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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Canstein - Cantal

Brüssel, wo ihn die belg. Regierung mit der Errichtung eines Cholerahospitals in Houlay beauftragte. Nachdem er fünf Jahre als praktischer Arzt in Brüssel gewirkt hatte, kehrte er in das Vaterland zurück, wo er 1838 zum Gerichtsarzt und Mitglied des Kreis-Medizinalausschusses zu Ansbach, 1843 zum Professor der mediz. Klinik und Direktor des Krankenhauses in Erlangen ernannt ward. Hier starb er 10. März 1850. Von C.s wissenschaftlichen Arbeiten ist, außer den Monographien über die Choleraepidemie, die Brightsche Krankheit und die Krankheiten des Greisenalters, besonders "Die specielle Pathologie und Therapie vom klinischen Standpunkte" (4 Bde., Erlangen 1841 - 42; 3. Aufl., bearbeitet von Henoch, 3 Bde., 1854 - 56) hervorzuheben. Ein dauerndes Verdienst um die mediz. Wissenschaften erwarb er sich durch den "Jahresbericht über die Fortschritte der gesamten Medizin" (Erlangen 1842 fg.; Würzb. 1851 - 65; fortgesetzt von Virchow und Hirsch, Berl. 1866 fg.).

Canstein, Karl Hildebrand, Freiherr von, Stifter der Cansteinschen Bibelanstalt (s. d.), geb. 4. Aug. 1667 auf dem Gute Lindenberg bei Fürstenwalde, studierte in Frankfurt a. O. die Rechte und wurde 1689 von Kurfürst Friedrich III. zum Kammerjunker ernannt. Nachdem er bald seinen Abschied genommen hatte, kämpfte er 1692 als Freiwilliger bei den brandenb. Truppen in Flandern gegen die Franzosen. Während einer schweren Krankheit wurde er für die pietistischen Anschauungen gewonnen und zog sich nun ins Privatleben nach Berlin zurück, wo er mit Spener und durch diesen mit A. H. Francke zu Halle bekannt wurde. Für die Hauptforderung dieser beiden Theologen, daß, um echt religiöse Gemüter zu erziehen, die Bibel in den Mittelpunkt des christl. Lebens treten müsse, begeisterte sich auch C.; sein Wunsch war, den Ärmern die Anschaffung der Bibel zu erleichtern und zu diesem Zwecke eine Ausgabe mit stehenden Lettern zu möglichst geringem Preise herzustellen. C. selbst spendete eine bedeutende Summe, die durch Beiträge anderer auf über 11000 Thlr. stieg. So kam das Unternehmen 1712 in Gang. Nach dem Tode C.s (19. Aug. 1719 in Berlin) wurde die von ihm noch testamentarisch bedachte Anstalt mit den Franckeschen Stiftungen (s. d.) in Halle verbunden. C. schrieb u. a. "Harmonie und Auslegung der vier Evangelisten" (2 Tle., Halle 1727 - 34). - Vgl. Plath, K. H. Freih. von C. (Halle 1861).

Cansteinsche Bibelanstalt, benannt nach Freiherrn K. H. von Canstein (s. d.), begann ihre Thätigkeit 1712 mit Ausgabe des Neuen Testaments, gab 1713 die ganze Bibel heraus, erreichte aber erst nach der Vereinigung mit den Franckeschen Stiftungen (s. d.) in Halle ihre Hauptblüte. Bereits 1719 - 35 erschienen 37 Ausgaben des Neuen Testaments, 21 der Großoktavbibeln, 35 der Handbibel; doch kommt der Name C. B. auf den Ausgaben erst seit 1775 vor. Heute, wo die Anstalt bedeutend vergrößert ist, werden jährlich etwa 50000 Vollbibeln ausgegeben. Die Bibelverbreitung von 1712 bis 1890 beträgt rund 6750000 Bibeln und Neue Testamente, darunter reichlich 100000 in böhm., poln., litauischer, niederlausitzisch-wend. Sprache. Der Ruf der C. B. liegt aber nicht bloß in der Bibelverbreitung begründet, sondern auch darin, daß die Anstalt für die zeitgemäße Fortentwicklung der Lutherbibel, mit Beibehaltung der deutsch-volkstümlichen Gestalt, Sorge trägt. Der Cansteinsche Text liegt auch der großen Bibelrevision zu Grunde, die von der C. B. durch belangreiche Vorarbeiten angeregt und eingeleitet, später einen öffentlichen Charakter genommen und nach vollen 30 Jahren ihren Abschluß erreicht hat. Die revidierte Bibel der C. B. erschien 1892. Vorsteher der Anstalt ist der jedesmalige Direktor der Franckeschen Stiftungen. - Vgl. Niemeyer, Geschichte der C. B. (Halle 1827); Bertram, Geschichte der C. B. (ebd. 1863); Kramer, A. H. Francke (2 Tle., ebd. 1880 - 82).

