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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dekadenz – Dekanische Sprachen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Dekade'

reichs wurde D. die zehntägige Woche, der ganze Kalender Décadrier genannt (s. Kalender).

Dekadénz (frz.), s. Décadence.

Dekadik, Dekadisches System, s. Decimalsystem.

Dekagramm, 10 Gramm (s. d.).

Dekagynisch, s. Decagynus.

Dekalieren, durch Eintrocknen leichter werden (s. Calo).

Dekaliter, 10 Liter (s. d.).

Dekalkierpapier, Dekalkomanie, s. Abziehbilder.

Dekalog (grch.), s. Zehn Gebote.

Dekamĕron (Decamerone), s. Boccaccio.

Dekameter, 10 Meter (s. d.).

Dekan (lat. decanus [bei den röm. Heeren der spätern Zeit ein Führer von zehn Mann]; frz. (doyen; engl. dean), im kirchlichen Sprachgebrauch ursprünglich ein Aufseher von zehn Mönchen. Später wurde D. oder Dechant Bezeichnung für verschiedene kirchliche Würdenträger. In den Kollegiat- und Domkapiteln (s. d.) ist der D. oder Domdekan der zweite oder, wo kein Propst vorhanden ist, der erste Würdenträger; ihm liegt die Leitung und Beaufsichtigung des Kollegiums ob. In der kath. Weltgeistlichkeit heißen die Erzpriester (s. d.) häufig D., und zwar, zum Unterschiede von den Kapitelsdekanen, Landdekane oder Landdechanten (decani rurales). In Preußen erfolgt die Ernennung der D. frei durch den Bischof, in andern deutschen Staaten (Bayern) ist Anzeige an den Staat oder selbst Genehmigung des Staates (Württemberg, Baden, Hessen) vorgeschrieben: in Bayern, Württemberg und der Erzdiöcese Köln werden die D. vom Klerus gewählt. In der evangelischen Kirche führen den Titel D. in manchen Gegenden die Superintendenten (s. d.). – An den Universitäten sind die D. die Vorsteher der Fakultäten, unter deren ordentlichen Professoren das Dekanat abzuwechseln pflegt.

Dekan (verderbt aus Dăkhăn, Hochland in Ostindien (s. d.).

Dekanat, Amt und Würde, auch der Amtsbezirk eines Dekans (s. d.).

Dekándrisch, s. Decandrus.

Dekanische Sprachen, die Sprachen der Völker, die das Dekan bewohnen. Sie sind von den arischen Sanskritsprachen völlig verschieden, haben aber schon in alter Zeit mancherlei Einfluß auf diese geübt, einerseits durch Abgabe von Lehnwörtern, andererseits durch Änderung des Lautbestandes. Freilich haben die südind. Kulturidiome wiederum zahlreiche Sanskritentlehnungen in lexikalischer Hinsicht auszuweisen. Die Sprachen des Dekans zerfallen in die dravidischen und die kolarischen Sprachen. Die Unterscheidung beider ist jungen Datums. Ob Zusammenhänge vorhanden sind, ist noch nicht zu entscheiden, da eine Reihe von Sprachen wilder Völker, welche gewöhnlich zu den Dravida gerechnet werden, noch nicht genügend bekannt ist. Alle Versuche aber, den dravidischen Sprachstamm mit den arischen oder turaniscben oder andern Sprachen in verwandtschaftlichen Zusammenhang zu bringen, müssen als verfehlt betrachtet werden. Dagegen ergiebt sich als Thatsache, daß er früher weiter über Indien verbreitet gewesen ist, daß unter den schwarzen Urbewohnern der ältesten Litteraturdenkmäler der Arier nur entweder dravidische oder kolarische Völker gemeint sein können. Das in Belutschistan vereinzelt stehende, vom ältesten Dravidisch abgezweigte Brahui (s. d.) ist im Norden der einzige Nest dieser Sprachfamilie. Die vordringende Sanskritisierung hat manche der D. S. stark beeinflußt, und die Berührung mit der Sanskritlitteratur und die daraus sich entwickelnde grammatische Schulung hat eine Reihe von Kultursprachen geschaffen, während andere niedern Rassen angehörende Sprachen, schriftlos bleibend, sich eigenartig entwickelt haben. Hierher werden die Sprachen der wilden Stämme gerechnet: die der Gond (s. d.), der Kondh (s. d.), der Oráon (Grammatik von Flex, Kalkutta 1874), der Maler (genannt Maltó, Grammatik von Droese, Agra 1884; Rajmaháli Primer, ebd. 1886). Als Kultursprachen sind nach dem Grade der Verwandtschaft unter sich zu nennen:

  • 1) Das Tamil (s. d.) oder Malabarische auf der Koromandelküste bis Komorin und landeinwärts bis Mangalur und Nordceylon, von 15 Mill. gesprochen.
  • 2) Das damit eng verwandte Malajalam (s. d.) auf der Malabarküste (4 Mill.).
  • 3) Die Kanaresische Sprache (s. d.), von 9 Mill. im Karnatak bis Maisur und nördlich bis nach Südmaratha gesprochen, mit mehrern altverwandten Schwestersprachen, dem Kodagu (s. d.) und dem sehr eigenartig gebildeten Tulu (s. d.). Auch das rohe Idiom der Toda (s. d.) ist dem Kanaresischen beizuzählen, sowie die Dialekte der Badagar und Kotar.
  • 4) Das Telugu (s. d., 10 Mill.), nördlich von Madras bis über die Godawari hinaus, landeinwärts bis Haidarabad. –

Charakter des Sprachstammes: Die D. S. sind agglutinierend wie die turanischen, d. h. sie bilden die Beugungen mit einer großen Zahl von Suffixen, welche meist noch selbständige Wörter sind. Alle haben beim Verb eine negative Form von sehr einfacher, alter Bildung. Die D. S. ersetzen das Präsens, viele Nebentempora und das Passiv durch Hilfszeitwörter (letzteres durch «essen» oder «leiden»), die Temporalsätze und Relativsätze durch Participien. Das Relativ fehlt. Die Vokalharmonie des Telugu ist eine rückläufige und von der der turanischen Sprachen grundsätzlich verschieden. – Vgl. Caldwell, A comparative grammar of the Dravidian or South Indian family of languages (Lond. 1875); Wilson, A descriptive Catalogue of the Mackenzie Collection (2 Bde., Kalkutta 1828). Im allgemeinen vgl. Campbell, Specimens of language of India (ebd. 1874); R. N. Cust, Sketch of the modern languages of the East India (Lond. 1878); F. Müller, Grundriß der Sprachwissenschaft, III (Wien 1884); Volkslieder in engl. Umdichtung: Gover, Folksongs of South-India (Madras 1872). S. auch die Litteratur unter den einzelnen Sprachen. – Die Alphabete der südind. Sprachen sind aus den nordindischen entwickelt und dem Lautbestande angepaßt. Zahlreiche Schenkungsurkunden auf Kupferplatten (cásana) der alten Könige geben ein gutes Bild der Entwicklung. Die Teluguschrift des 6. Jahrh. ist der Stamm der kambodschanischen und javan. Alphabete geworden. Einen großen Einfluß auf die Form der Schriften (runde, feine Züge) hat das Schreibmaterial gehabt: Palmblätter und eiserne Griffel. Heute sind zwei Haupttypen im Gebrauch:

  • 1) Grantha, die Malajalamschrift und die sehr einfache Tamilschrift umfassend;
  • 2) die Telugu- und die kanaresische Schrift, welch letztere die Missionare auch dem Tulu und Kodagu angepaßt haben. – Vgl. Burnell, Elements of South-Indian Palæography (neue Aufl., Lond. 1879).

Die kolarischen Sprachen sind ebenfalls agglutinierend, haben aber die Fähigkeit, bei der 1. Per-