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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Abūsus; Abu Temmâm; Abutĭlon; Abwaschung; Abwässer

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Abusus - Abwässer.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Abu Simbal'

selbst und seiner Gattin Nofrateri geweiht. Den Eingang des größern Tempels (s. Tafel "Baukunst III", Fig. 8) zieren in Nischen vier kolossale, auf Thronen sitzende Statuen des Königs von vortrefflicher Arbeit, 22 m hoch, aber zum Teil vom feinem Wüstensand verschüttet; das Innere besteht aus vier Hallen, in deren innerster, dem Allerheiligsten (63 m tief im Felsen gelegen), vor einem Granitaltar vier große Götterbilder mit Tier- und Menschenköpfen sitzen, während rings umher acht kleinere Kammern eingehauen sind. Die Wände sind mit Skulpturen (s. Tafel "Bildhauerkunst I", Fig. 4) bedeckt, die nach denen von Karnak und Medinet Habu zu den wichtigsten gehören. Auch vor dem kleinern, jenem gegenüber befindlichen Höhlentempel lehnen Kolosse bis zu 11 m Höhe. Vgl. Dümichen, Der ägyptische Felsentempel von A. (Berl. 1869).

Abūsus (lat.), Mißbrauch; im juristischen Sprachgebrauch Abnutzung oder Verminderung der Substanz einer Sache durch Gebrauch. Manche Sachen werden durch den Gebrauch, für den sie bestimmt sind, sofort verändert, aufgezehrt oder doch vermindert, entweder überhaupt, wie Viktualien, Wein, Getreide etc., oder wenigstens für den Eigentümer, wie das Geld (juristische Konsumtion). Man nennt sie Konsumtiven, verbrauchbare Sachen, d. h. in deren rechtmäßigem Gebrauch der Verbrauch liegt. Diese natürliche Eigenschaft ist insofern von rechtlicher Wirkung, als solche Sachen nicht Gegenstand des Nießbrauchsrechts oder des Leihvertrags sein können. - Per abusum, mißbräuchlich. A. non tollit usum, Mißbrauch hebt den (rechten) Gebrauch nicht auf. Abusive, mißbräuchlich.

Abu Temmâm, berühmter arab. Dichter, geb. 807 (nach andern 788 oder 805) zu Dschâsem in Syrien, später in Ägypten und Mosul lebend, machte sich besonders durch die von ihm veranstaltete Sammlung aus ältern Dichtern: "Hamâsa" (s. d.), wie auch durch eigene Dichtungen verdient. Er starb 842 oder 845 wahrscheinlich in Mosul.

Abutĭlon Gärtn. (Schmuckmalve), Gattung aus der Familie der Malvaceen, einjährige oder strauchartige Pflanzen mit großen Blättern und schönen, glockenförmigen Blüten. A. Avicennae Gärtn. (Sida Abutilon L., Samtpappel, Bastardeibisch), einjährige Pflanze mit rundlich herzförmigen, filzigen Blättern und gelben Blüten, 0,6-1,25 m hoch, aus Ostindien, über Ost- und Westasien, Südeuropa, Nordafrika, Nordamerika und Australien verbreitet, wird in China von alters her als Faserpflanze kultiviert, war bei uns früher offiziell. Von A. esculentum St.-Hil. (Bencão de Deos) genießt man in Brasilien die Blüten und unreifen Früchte als Gemüse. A. indicum Sweet (Sida indica L.), in Indien, liefert Gespinstfasern. Mehrere andre Arten werden dort wie bei uns die Malven zu medizinischen Zwecken benutzt, während A. striatum Dicks., aus Mexiko, mit orangefarbenen, dunkelbraun geäderten Blumen fast zu allen Jahreszeiten, A. insigne Planch. (s. Tafel "Zimmerpflanzen I"), aus Neugranada, mit dunkelroten, heller gezeichneten Blumen im Frühling und Herbst, A. Venosum Lem., aus Mexiko, mit großen, dunkelroten Blumen im Hochsommer und Herbst und namentlich A. Darwini Hook. mit roten Blüten sowie auch mehrere andre Arten und zahlreiche Varietäten bei uns in Warmhäusern und Zimmern kultiviert, auch auf Sommergruppen ausgepflanzt werden.