^[Spaltenwechsel]

Cant (engl., spr. kännt), Jargon, Rotwelsch; salbungsvolle Heuchelei (s. auch Slang).

Cantabĭle (ital., "sangbar") bezeichnet im allgemeinen das Leichtfaßliche, Fließende einer Melodie, wie es der Menschenstimme vorzugsweise zusagt, im Gegensatz zum Passagenwerk und der figurierten Ausführung, die sich mehr für Instrumente eignet oder doch diesen nachgebildet ist. Man bezeichnet deshalb auch ganze Stücke, die durch eine sangbare Melodie getragen werden, als C. Die Hauptstimme solcher C. nennt man Kantilene.

Cantăbrer, ein Gebirgsvolk des alten Spanien, iber. Stammes, das etwa in der heutigen Provinz Santander und Teilen der östl., westl. und südl. angrenzenden Provinzen am Biscayischen Meerbusen, der nach ihnen auch das Cantabrische Meer hieß, wohnhaft war. Sie werden als ein wenig kultiviertes Volk von rauhen Sitten geschildert. Ihre heldenmütige Tapferkeit zeigten sie besonders in den Kriegen gegen die Römer. Da die C. die unterworfenen Teile Spaniens immer aufs neue beunruhigten, ging Augustus 27 v. Chr. selbst nach Spanien, um sie niederzuwerfen. Der Krieg schien 25 v. Chr. beendigt, aber 24, 22 und 20 v. Chr. erfolgten neue Aufstände. Der letzte war der größte, wurde jedoch von Agrippa so kräftig niedergeworfen, daß seitdem der Widerstand der C. gebrochen war. Städte besaßen die C. nicht; Augustus legte an den Quellen des Ebro Juliobriga und (vermutlich in der Gegend des heutigen Santoña) Portus Victoriae an.

Cantābrisches Gebirge (span. Pirineos Cantábricos oder Océanicos, die 460 km lange westl. Fortsetzung der Pyrenäen, welche vom Quellgebiet der Bidassoa in Navarra, die Grenze gegen Leon und Altcastilien bildend, bis zum Kap Finisterre meist dem 43. Breitengrade folgt. Es bildet die Wasserscheide zwischen dem Biscayischen Meerbusen und dem Ebro und Duero, zerfällt in die Baskischen Berge, die Berge von Santander, das Asturische und das Galicische Gebirge und erreicht in den nebel- und wasserreichen Pirineos astúricos an der Grenze von Asturien und Leon seinen wildesten Charakter und die bedeutendsten Höhen, von denen einzelne in die Schneeregion emporragen, so die Peñas de Europa (2665 m) und die Peña Ubiña (2302 m) südwestlich von Oviedo. (S. Asturien.)

Cantābrisches Meer, s. Cantabrer.

Cantadour (provençalisch, spr. kangtaduhr), Straßen- und Bänkelsänger.

Cantagallo, Stadt in dem brasil. Staat Rio de Janeiro, an einem südl. Nebenfluß des Parahyba und an der Eisenbahn von Nictheroy nach Aldea da Petra, hat 3000 E., darunter viele Deutsche.

Cantaio, Handelsgewicht, s. Cantaro.

Cantal (spr. kangtáll), Departement in Südfrankreich, aus der südl. oder Ober-Auvergne gebildet, grenzt im N. an das Depart. Puy-de-Dôme, im O. an Haute-Loire, im SO. an Lozère, im S. an Aveyron, im W. an Lot und Corrèze, hat 5740,47 (nach Berechnung 5775) qkm, (1891) 239601 E.,

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