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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Congo; Congokonferenz

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Congo (Negerreich) - Congokonferenz.

Zahl von Handelstationen und 1885 zur Gründung des Congostaats (s. d.) führten, und durch die an den Ufern des Flusses sehr bald angelegten Missionsstationen. Vgl. Stanley, Durch den dunkeln Weltteil (deutsch, Leipz. 1878); Derselbe, Der C. und die Gründung des Congostaats (das. 1885); Johnstone, Der C., Reise von seiner Mündung bis Bolobo (deutsch, das. 1884).

Congo, ehemals mächtiges, jetzt ganz unbedeutendes Negerreich im westlichen Südafrika, am Südufer des untern Congostroms, durch die Beschlüsse der Congokonferenz 1884-85 Teil der portugiesischen Provinz Angola. Seine sehr unsichern Grenzen bilden im W. der Atlantische Ozean, im O. die Sierra de Crystal, Sierra de Salnitre (Salpeter), Sierra de Sal, im N. der Congostrom, im S. der Loje. Früher erstreckte sich das Reich C. auch auf das Nordufer des Congostroms und bestand aus einer Anzahl von mehr oder weniger unabhängigen Reichen, deren Haupt in dem eigentlichen C. residierte. Es umfaßte sämtliche Congovölker, die noch jetzt in den Landschaften Benguela, Angola, C. und Loango an der Westküste Afrikas bis hinauf zum Äquator wohnen (vgl. die Völkertafel "Afrikanische Völker", Fig. 13). Von ihrer zur westlichen Gruppe der Bantusprachen (s. Bantu) gehörigen Sprache gab schon 1659 Brusciotto in Rom eine Grammatik heraus. Das eigentliche C. in seinen obigen Grenzen wird von zahlreichen Flüssen bewässert, die teils nach N. dem Congofluß zuströmen (Kuilu, Lusu, Lundo), teils, nach W. eilend, in den Atlantischen Ozean fallen (Lelundo, Ambrizette, Mbrische, Loje), und ist von großer landschaftlicher Schönheit und Fruchtbarkeit. Doch sind seine Hilfsquellen fast gar nicht entwickelt, zumal seit der Bekanntschaft mit den Europäern die wenig begabten, aber friedliebenden und gastfreien Bewohner außer Jagd und Fischfang mit Vorliebe Handel treiben und die Bebauung des Bodens Frauen und Sklaven überlassen. Als der Portugiese Diego Cão mit Martin Behaim Ende 1484 den Congofluß und die anstoßende Küste entdeckte, zerfiel das Reich C. in sechs Landschaften: Sonho an der Congomündung, Bamba zwischen Ambrizette und Loje, Pemba zwischen beiden, und östlich von diesen vom S. bis zum Congoufer: Batta, Pango und Sundi. Noch mehrere andre Landschaften zählte man hinzu. Der Herrscher wohnte in Ambessi, nördlich von einem Nebenfluß des Lundo. Nachdem der König 1487 als Dom João da Sylva die christliche Taufe empfangen, wurden Missionäre von Portugal hierher gesandt, welche die hoch und gesund gelegene Stadt zu ihrem Hauptquartier machten und in São Salvador umtauften. Als sich die Herrschaft der Portugiesen weiter ausbreitete, beließen sie die Häuptlinge (Sova) in ihren Bezirken als Vorgesetzte derselben mit dem Titel Herzog, Graf, Marquis etc. Anfang des 16. Jahrh. war die ganze Bevölkerung nominell zum Christentum bekehrt, und São Salvador, das zum Hauptsitz der portugiesischen Macht geworden war, ohne aufzuhören, Residenz des Königs zu sein, erfüllte sich mit Kirchen, Klöstern, öffentlichen und privaten Gebäuden der immer zahlreicher werdenden Portugiesen, so daß es ein halb europäisches Aussehen gewann. Durch einen Einfall der Dschagga zerstört, wurde es von neuem und schöner aufgebaut und zählte bald 40,000 Einw. Als aber 1636 der König von C. die Landschaft Sonho für die geleistete Hilfe an Portugal abtrat, erkannte der Sova derselben diese Abmachung nicht an, und nach einem von dem König mit den Portugiesen gegen Sonho geführten Krieg erlangte nicht nur dieser seine völlige Unabhängigkeit, der König von C. sagte sich auch selber von Portugal los und zwang sämtliche Europäer, die Stadt zu verlassen, die seitdem schnell in Verfall geriet, so daß Bastian 1857 an ihrer Stelle nur Gruppen elender Hütten vorfand. Wie ehedem, lebt das Volk, nur mit Mütze und Schurz bekleidet, in Stroh- und Rohrhütten, deren mehrere ein Dorf (Libatta), in größerer Ausdehnung eine Stadt (Banza) bilden, in deren Mitte am Versammlungsort die geheiligte Ficus religiosa steht. Die Portugiesen, denen, wie allen Europäern, das Betreten des Reichs gänzlich verboten war, machten mehrere Versuche, dasselbe wiederzugewinnen, aber stets vergeblich. Übrigens wurde trotz des eingeführten Christentums, von dem man freilich am Ende des 18. Jahrh. kaum noch eine Spur entdecken konnte, in C. stets der ausgedehnteste Sklavenhandel betrieben. Vgl. Tams, Die portugiesischen Besitzungen in Südwestafrika (Hamb. 1845); Bastian, Ein Besuch in San Salvador (Brem. 1859); Derselbe, Die deutsche Expedition an der Loangoküste (Jena 1874); Duarta Lopez, The kingdom of C. (a. d. Portug., Lond. 1881).

