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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Derg - Derkyllidas.

in dem oberösterreichischen Dorf Neuhofen von evangelischen Eltern bäuerlichen Standes, mit denen er nach dem Bauernaufstand 1625 seine Heimat verließ, trat erst in ein Reiterregiment des Herzogs Johann Ernst von Weimar, endlich als Offizier in schwedische Dienste. Er ward 1635 bereits Oberstleutnant und zeichnete sich unter Banér und Torstensson als Reiterführer aus. Auch zu diplomatischen Missionen nach Stockholm und an Rákóczy ward er verwendet. Bald ward er zum Generalmajor befördert. 1646 heiratete er eine reiche Erbtochter, Frl. v. Schaplow, und lebte nach dem Westfälischen Frieden auf deren Gut Gusow in der Mark Brandenburg, bis er 1654 als Generalmajor der Kavallerie in brandenburgische Dienste trat. In der Schlacht von Warschau 1656 nahm er das feste Kloster Priment im Sturm und ward dafür zum Generalleutnant, 20. Juni 1657 zum Wirklichen Geheimen Kriegsrat und zum Generalfeldzeugmeister ernannt. Auch auf dem Kriege gegen Schweden 1658-1659 begleitete er den Kurfürsten. 1670 erhielt er die Würde eines Generalfeldmarschalls und die Oberleitung der Reiterei u. Artillerie. An dem Feldzug 1672-1673 nahm er wegen eines Streits mit dem Fürsten von Anhalt nicht teil. 1674 in den Reichsfreiherrenstand erhoben, ging er als Gesandter nach Holland, um einen Allianz- und Subsidienvertrag abzuschließen, und begleitete darauf den Kurfürsten auf dem Feldzug im Elsaß. Während des Kriegs gegen die in die Mark Brandenburg eingebrochenen Schweden bemächtigte er sich 25. Juni 1675 mit außerordentlicher Kühnheit der von den Schweden besetzten Stadt Rathenow und bahnte dadurch dem Kurfürsten den Weg zu dem berühmten Sieg bei Fehrbellin 28. Juni 1675, bei dem er selbst tapfer mitkämpfte. 1677 leitete er die Belagerung von Stettin und ward nach dessen Eroberung Statthalter von Hinterpommern und dem Fürstentum Kammin und Obergouverneur aller pommerschen Festungen. Trotz seines vorgerückten Alters begleitete er den Kurfürsten in den neuen Feldzug, führte bei dem Angriff auf Rügen das Mitteltreffen und war unter den ersten, die 23. Sept. 1678 die Insel betraten. Nachdem er durch die Eroberung Stralsunds die Schweden vom deutschen Boden vertrieben, setzte er mit 9000. Mann und 30 Kanonen auf Schlitten über das Frische und Kurische Haff und schlug die Schweden bei Tilsit 1679. Er starb 4. Febr. 1695. Mit seinem ältesten Sohn, Friedrich, Freiherrn von D., der, 11. April 1663 zu Gusow geboren, 29. Jan. 1724 als Generalleutnant starb, erlosch sein Geschlecht; der jüngere war schon 1686 vor Ofen geblieben. Vgl. König, Authentische Nachrichten von dem Leben Derfflingers (Stendal 1786); Varnhagen v. Ense, Biographische Denkmale, Bd. 2 (3. Aufl., Leipz. 1872); Graf zur Lippe, D., biographische Skizze (Berl. 1875); Derselbe, D. (das. 1880); Fischer, Beiträge zur Geschichte des Feldmarschalls D. (das. 1884).

Derg (Lough D.), See auf der Grenze der irischen Grafschaften Tipperary und Galway, 35 km lang und 4-11 km breit, wird vom Shannon durchflossen. Im S. und W. umgeben ihn hohe Berge. An seinem untern Ende liegt Killaloe.

Deridieren (lat.), verlachen, verspotten.

Derime, s. v. w. Dirhem.

Derision (lat.), Verspottung; derisorisch, spöttisch.

Derivantia (lat.), ableitende Mittel, s. Ableitung.