Abwaschung, s. Kaltwasserkuren; über den kirchlichen Gebrauch s. Abluition. ↔

Abwässer, die im Haushalt und namentlich in der Industrie abfließenden, mit verschiedenen Stoffen verunreinigten Wässer. Man rechnet in der Hauswirtschaft bei Vorhandensein einer Wasserleitung pro Kopf und Tag einen Verbrauch von etwa 50 Lit. Wasser und kann annehmen, daß dasselbe, wenn es aus einer kleinern, nicht industriereichen Stadt, ohne mit Exkrementen verunreinigt zu sein, in einen größern Fluß gelangt, eine Bedenken erregende Verunreinigung des letztern nicht hervorbringt. Dagegen werden manche kleinere Wasserläufe namentlich durch Industrieabwässer in solcher Weise verunreinigt, daß die öffentliche Wohlfahrt ernstlich gefährdet erscheint. Größere Städte mit Kanalisation können gar nicht daran denken, das Kanalwasser, welches sämtliche Exkremente und die Hauswässer, sowie die A. der Fabriken aufgenommen hat, selbst in größere Flüsse abzuleiten. In England, wo diese Verunreinigung der öffentlichen Wasserläufe einen erschreckend hohen Grad erreicht hatte, ist ein Gesetz erlassen worden, nach welchem jeder Fabrikant bestraft werden kann, welcher Wasser von bestimmter Qualität in einen Fluß leitet. Enthalten die A. nur mineralische Substanzen, wie z. B. in der Metallwarenindustrie, bei Paraffin-, Mineralöl- und Stearinfabriken, so ist es in der Regel leicht, sie unschädlich zu machen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die arsenhaltigen A., die durch Vermischen mit Eisen- und Mangansalzen und Fällen mit Kalkmilch unschädlich gemacht werden können. Seifenwässer der Tuchfabriken versetzt man mit Säuren, um aus der Seife fette Säuren abzuscheiden, welche gesammelt und in verschiedener Weise verwendet werden können, oder man mischt die A. mit Kalk, sammelt die abgeschiedene unlösliche Kalkseife und verarbeitet diese auf Leuchtgas oder scheidet daraus die fetten Säuren ab. Weitaus am bedenklichsten sind die A., welche fäulnisfähige Substanzen enthalten. In diesen Wässern entwickeln sich Algen und Pilze, welche oft ganze Wasserläufe erfüllen und zum Teil reduzierend auf Schwefelsäuresalze wirken, Schwefelwasserstoff entwickeln und dadurch die Fische töten und die Luft verunreinigen. Vor allem aber erscheinen solche Wässer als Herde für die Entwickelung von Krankheitserregern, und man hat sich daher vielfach um ihre Reinigung bemüht. Leider sind die Erfolge bis jetzt gering. Man erreicht durch Zusatz von Chemikalien (besonders schwefelsaurer Thonerde und Kalk) eine vollständige Klärung, auch eine Abscheidung mancher gelöster Stoffe, und wenn die geklärten Flüssigkeit sofort in einen großen Fluß geleitet werden kann, so sind die hauptsächlichsten Gefahren beseitigt. Dabei geht aber das in den Abwässern enthaltene Ammoniak vollständig verloren, und die erhaltenen Niederschläge, welche etwa 62 Proz. organische Substanzen enthalten, sind stark fäulnisfähig, schwer zu behandeln und haben unbedeutenden Wert für Landwirtschaft und Industrie. Auch das geklärte Wasser bleibt noch fäulnisfähig, weil es noch mehr als die Hälfte des in Form organischer Substanzen vorhanden gewesenen Stickstoffs enthält.

Besonders ausgebildet zur Reinigung von Abwässern, welche fäulnisfähige Substanzen enthalten, ist Sillars ABC-Prozeß, so genannt nach den dabei zur Verwendung kommenden Substanzen: Alum (schwefelsaure Thonerde), Blood (Blut) und Clay (Lehm). Man versetzt die A. sofort mit Blut, Holzkohle und Lehm, fügt dann schwefelsaure Thonerde, eventuell Kalk hinzu und läßt absetzen. Der Bodensatz wird gepreßt und getrocknet, das klare Wasser in den Fluß

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 71.