Congokonferenz, eine auf Anregung des Fürsten Bismarck von den Regierungen Deutschlands und Frankreichs 1884 nach Berlin berufene Konferenz der Bevollmächtigten der genannten beiden Staaten sowie Österreich-Ungarns, Belgiens, Dänemarks, Spaniens, der Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritanniens, Italiens, der Niederlande, Portugals, Rußlands, Schweden-Norwegens und der Türkei, um eine Verständigung über folgende Grundsätze herbeizuführen: Handelsfreiheit in dem Becken und an den Mündungen des Congo, ferner Anwendung auf den Congo und den Niger derjenigen Prinzipien, welche von dem Wiener Kongreß in der Absicht, die Freiheit der Schiffahrt auf mehreren internationalen Flüssen zu sichern, angenommen und welche später auf die Donau angewandt wurden, endlich Feststellung der Formalitäten, welche zu beobachten sind, damit neue Besitzergreifungen an den Küsten von Afrika als effektive betrachtet werden.

Die Veranlassung zu diesem von Deutschland und Frankreich gethanen Schritt gaben die zwischen England und Portugal gepflogenen Verhandlungen und Abmachungen, wonach dem letztern der Besitz der Congomündung englischerseits zugestanden werden sollte, wenn dem englischen Handel dort eine bevorzugte Stellung eingeräumt werde, d. h. seine Einfuhren eine um 50 Proz. geringere Besteuerung erführen als die andrer Länder. Die Verhandlungen begannen im Herbst 1882 und waren trotz der Proteste der englischen Handelskammern 26. Febr. 1884 dem Abschluß nahe. Aber der Anstoß, welchen ihr Bekanntwerden bei Frankreich, Holland und namentlich bei Deutschland gab, verhinderte diesen Abschluß. Der deutsche Konsul in São Paolo de Loanda hatte auf die Gefahren, welche dem deutschen Handel drohten, aufmerksam gemacht, und von zahlreichen Handelskammern Deutschlands liefen Petitionen an den deutschen Reichskanzler ein, dahin zu wirken, daß die bisherigen Zustände am Congo erhalten blieben. Angesichts dieser Opposition mochte England den Vertrag nicht ratifizieren, welcher die Anerkennung der portugiesischen Oberhoheit über das Gebiet zwischen 5° 12' südl. Br. und Ambriz, also zu beiden Seiten des Congo, enthielt. Nun tauchte der Gedanke einer Konferenz auf. Indessen war dieser Gedanke nicht neu. Schon 1878 hatte Moynier bei der Versammlung des Institut de droit international es ausgesprochen, daß die

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