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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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lichen Dinge in den Mund: Lutschbeutel, Zahnringe u.s.w. Dabei muß man sich erinnern, daß das Zahnfleisch während der Zahnperiode aufgelockert und die Mundhöhle entzündet ist, so daß immerhin dem Wuchern ansteckender Keime sich Tür und Tor öffnen. Sehr verkehrt ist es daher, wenn die Mütter die Milchflasche probieren, das Brot im Munde vorkauen, ehe sie es ihrem Liebling reichen. Sicherlich kann dadurch Schwindsucht übertragen werden, wenn man auch hierbei nicht so weit zu gehen braucht, wie es Dr. Westenhöfer jüngst in der "Berl. Med. Gesellschaft" tat, als er seine Ansicht verteidigte, daß die Hauptübertragungsquelle der Schwindsucht der Mund des Kindes beim Zahnen sei. Immerhin verdient die Mahnung Beachtung, daß man die Milch nicht an derselben Stelle auf ihre Wärme probieren soll, die man nachher dem Kinde in den Mund gibt. Man soll den Kindern möglichst häufig die Hände waschen; Dinge, die auf den Boden gefallen sind, soll man ihnen gar nicht geben oder erst nach gründlicher Reinigung. Gegenstände den Kindern in den Mund stecken, die das Zahnen erleichtern sollen, ist zwecklos.

Sardinen.*)

Ein gesundes, nahrhaftes und darum auch vielbegehrtes Gericht sind unter anderem die Sardinen. Leider könnte man nicht« behaupten, daß bei uns in Wirtekreisen überall das nötige Verständnis für Sardinengenuß bestehe.

In gar vielen Fällen ist der Vorgang bei Bestellung von Sardinen im Restaurant folgender: Die Kellnerin bringt den Auftrag ans Büffet. Dort heißt's: "Ja, es hat noch einige Sardinen," oder dann: "Fritz, holen Sie schnell eine Büchse Sardinen beim X." Der Schankbursche läuft schnell um das Verlangte. Bei seiner Rückkunft öffnet der Wirt das Büchschen und nimmt 3 oder 4 Stück heraus, die dem Gaste auf den Teller gelegt werden. So ein Büchschen Sardinen enthält zwischen 3 bis 8 Stück. Wenn also von den 8 Stück 4 gegessen werden, so bleiben noch 4 Stück in der Büchse. Der nächste Liebhaber, der ganz besonders auf Sardinen erpicht ist, mag sich freuen, wenn er etwa 3 Tage nachher kommt und 4 Sardinen bestellt. Diese restlichen 4 Stück liegen also seit einer halben Woche offen in der Büchse, das Oel ist total ranzig geworden. Es ist gerade eingerichtet, wie wenn dem Gast mit Teufels Gewalt das Sardinenessen verleidet werden wollte!

Der verständige und ordnungsvolle Wirt aber tut folgendermaßen: Er fragt oder läßt den Gast fragen, ob er ein Vierer- oder ein Achterbüchslein wünsche. Das Büchslein wird, hermetisch verlötet, mit dem zudienenden Schlüssel dem Gaste hingestellt. Zahlen muß er das ganze Büchslein, ob er sie ißt oder nicht, denn einem anständigen Gast serviert man nicht ein offenes Restbüchslein Sardinen. Frische Sardinen, wozu man den ganzen Vorrat an gutem Olivenöl benutzen kann, das sich in schmackhafter Qualität im Büchslein vorfindet, werden aus dem angegebenen Grunde bei uns viel zu wenig verspeist, Avis au lecteur!

Hansmittel und Rezepte.

Verpackung von Tafeltrauben. Die Verpackung der Tafeltrauben ist am zweckentsprechendsten in mehr flachen, runden, gleichweiten Körben (Höhe ca. 14 Centimeter) von 3 bis 8 Kilogramm Fassungsraum (nicht mehr), und zwar die Körbe ohne Henkel, vorzunehmen. Am Boden des Korbes kommt eine dünne Lage Holzwolle, dann wird der ganze Korb mit Papier ausgeschlagen, so daß das Papier noch über den Rand des Korbes steht, die einzelnen ausgesuchten, gut sortierten Trauben in feines Papier (Seidenpapier) fest eingewickelt und in den Korb lagenweise fest aneinandergedrückt ausgelegt; mehr als drei Lagen Trauben sollen nicht übereinander verpackt werden; ist der Korb vollgepackt, so zwar, daß die oberste Lage Trauben noch etwas über den Rand des Korbes hinausragt, so werden nun die Enden des Papiers, mit welchem der Korb ausgelegt wurde, über die Trauben geschlagen, eine Schicht Holzwolle daraufgelegt und der Korbdeckel fest, etwas auf die Trauben gedrückt, geschlossen und mit Spagat zwischen Korbrand und Deckel rund durchnäht. Je fester der Korb verpackt, je weniger sich die Trauben im Korbe schütteln und stoßen, um so unverletzter kommen die Trauben am Markte an und erzielen daher auch die besten Marktpreise. Schlechte, nachlässig verpackte, nicht sortierte Trauben sind für den Markt wertlos.

Kollodium als Heilmittel. Das Kollodium ist zwar kein neues, aber ein zweckmäßiges Hausmittel, welches in keiner Familie bei seinem verhältnismäßig geringen Preise fehlen sollte. Dasselbe besteht aus in Aether aufgelöster Schießbaumwolle und stellt sich als eine helle, klare Flüssigkeit dar. Mittelst eines Pinsels mehrfach aufgetragen und sehr schnell verdunstend, bildet es einen luft- und wasserdichten Ueberzug und ist das vortrefflichste und ausgezeichnetste Hausmittel bei allen einfachen Wunden, bei Hautverletzungen im Gesicht und an den Händen, bei Scheuerwunden der Wäscherinnen, bei wundgegangenen Füßen, bei alten, flachen Geschwüren, welche nicht heilen wollen, bei Rot- ^[folgende Seite]

^[*) Was hier vom Sardinen-Servieren und -Essen in Gasthäusern gesagt wird (dem "Gastwirt" entnommen) möchte zum großen Teil auch für die Privathäuser zutreffen.]