Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Boulanger (Gustave Rodolphe); Boulanger (Louis); Boulangisten; Boulay; Boulay de la Meurthe

370

Boulanger (Gust. Rod.) – Boulay de la Meurthe (Ant. Jacq. Cl. Jos., Graf)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Boulanger (Georges Ernest Jean Marie)'

der Frau Bonnemain, die ihm bis dahin aus ihrem bedeutenden Vermögen große Summen zur Verfügung gestellt hatte, auch seine finanzielle Lage sehr mißlich geworden war, sodaß er das gewohnte prunkvolle Leben nicht weiter fortzuführen im stande war, erschoß er sich 30. Sept. 1891 am Grabe seiner Geliebten auf dem Friedhof von Ixelles bei Brüssel. Zu den Mitteln, mit denen B. um die Gunst des franz. Volks gebuhlt hatte, gehört auch die von ihm beeinflußte, von manchen dem berühmten Militärschriftsteller Hippolyte Barthélemy (geb. 1840) zugeschriebene phantastische Veröffentlichung über den Krieg 1870–71: «L'Invasion allemande» (3 Bde., Par. 1888–90; deutsch und erläutert von Armand, Lpz. 1888; von Singer, u.d.T. «Deutschlands Feldzug gegen Frankreich», und illustriert, Wien 1888–92; zu dieser Schrift vgl. auch Mahrenholtz, L'Invasion allemande [par le général B.] in «Unsere Zeit», 1889, II). Seine Reden «Les discours du général B. (août 1887 à sept. 1887)» wurden Lyon 1888 veröffentlicht. – Vgl. Ruhemann, General B. (Berl. 1887); Buguet, Au général B., revues et revuistes (Par. 1887): Chincholle, Général B. (1889).

Boulanger (spr. bulangscheh), Gustave Rodolphe, franz. Maler, geb. 25. April 1824 zu Paris, besuchte die dortige Kunstschule und war Schüler von Delaroche und Jollivet. 1849 gewann er den ersten Preis (Odysseus wird von der Eurykleia wiedererkannt) und damit das fünfjährige Stipendium für Rom. Von da zurückgekehrt, versuchte er sich in mytholog. und histor. Gegenständen, wie: Cäsars Ankunft am Rubicon, Herakles bei der Omphale (1861), Katharina I. unterhandelt mit Mehemed Baltadji über den Frieden (1866). Seine im Auftrag des Prinzen Napoleon im Atrium des Hôtel Pompeïen und im Tanzsaal der Neuen Oper ausgeführten Darstellungen von Scenen oder Einzelfiguren des häuslichen oder gewerblichen altröm. Lebens zeigen bei großer Genauigkeit des archäol. Beiwerks moderne Auffassung. Die Ausführung ist akademisch streng und sorgsam, kalt und nüchtern. Bekannt sind: Lesbia, Horaz und Lydia, Die Juwelenhändlerin, Die Blumenverkäuferin, Das Tepidarium, Das Mamillare, Das Gynäceum u.s.w. (1860–75). Die Früchte einer Reise nach Algerien waren mehrere treffliche arab. Sittenbilder, wie: Arab. Hirten (1859), Versprengte Kabylen, Arab. Märchenerzähler, Reiter der Sahara (1864). Auch das Gebiet der großen Historie betrat er, jedoch ohne Erfolg, mit seinem Heil. Sebastian (1877). Ferner malte er: Die Quelle des Tiber (1883), Sklavenmarkt (1888) und eine Kopie von Raffaels Hochzeit Amors und Psyches, im Palast Farnese (Museum in Rennes). B. starb 22. Sept. 1888 in Paris.

Boulanger (spr. bulangscheh), Louis, franz. Historienmaler und Lithograph, geb. 11. März 1807 in Vercelli (Piemont), war ein Schüler von Guillon-Lethière und Dévéria. Sein Mazeppa (1827, Museum zu Rouen) stellte ihn sofort an die Spitze der damals noch jungen Romantischen Schule. Auch die folgenden Arbeiten: Rinaldo und Armida, Hochzeit von Gamacho, Triumph Petrarcas (1836, Medaille erster Klasse), Tod der Messalina, Schmerz der Hekuba (1833–46), fanden großen Beifall. Namentlich wurde Victor Hugo, zu dessen Werken er zahlreiche Illustrationen lieferte, sein Gönner. Einige seiner spätern Gemälde, wie: Sabbatsrunde (1864) und Brand von Sodom (1866), zeigen wieder die Vorzüge seiner ersten Leistungen, namentlich eine reiche Phantasie. Nach dem Wiederaufkommen der klassicistischen ↔ Richtung verminderte sich das Interesse fur B.s Bilder. Seit 1860 leitete er die Kunstschule in Dijon, wo er 5. März 1867 starb. Als Lithograph folgte B. anfangs der Manier seines Lehrers A. Dévéria: Le feu du ciel (1831), Scène de la Saint-Barthélemy (1829), La dernière heure (Allegorie auf die zerstörende Wirkung des Dampfes, 1845).

