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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Agricola; Agri decumates; Agrigent; Agrikultur; Agrikulturchemie

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Agricola (Martin) - Agrikulturchemie

"Musica mechanica organistica", die er nach des Verfassers Tode herausgab (2 Bde., Berl. 1767-68), verdankt ihm gute Zusätze. Seine Gattin Benedetta Emilia Molteni (geb. 24. Okt. 1722 zu Modena, gest. um 1780 zu Berlin) wirkte 1761-72 als Sängerin an der Italienischen Oper zu Berlin.

Agricola, Martin, Musiker und Musikschriftsteller des Reformationszeitalters, geb. um 1486 zu Sorau, seit 1510 Musiklehrer in Magdeburg, erhielt daselbst 1526, nach Einführung der Reformation, die Stelle eines Kantors und Musikdirektors und starb 10. Juni 1556. In den Kirchen Magdeburgs führte er den deutschen Choral ein, war auch einer der ersten, die in Deutschland die Tabulatur mit den jetzt üblichen Noten vertauschten. Seine Schriften sind sämtlich musik-pädagogischen Inhalts und für die Kunde der damaligen Musik sehr schätzbar. Namentlich gilt dies von seiner "Musica instrumentalis" (Wittenb. 1529 u. 1542; andere Bearbeitung, ebd. 1545), in der die Instrumente in guten Holzschnitten abgebildet sind. Sonst sind zu nennen: "Eine kurze deutsche Musika" (Wittenb. 1528), "Rudimenta musices" (ebd. 1534), "Musica choralis" (ebd. 1532) und "Musica figuralis" (ebd. 1532).

Agricola, Rudolf (eigentlich Roelef Huisman), Humanist, geb. 1443 zu Laflo bei Groningen, studierte in Löwen und Paris, ging etwa 1473 nach Italien, wo er 7 Jahre, namentlich in Ferrara, humanistischen Studien oblag. Die Eleganz, mit der er lateinisch und selbst griechisch sprach, machte ihn so berühmt, daß Ercole von Este u. a. ihn an Italien zu fesseln suchten. Aber der Wunsch, Deutschland durch humanistische Wissenschaft auf die geistige Höhe Italiens zu heben, zog ihn 1480 ins Vaterland zurück. 1483 berief ihn sein Studienfreund Joh. von Dalberg (s. d.) nach Heidelberg. Mit ihm unternahm er 1485 eine Romreise; bald nach der Rückkehr, 27. Okt. 1485, starb er zu Heidelberg. A.s Bedeutung lag mehr in überwältigender Persönlichkeit, die er nach Petrarcas Vorbild harmonisch ausbildete, als in seinen Schriften (darunter z. B. "De inventione dialectica libb. III."), die Alardus (2 Bde., Köln 1539) herausgab. Außer lateinisch und griechisch konnte A. französisch, italienisch und sogar hebräisch. Er war auch Maler und trefflicher Musiker; die Orgel in der St. Martinskirche zu Groningen ist sein Werk. - Vgl. von Bezold, Rudolf A. (Münch. 1884); Ihm, Der Humanist R. A., sein Leben und seine Schriften (Paderb. 1893).

Agri decumates, s. Decumatische Acker.

