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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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Erscheint wöchentlich. Abonnement jä! Beilage zum "Schweiz. Familien-Wo<
rlich Fr. 2.50; bei der Poft bestellt 10 Cts. mehr; als henblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts. Verlag Th. Sch röter, Obere Kirchgasse 25, Zürich.
1905. 21. Mm. Inhalt: Aberglauben in der Krankenstube.  Mutter läßt mich nichts machen. -Etwas vom Essen.  Oessentliche Wascheinrichtungen.  Wäsche.  Kochrezepte.  Briefwechsel der Abonnenten unter sich.  Kaiser-Borax.  Retlame.  Inserate.
Aberglaube in der Krankenstube.
Von Dr. Ehrich Vethge.
"Es erben sich Gesetz und Rechte wie eine ewige Krankheit fort", sagt Goethe. Kein Uebel besitzt eine andauernde Vererbungsfähigkeit, so wie der Aberglaube, und kaum auf einem anderen Gebiet hat er sich in gleicher Stärke erhalten als in der volkstümlichen Kraukheitsbehandlung. hier herrschen trotz aller Aufklärung noch immer irrige Vorstellungen längst vergangener Zeiten bis zu den unsinnigsten Aeußerungen des krassesten Aberglaubens in hülle und Fülle. Selbst der, der selbst über abergläubische Anschauungen überlegen lächelt und überlebte Vorurteile abgestreift hat, wird in der Krankenstube schwankend, kleinmütig und nachgiebig, unterwirft sich den zweckwidrigsten Ueberlie-' feruugen aus dunkler Vorzeit und den verschwommenen Ratschlägen alter Mütterchen, greift nach diesem oder jenem wunderkräftigen Hausmittel oder läßt sogar die absonderlichsten Prozeduren abergläubischer Abgeschmacktheit willig über sich ergehen.
Zwar nicht unmittelbar vom wirklichen Aberglauben beeinflußt, aber doch nach veralteten, aus der unklar befangenen Vergangenheit stammenden Grundsätzen gchandhabt wird noch heute viel das Regime der allgemeinen Krankenpflege. Noch immer wehrt man voll übertriebener Aengstlichkeit in zahlreichen Krankenstuben der frischen Luft den Zutritt aus Furcht vor Zug und Erkältung. Es ist dies zum Teil eine unbewußte Erinnerung aus dem späten Mittelalter, wo man die Luft als Trägerin von Kraukheitsfluideu und Miasmen sorgsam absperren zu müssen glaubte. Und doch ist frische, reine Luft, weuu schon für deu Gesunden, so noch mehr für den Kranken ein wahres Lebenselixier. Selbstverständlich soll der Kranke nicht einem schädlichen, unmäßig starken Zug ausgesetzt werden. Aber es gibt eine ganze Reihe von einfachen Hilfsmitteln, die eine vortreffliche
Lüftung der Krankenstube ermöglichen, ohne daß der Kranke unter dem Zugwind im geringsten zu leiden hat. Am vorteilhaftesten wird die. Krankenstube dadurch gelüftet, daß man den oberen Flügel eines Fensters öffnet. Die Luft unter der Decke eines jeden Zimmers ist stets die wärmste und am meisten verbrauchte. Bei geöffnetem oberen Fensterflügel fließt aber sie gerade in erster Linie ab. Ist die Außenluft kühler, so bringt die Oeffnung des oberen Flügels noch das Gute mit sich^ daß die hereinströmende frische Luft, während sie zu Boden sinkt, allmählich die Temperatur der Iimmerluft annimmt. Ist aus irgend einem Grunde eine derartige Lüftuntz der Krankenstube unmöglich, so kann man sich so helfen, daß man ein Fenstei im Nebenzimmer aufmacht und zugleich die Verbindungstür zwischen beiden Räumen entsprechend weit öffnet. Wenn auch dieses un-tunlich ist, so steht noch immer ein dritter Weg offen. Man hat dann ein Fenster der Krankenstube und außerdem ein solches, das dem Krankenstubenfenster gegenüberliegt, in dem Nebenraum zu öffnen. Auch wenn die Tür zwischen beiden geschlossen bleibt, entsteht doch eine stärkere Luftströmung von Fenster zu Fenster. Gegen den unmittelbaren Zug ist der Kranke durch eine spanische Wand oder einen leicht anbringbaren Vorhang zu schützen. Im Winter kann man außerdem Kopf und Brust mit einer leichten Decke während der Zeit der Lüftung bedecken. Nie soll sich der unangenehme Krankenstubengeruch bemerkbar machen. Daher ist die eine oder andere Art der Lüftung wenigstens dreimal am Tage auszuführen, bei Krankheiten aber, die von lästigen Ausdünstungen begleitet sind, ist sie noch öfters zu wiederholen.
Auch das Licht wird noch häufig vom Krankenzimmer fern gehalten. Wenn die Augen überempfindlich sind, oder der Kranke schlafen soll, ist ja ein halbduntel zweckmäßig, sonst aber ist für ihn ein heller, von