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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Doktrin; Doktrinär; Dokument; Dol; Dolabella; Dolcan; Dolce

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Doktrin - Dolce.

canon] Law und L. L. D., Doctor juris; M. D., Medicinae Doctor; D. M., Doctor of Music.

In Deutschland wird der Doktortitel in der Theologie fast nur ehrenhalber verliehen, wogegen sich allein in der theologischen Fakultät der Titel des Lizentiaten erhalten hat. Für Ärzte ist nicht durch das Gesetz, aber durch die Sitte der Doktortitel zum allgemeinen Erfordernis geworden. Im übrigen ist derselbe nur für die akademische Laufbahn als Vorbedingung erforderlich und verleiht für den Staatsdienst etc. keine Berechtigungen, wird aber von solchen, deren Lebensstellung sonst keinen wohlklingenden Titel mit sich führt, mit Vorliebe gesucht. Dies war im Lauf der Zeit namentlich in der philosophischen Fakultät mancher nichtpreußischer und zweier neupreußischer Universitäten der Fall, wo die Promotion in absentia (ohne Prüfung, lediglich auf eine eingesandte, oft nicht einmal gedruckte Dissertation hin) zulässig war. Auf Anregung des Professors Th. Mommsen sind in dem letzten Jahrzehnt die betreffenden Statuten allerwärts verschärft und seitdem streng aufrecht erhalten worden. Vgl. Baumgart, Grundsätze und Bedingungen der Erteilung der Doktorwürde bei allen Fakultäten der Universitäten des Deutschen Reichs (2. Aufl., Berl. 1885).

Doktrin (lat. Doctrina), Lehre, Wissenschaft; im praktischen Sinn die auf Verwirklichung eines Lehrsystems hinzielende Richtung etc., in der Staatswissenschaft die auf wissenschaftliche Grundlagen gestützte politische Denk- und Handlungsweise. Unter Doktrinarismus versteht man ein von vorgefaßter Meinung und Theorie ausgehendes, dem Bedürfnis der Wirklichkeit abgewandtes oder zuwiderlaufendes Verhalten. Vgl. Doktrinär.

Doktrinär (v. lat. doctrina, "Wissenschaft"), eigentlich einer, welcher seine Ansichten auf wissenschaftliche Prinzipien gründet, besonders aber jemand, der von der Wirklichkeit absieht und in unpraktischer Einseitigkeit die Konsequenzen der Theorie geltend zu machen sucht. Vorzüglich war der Ausdruck Doktrinäre in Frankreich während der Restauration die von der Hofpartei ausgegangene Bezeichnung einer Fraktion der parlamentarischen Opposition, welche der Politik der Willkür gegenüber eine wissenschaftliche Staatslehre geltend machen wollte. Diese Fraktion war aus den Salons des Herzogs von Broglie hervorgegangen und warb in der Kammer vornehmlich durch Royer-Collard, in der Presse durch Guizot vertreten. Alle diese Männer waren Anhänger des Throns und der Charte, die sie "rein und vollständig" erhalten wissen wollten, und Verteidiger der Regierung, solange diese das konstitutionelle Prinzip sich entwickeln ließ, bekämpften aber entschieden die Ausschreitungen der äußersten Rechten. Eine glänzende Rolle spielte sie 1819 unter dem Ministerium Decazes und unter der Herrschaft Karls X. Als nach der Julirevolution die Häupter derselben, Guizot und Broglie, in das erste Ministerium des Bürgerkönigs kamen, suchten die Doktrinäre den Strom der Revolution zu hemmen und Ruhe und Ordnung in die Gesellschaft zurückzuführen. So stimmten sie für die Erblichkeit der Pairswürde, für die ausschließliche Repräsentation des Besitzes und des Reichtums, für die Unterdrückung der Associationen, für die Septembergesetze, ja selbst für Beschränkung der Presse. Am 15. April 1837 aus dem Ministerium verdrängt und in die Minorität zurückgesunken, raffte sich der Doktrinarismus von neuem auf, verband sich Ende 1838 mit den übrigen politischen Parteien, zunächst um das Ministerium Molé zu stürzen, und stand schon Ende Oktober 1840 mit Guizot von neuem am Staatsruder, das er bis zum Sturz des Julithrons im Februar 1848 behauptete. Vgl. Frankreich, Geschichte.

