun die jungen Trichinen, die in die Muskeln sich hinein begeben, wo sie nach einiger Zeit sich mit einer Kalkkapsel umgeben. Die Krankheitserscheinungen sind diesen Perioden entsprechend verschieden. Zunächst treten heftige Darmbeschwerden ein, die sogar einem Typhus gleichen können. Nach einiger Zeit treten dann die Muskelerscheinungen auf, die wie ein heftiger fieberhafter Rheumatismus verlaufen. In diesen beiden Perioden können die Menschen sterben. Bleiben sie aber am Leben und bilden nun die Trichinen die Kalkkapseln, so schaden diese der Gesundheit und dem Wohlbefinden weiter nicht mehr. Die Trichine selbst aber bleibt in ihrer Kapsel noch sehr lange am Leben. Ich habe einen Fall beobachtet, bei dem die Trichinen teilweise nach 21 Jahren noch am Leben waren.

Andere Eingeweidewürmer kommen hier weniger in Betracht, weil sie einmal nur geringe Krankheitserscheinungen hervorbringen, andererseits aber die Wege noch unbekannt sind, wie wir sie erwerben. Ich will nur noch erwähnen, daß der in Italien, Süddeutschland und am Rhein häufig vorkommende Wurm des Zwölffingerdarms (Anchylostoma duodenale), der schwere Blutarmut erzeugt, tatsächlich durch Beschmutzen der Finger mit Erde in den Mund gebracht wird, so daß wir daraus wohl auch auf ähnliche Verhältnisse bei vielen andern Eingeweidewürmern schließen dürfen, z. B. auch beim Spulwurm und beim Madenwurm.

Es gibt viele Menschen, die behaupten, gekochte Milch nicht zu mögen oder zu vertragen. Das letztere ist sicher häufig Einbildung, kann aber tatsächlich vorkommen. Rohe Milch birgt aber hauptsächlich zweierlei Gefahren, die sich durch gründliches Kochen leicht vermeiden lassen. Sie kann von der Kuh aus Krankheit erregende Bakterien enthalten, oder sie kann nachher mit solchen verunreinigt werden.

Von der Kuh aus ist es hauptsächlich der Tuberkelbazillus, der in die Milch auch bei gesundem Euter geraten kann, wenn die Kuh tuberkulös ist. Nun hat die Tuberkulose der Rinder in den letzten Jahrzehnten in erschreckender Weise zugenommen. Das beruht nicht zum wenigsten auf der Stallfütterung der Tiere. Gerade so wie die Menschen, die in Häusern dicht gedrängt leben, ohne genügende Bewegung in frischer Luft zu haben, z. B. in Gefängnissen oder Klöstern, zahlreich an Tuberkulose erkranken, so tun das auch die Tiere. Früher schickte man die Kühe auf die Weide. Wo man aber das Land besser ausnützen kann als zu Weideland, da wird Stallfütterung eingeführt und damit