Agrigent (grch. Akragas, lat. Agrigentum), das jetzige Girgenti (s. d.) auf der Südküste Siciliens, zwischen den Flüssen Hypsas (jetzt Drago) und Akragas (jetzt San Biagio), eine um 582 v. Chr. von Gela gegründete dor. Kolonie. Schon 14 Jahre nach der Gründung bemächtigte sich Phalaris der Burg und beherrschte die Stadt 16 Jahre lang. Durch Handel bald blühend, besonders unter der Herrschaft des Theron (488-472), zählte sie zu den herrlichsten Städten der Alten Welt und soll 200000, nach anderer Angabe sogar 800000 E. gehabt haben, als sie 406 v. Chr. von den Karthagern zerstört wurde. Von Timolcon 340 wieder aufgebaut, erreichte sie ihren frühern Glanz nicht wieder; sie fiel von neuem in die Hände der Karthager, 262 v. Chr. in die der Römer, blieb jedoch immer ein Platz von Wichtigkeit. Davon zeugen noch viele Ruinen. Am besten erhalten hat sich der fälschlich so genannte Tempel der Concordia, nächstdem der sog. Tempel der Juno Lacinia, beide wahrscheinlich aus dem 5. Jahrh.; der größte war der nur in wenigen Resten erhaltene Tempel des olympischen Zeus (Grundriß s. Tafel: Griechische Kunst I, Fig. 6), in dessen Innerm riesige Atlanten als Träger der Deckenbalken verwendet waren; sein Ausbau war bei der Zerstörung 406 noch nicht vollendet. Der älteste Bau ist der Tempel des Herakles. Alle sind aus Kalkstein in dor. Stil erbaut. Außerdem finden sich noch in der Nähe der Tempel der Dioskuren und der des Asklepios, in einem andern Teile der alten Stadt geringe Überreste des sog. Tempels der Demeter und Persephone; unter den antiken Grabmälern ist das sog. Grab des Theron, wahrscheinlich aus röm. Zeit, am besten erhalten. - Vgl. Siefert, Akragas und sein Gebiet (Hamb. 1845); Serradifalco, Antichità della Sicilia, Bd. 3 (Palermo 1836); Schubring, Histor. Topographie von Akragas (Lpz. 1870).

Agrikultur (lat.), die gesamte Landwirtschaft, im besondern der eigentliche Ackerbau (s. d.).

Agrikulturchemie oder Ackerbauchemie, der Teil der angewandten Chemie, der die chem. Bedingungen des Lebens der Nutzpflanzen und der Haustiere behandelt. Da diese Bedingungen im ganzen die nämlichen sind wie die der Organismen überhaupt, so ist die A. von der Tier- und Pflanzenchemie keineswegs streng zu scheiden. Die A. ist eine verhältnismäßig noch junge Wissenschaft. Den Weg bahnten ihr die experimental-physiol. Forschungen über den Lebensprozeß der Pflanzen von Hales, "Statical essays. I. Vegetable statics" (Lond. 1727; 3. Aufl. 1738), Senebier, "Mémoires phys.-chimiques sur l'influence de la lumière solaire etc." (3 Bde., Genf 1782; deutsch, 4 Bde., Lpz. 1785), Jugenhouß, "Experiments upon vegetables, discovering their great power of purifying the common air in the sunshine etc." (Lond. 1779; deutsch Lpz. 1780; Wien 1786-88) und endlich Saussure, dessen Hauptwerk: "Recherches chimiques sur la végétation" (Par. 1804; deutsch Lpz. 1805), die Grundlage der gesamten A. bildet. Er führte den nicht mehr anzuzweifelnden Nachweis, daß die Pflanze ihren Koblenstoffgehalt wenigstens größtenteils aus der Kohlensäure der Luft entnimmt, ohne indes die Meinung aufzugeben, daß auch der Humus des Bodens durch die Wurzeln aufgenommen werde. Dann veröffentlichte Sir Humphry Davy seine "Elements of agricultural chemistry" (Lond. 1813; neue Aufl. 1839), und dieser gilt noch gegenwärtig den Engländern, mit Nichtbeachtung Saussures, als Vater der A. Bis gegen das Ende des ersten Viertels des 19. Jahrh. nahmen indes die Naturforscher im Verein mit den rationellen Landwirten Thaer, Schwerz, Burger, Schönleitner, Fellenberg u. a. noch immer als Nahrung des Pflanzenorganismus nur Reste von Organismen, die sich durch chem. Prozesse in eine Reihe von Säuren verwandeln, also ausschließlich organische Stoffe an, denen man den Gesamtnamen "Humus" gab. So lagen die Dinge bis zum Auftreten Liebigs, dessen epochemachendes Werk: "Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie" (Braunschw. 1840; 9. Aufl., 3 Tle., 1875-76), eine neue Periode der Landwirtschaft und der A. begründete.

Allerdings fand Liebig, der neben der Assimilation der Kohlensäure durch die Blätter die Aufnahme von Ammoniak und Mineralsalzen in wässeriger Lösung durch die Wurzeln als Faktoren der Pflanzenernährung ansah und besondern Nachdruck