Boulangisten (spr. bulangschi-) oder Boulange nannte man die Partei, die sich 1888–90 um den franz. General Boulanger (s. d.) sammelte und als ihr Programm Verfassungsrevision mit Abschaffung der Präsidentschaft, Einkammersystem und Bestätigungsrecht für das Volk verkündete. Nachdem Boulanger 15. Mai 1890 seinen Rücktritt als Parteiführer erklärt hatte, vereinigten sich die meisten seiner ehemaligen Anhänger unter Führung von Laguerre, Laisant u.a. zu einer «republikanisch-socialistisch-revisionistischen Allianz», die 24. Mai 1890 in Paris ihr Gründungsbankett feierte.

Boulay (spr. buläh), s. Bolchen.

Boulay de la Meurthe (spr. bulä dē la möhrt), Antoine Jacques Claude Joseph, Graf, franz. Staatsmann, geb. 19. Febr. 1761 zu Chaumousey in den Vogesen. Er ließ sich 1783 als Advokat zu Nancy nieder, später zu Paris. Beim Ausbruche der Revolution machte er als Freiwilliger den Feldzug von 1792 mit, mußte aber wegen seiner gemäßigten Principien vor den Schreckensmännern fliehen. Nach den Ereignissen vom 9. Thermidor (1794) kehrte er nach Nancy zurück, wo er Präsident am Civiltribunal, dann öffentlicher Ankläger im Departement war. 1797 in den Rat der Fünfhundert gewählt, erklärte er sich gegen den Jakobinismus und die Despotie der Direktorialregierung und machte sich zum Mittelpunkte der sog. konstitutionellen Partei. Er namentlich brachte 30. Prairial (18. Juni 1799) die Direktoren Merlin und La Réveillère-Lépeaux zu Fall. Dann ließ er sich von Sieyès für dessen Reformplan gewinnen und unterstützte Napoleons Staatsstreich vom 18. Brumaire (9. Nov. 1799). Unter dem Konsulate übernahm er 1800 die Präsidentschaft der gesetzgebenden Abteilung im Staatsrate, wo er sich wesentlich an der Redaktion des Code civil beteiligte. Von 1802 bis 1810 hatte er die Angelegenheiten der Nationalgüter zu ordnen und trat 1810 in seine frühere Stellung zurück. Napoleon hielt ihn sehr hoch und ernannte ihn zum Grafen und Großoffizier der Ehrenlegion. Nach der Rückkehr Napoleons von Elba trat er als Minister wieder in den Staatsrat und verwaltete mit Cambacérès die Justiz. Als Abgeordneter betrieb er nach der Schlacht von Waterloo in der Kammer die Anerkennung Napoleons II. als Kaiser und übernahm dann in der Regierungskommission die Justiz. Nach der zweiten Restauration wurde er nach Nancy verwiesen, dort verhaftet und von den Russen nach Deutschland geschafft, wo er sich in Halberstadt, dann in Frankfurt a.M. aufhalten mußte. Erst 1819 durfte er zurückkehren, lebte fortan zurückgezogen und starb 4. Febr. 1840 zu Paris. Im J. 1799 veröffentlichte B. «Essai sur les causes qui en 1649 amenèrent en Angleterre l'établissement de la république» (Par. 1798), der ungemeine Verbreitung erhielt und die Gemüter wesentlich auf die Revolution vom 18. Brumaire vorbereitete. In der Verbannung schrieb er «Tableau politique des règnes de Charles II et de Jacques II» (2 Bde., Haag 1818: 2. Aufl., Par. 1622): außerdem mit andern «Bourrienne er ses erreurs volontaires et involontaires» (2 Bde., Par. 1830; deutsch, 2 Bde.,

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 371.