Dokument (lat.), im weitern Sinn alles, was dazu dienen kann, die Wirklichkeit einer Thatsache zu erweisen; im engern Sinn s. v. w. Urkunde (s. d.), beweisendes Schriftstück; daher dokumentieren, beurkunden, rechtsgültig beweisen; dokumentarisch, urkundlich beglaubigt.

Dol (D. de Bretagne), Stadt im franz. Departement Ille-et-Vilaine, Arrondissement St. Malo, in ungesunder Lage, an der Eisenbahn von Rennes nach St. Malo, hat eine schöne gotische Kathedrale (zum größten Teil aus dem 13. Jahrh. stammend), zahlreiche alte, mit Arkaden versehene Häuser, ein Collège, Salzgewinnung, Torfgräberei, Vieh- und Getreidehandel und (1876) 3517 Einw. Dabei mitten in der durch Eindeichungen seit dem 12. Jahrh. dem Meer abgerungenen, fruchtbaren Ebene (Marais de D.) der Mont D., eine 65 m hohe Granitmasse, und ein 12 m hoher Dolmen (Champ dolent genannt), einer der beträchtlichsten der ganzen Bretagne. - D. (lat. Dola) entstand aus einem Schloß und Kloster, um welche nach und nach die Stadt erbaut ward. Bis 1790 bestand daselbst ein Bistum. Hier 21. Nov. 1793 Sieg der Vendéer über die Republikaner unter Westermann und Marceau.

Dolabella, Publius Cornelius, Schwiegersohn Ciceros, dessen Tochter Tullia er zur Frau hatte, schloß sich, durch ein ausschweifendes Leben (wegen dessen sich später Tullia von ihm trennte) tief in Schulden geraten, im Bürgerkrieg an Cäsar an und trat als Volkstribun 47 v. Chr. in Cäsars Abwesenheit mit einem Antrag auf Erlaß der Schulden auf, was zu ernstlichen Unruhen führte. Cäsar gewährte ihm aber nach seiner Rückkehr aus dem alexandrinischen Krieg Verzeihung, und D. war im afrikanischen und spanischen Krieg sein Begleiter. Nach Cäsars Ermordung bemächtigte er sich des Konsulats und näherte sich eine Zeitlang der Senatspartei, wurde aber von seinem Mitkonsul M. Antonius bald durch Geld und die Übertragung der Provinz Syrien von ihr abgezogen. D. traf in Kleinasien den vom Senat dahin abgesandten Prokonsul Gajus Trebonius, überfiel ihn in Smyrna und ließ ihn töten, weshalb er vom Senat für einen Feind des Vaterlandes erklärt wurde. Er führte dann Krieg gegen Gajus Cassius, dem er die Provinz. Syrien entreißen wollte, wurde aber in Laodikeia eingeschlossen und ließ sich, als die Stadt dem Sieger in die Hände fiel, 43 v. Chr. von einem seiner Soldaten töten.

Dolcan (Dulcan, Dulzain, Dolce), alte Flötenstimme in der Orgel (zu 4 und 8 Fuß), an der Mündung weiter als unten, mit wenig Luftzufluß; nicht mit Dolcian (s. d.) zu verwechseln.

Dolce (auch con dolcezza, ital., spr. doltsche-), musikal. Vortragsbezeichnung, s. v. w. sanft, lieblich. Dolcissimo, möglichst weich und zart.

Dolce (spr. dóltsche), 1) Lodovico, ital. Dichter und Gelehrter, geb. 1508 zu Venedig, starb um 1566. Er war außerordentlich fruchtbar und versuchte sich in allen möglichen Gattungen, ohne sich in einer auszuzeichnen. Er hat 71 verschiedene Werke hinterlassen, von welchen das Epos "Le prime imprese d'Orlando" in 25 Gesängen (Vened. 1572) das beste ist, aber erst nach seinem Tod erschien. Aus dem Cyklus des Amadis gab er "Palmerino d'Oliva" in 32 Gesängen (Vened. 1561) und "Primaleone figlinulo del re Palmerino" in 39 Gesängen (das. 1562) heraus. Selbst die Dichtungen des Altertums mußten sich ro-^[folgende Seite]