Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

568

Ottokar von Steiermark - Ötzthal.

Gegen die Ungarn mußte er noch mehrmals zu Felde ziehen, erlangte aber von denselben 1273 die Abtretung mehrerer Grenzbezirke. Als 1273 die Kurfürsten zu einer neuen Königswahl schritten und O. vom Wahlrecht ausschlossen, erhob er Widerspruch gegen die Wahl Rudolfs von Habsburg und wollte denselben nur gegen Zusicherung seines gesamten Länderbesitzes anerkennen. Rudolf lud O. zweimal vergeblich nach Nürnberg und Würzburg zur Huldigung vor und erklärte ihn 1275 zu Augsburg der österreichischen Lande als heimgefallener Reichslehen verlustig und 24. Juni 1276 in die Reichsacht. Zugleich unternahm er einen Heereszug gegen ihn, eroberte Klosterneuburg und belagerte Wien, während Graf Meinhard von Tirol Kärnten und Steiermark unterwarf und König Wladislaw von Ungarn mit einem Heer nahte. Von so vielen Seiten bedroht, sah sich O. 21. Nov. 1276 zu einem nachteiligen Frieden genötigt, durch den er die österreichischen Lande verlor und nur mit Böhmen und Mähren von Rudolf neu belehnt wurde. 1278 fiel er von neuem in Österreich ein, verlor aber 26. Aug. auf dem Marchfeld gegen den mit den Ungarn verbündeten Kaiser nach tapferm Kampf Sieg und Leben. Um Böhmens innere Verhältnisse hatte er sich wichtige Verdienste durch Schaffung eines freien Bürgerstandes, Organisation der Gerichte, Kolonisationen und Städtegründungen, Hebung von Industrie und Verkehr erworben. Ihm folgte in Böhmen und Mähren sein Sohn Wenzel II., mit welchem 1305 der Mannesstamm der Przemysliden erlosch. Der Schicksale Ottokars und seines tragischen Ausgangs hat sich die Sage vielfach bemächtigt; auch haben sie den Stoff geliefert zu Grillparzers Trauerspiel "König Ottokars Glück und Ende". Vgl. Lorenz, Geschichte König Ottokars II. (Wien 1866); Klaar, Untersuchung über die Quellen der Grillparzerschen Tragödie (Prag 1886).

Ottŏkar von Steiermark, irrtümlich auch O. von Horneck genannt, deutscher Dichter und Geschichtschreiber, war Dienstmann des Ritters Otto von Lichtenstein, des Sohns des Dichters Ulrich von Lichtenstein, und lebte in der zweiten Hälfte des 13. und zu Anfang des 14. Jahrh. in Steiermark. Abgefordert, die wichtigsten Ereignisse seiner eignen Zeit aufzuzeichnen, schrieb er zu verschiedenen Zeiten die aus mehr als 83,000 Versen bestehende "Steirische Reimchronik" (hrsg. von Pez in den "Scriptores rerum austriacarum", Bd. 3, 1745). Dieselbe behandelt die Zeit von Manfreds Tod bis zum Tod Kaiser Heinrichs VII. und enthält viele wichtige Nachrichten zur Geschichte Rudolfs von Habsburg, Ottokars von Böhmen, Adolfs von Nassau und Albrechts I. Die merkwürdigen, von dem Verfasser miterlebten Begebenheiten ausführlich erzählend, entbehrt sie des eigentlich poetischen Charakters, fesselt aber durch anziehende Charakterschilderungen und Beschreibungen von Festlichkeiten, Turnieren und Schlachten, denen der Verfasser oft selbst beiwohnte. Auch zeigt sie Wahrheitsliebe, und es wird Gerücht und Sage von wirklicher, verbürgter Geschichte gewissenhaft unterschieden, wenngleich die Chronik in Einzelheiten selbstverständlich nicht immer genau und zuverlässig ist. Vgl. Schacht, Aus und über Ottokars von Horneck Reimchronik (Mainz 1821); Jacobi, De Ottocari chronico austriaco (Bresl. 1839).

Ottomane (franz.), ein Sofa (s. d.) nach türkischer Art (vgl. Diwan), ohne Füße, ohne oder mit niedriger Rückenlehne und mit zwei cylindrischen niedrigen Seitenlehnen.