Derivate (lat.), in der Chemie Verbindungen, welche aus einfachern dadurch entstehen, daß in diesen einzelne Atome oder Atomgruppen durch andre ersetzt werden. Trimethylamin N(CH3)3 ^[N(CH_{3})_{3}] ist ein Derivat des Ammoniaks NH3 ^[NH_{3}], in welchem die drei Atome Wasserstoff durch drei Methylgruppen CH3 ^[CH_{3}] ersetzt, substituiert, worden sind. Äthyläther C2H5.O.C2H5 ^[C_{2}H_{5}.O.C_{2}H_{5}] ist ein Derivat des Alkohols C2H5.OH ^[C_{2}H_{5}.OH] und entsteht, indem an die Stelle des Wasserstoffatoms der Hydroxylgruppe OH eine Äthylgruppe C2H5 ^[C_{2}H_{5}] tritt.

Derivation (lat.), Ab- oder Herleitung; im Geschützwesen s. v. w. Deviation (s. d.).

Derivationsrechnung (Derivationskalkül, Ableitungsrechnung), die von Lagrange und Arbogast herrührende Begründung der Differentialrechnung auf die Entwickelung der Funktionen in Potenzreihen nach dem Taylorschen Lehrsatz (s. d.), wodurch der Begriff des unendlich Kleinen vermieden werden sollte. Vgl. Arbogast, Du calcul des dérivations (Straßb. 1800); Lagrange, Théorie des fonctions analytiques (Par. 1797, zuletzt 1881); Derselbe, Leçons sur le calcul des fonctions (das. 1806, zuletzt 1884); Hindenburg, Der Derivationskalkül und die kombinatorische Analysis (Leipz. 1803).

Derivatōrisch (lat.), als ableitendes Mittel (Derivans) dienend.

Derivātum (lat.), ein "abgeleitetes" Wort, welches dadurch entsteht, daß man aus einem bestehenden Wort (in diesem Verhältnis Stammwort oder Primitivum genannt) durch Anhängung einer sogen. Ableitungssilbe oder Veränderung des Wurzelvokals ein neues bildet. Man unterscheidet dann wieder Denominativa, d. h. vom Nomen, und Verbalia, d. h. vom Zeitwort abgeleitete Wörter, z. B. Blümchen von Blume; tränken, Trunkenheit von trinken etc.

Derivieren (lat.), her-, ableiten.

Derivierte Funktion, abgeleitete Funktion, s. v. w. Differentialquotient; s. Differentialrechnung.

Derkěto (auch Atargatis oder schlechthin syrische Göttin genannt), Göttin der alten Kanaaniter, wie die Aschera und die Mylitta der Babylonier eine der Geburt und Fruchtbarkeit günstige Gottheit, die aus der Feuchte schaffende Naturkraft repräsentierend und daher auch in derselben Weise wie jene verehrt. Die Hauptstätten ihres Kultes waren zu Askalon und Hierapolis; auch zu Astaroth-Karnain in Palästina hatte D. einen Tempel, den Judas Makkabäus zerstörte. Herodot nennt sie Aphrodite Urania und hält ihren Tempel zu Askalon für den ältesten der Göttin, von wo aus die Phöniker ihren Kultus nach Cypern und der Insel Kythera brachten. Der Ziegenbock, die Tauben und die Fische waren der D. geweiht. Dargestellt wurde sie als Weib, deren Leib von den Schenkeln an in eingebogenen Fischschwanz (Symbol der fruchtbaren Naturkraft) auslief. Ihr Seitenstück war der Fischgott Dagon (s. d.). Nach griechischen Sagen galt D. für die Mutter der Semiramis, die sie mit einem syrischen Jüngling zeugte.

Derkyllĭdas (richtiger Derkellidas), Feldherr der Spartaner, war, nachdem er 411 v. Chr. Abydos und Lampsakos für Sparta gewonnen, eine Zeitlang Harmost in Abydos. 399 fiel er, die zwischen den Satrapen Pharnabazos und Tissaphernes obwaltende Spannung benutzend, in Äolis ein und nahm in wenigen Tagen eine Reihe von Städten. Nachdem er darauf einen Waffenstillstand mit Pharnabazos geschlossen, zog er im Frühling 398 nach der Thrakischen Chersones, deren Bewohner in Sparta Schutz gegen die räuberischen Einfälle der Thraker gesucht hatten, und führte quer über den Isthmus eine Schutzmauer auf. Nach der darauffolgenden Einnahme von Atarneus, Chios gegenüber, bekam er den Befehl, in Karien einzurücken und dort die Güter des Tissaphernes zu be-^[folgende Seite]