Ottomānen, s. v. w. Osmanen.

Ottoscher Motor, s. Gaskraftmaschine, S. 939.

Ottrelithschiefer, s. Thonschiefer.

Ottumwa, Stadt im nordamerikan. Staat Iowa, am Des Moines, hat Kohlengruben, Steinbrüche, Sägemühlen, Schlächtereien und (1885) 10,506 Einw.

Ottweiler, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Trier, an der Blies und an der Linie Bingerbrück-Neunkirchen der Preußischen Staatsbahn, 246 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge, eine Gymnasialschule, ein Schullehrerseminar, ein Waisenhaus, ein Amtsgericht, Thon- und Eisenwaren- und Leistenfabrikation, Feilenhauerei, Bierbrauerei und (1885) 4917 meist evang. Einwohner. O. war 1640-1728 Sitz eines Zweigs der Linie Nassau-Saarbrücken.

Ottweiler Schichten, s. Steinkohlenformation.

Otumba, Stadt im mexikan. Staat Mexiko, 50 km nordöstlich von Mexiko, früher bedeutend, mit (1880) 8770 Einw. und Resten altindischer Bauten.

Otus, Ohreule, s. Eulen, S. 906.

Otway (spr. ottwä), Thomas, engl. Dichter, geb. 3. März 1651 zu Trotton in Sussex, Sohn eines Geistlichen daselbst, erhielt die erste Bildung zu Winchester und bezog 1669 die Universität Oxford, die er aber noch vor Beendigung seiner Studien verließ, um sich der Bühne zu widmen. Zwar fand er als Schauspieler keinen Beifall; dagegen erwarb er sich durch die Trauerspiele: "Alkibiades" (1673) und "Don Carlos" (1676) einen Namen als dramatischer Dichter. Durch den Grafen von Plymouth mit einer Offizierstelle betraut, ging er 1677 mit seinem Regiment nach Flandern; doch mußte er seiner Ausschweifungen wegen bald seinen Abschied nehmen und fristete nun sein Leben durch Übersetzungen und dramatische Arbeiten, von denen die Trauerspiele: "The orphan" (1680) und "Venice preserved" (1681) die namhaftesten sind. Er starb in tiefster Dürftigkeit 14. April 1685. Offenbart sich in Otways Dichtungen bei hohem Schwung der Phantasie Wärme des Gefühls und Schlagkraft des Witzes, so findet sich daneben, besonders in seinen Lustspielen, eine große Zügellosigkeit in Charakteren und Sprache. Sein "Venice preserved" (deutsch von Gätschenberger, Lond. 1874) wird aber neben Shakespeare Dramen immer noch in England geschätzt. Weniger Wert als die dramatischen haben seine andern Dichtungen. Otways sämtliche Werke gab Thornton in 2 Bänden (Lond. 1812) heraus; eine andre Ausgabe (mit Biographie) erschien in 3 Bänden (das. 1813).

Ötzthal, berühmtes Alpenthal in Tirol, Bezirkshauptmannschaft Imst, neben dem Zillerthal das größte Seitenthal des Inn, 60 km lang, von der Ötz durchströmt, welche oberhalb Haiming in den Inn fällt, ausgezeichnet durch seine landschaftliche Reize: den wiederholten Wechsel weiter Thalkessel mit wilden Felsengen, ausgedehnte Gletscher und zahlreiche Wasserfälle. Es ist seit der Eröffnung der Arlbergbahn (Stationen Ötzthal und Roppen) zugänglicher geworden. Die Thalstufen von Ötz, Umhausen, Lengenfeld und Sölden folgen in der Richtung von N. nach S. aufeinander, bis bei Zwieselstein sich das Thal in zwei Äste spaltet, die nach den Dörfern Fend oder Vent (1892 m ü. M.) und Gurgl (1910 m), den höchst gelegenen ständig bewohnten Ortschaften Europas, benannt werden. Der untere Teil des Ötzthals ist noch sehr fruchtbar, namentlich wird daselbst vortrefflicher Flachs, auch Mais und Getreide gebaut; weiter aufwärts ist die Viehzucht die fast ausschließliche Nahrungsquelle der Bewohner, deren Zahl gegen