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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dokimasie; Dokimastik; Dokkum; Doktor

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Dokimasie - Doktor.

zierte Ansicht hegten, daß, weil die Materie vom Bösen sei, alles Körperliche an Christus nur Schein, Christi Leben eine fortwährende Theophanie, sein Tod aber eine Art von optischer Täuschung gewesen sei. Als D. gelten demnach die Simonianer, Valentinianer, Basilidianer, Marcioniten, Ophiten, Bardesaner, Manichäer, später auch die Priscillianisten, Bogomilen, Katharer.

Dokimasie (griech., "Prüfung"), bei den Athenern die Untersuchung, welche die Befugnis eines Bürgers zur Ausübung öffentlicher Rechte oder Funktionen darthun sollte. Bei der Prüfung der Jünglinge, die unter die Epheben oder die Männer aufgenommen werden sollten, mußte vor den Demoten, d. h. den Gemeindemitgliedern, bewiesen werden, daß der junge Mann von Bürgern abstamme und zwar auf väterlicher und mütterlicher Seite, daß er in eine Phratrie und Phyle eingeschrieben, und daß nichts vorgekommen sei, was ihn des Bürgerrechts unwürdig mache. Er wurde alsdann in das Gemeindebuch eingetragen, galt für majorenn, erhielt die Verwaltung seines Vermögens, wenn dieses von Vormündern verwaltet ward, und hatte alle Rechte und Pflichten eines vollgültigen Bürgers, soweit nicht die Gesetze noch genauere Bestimmungen enthielten. Die Prüfung der Reiter, welche vor dem Rat und dem Strategen stattfand, bezog sich auf die Tauglichkeit von Roß und Mann zum Kriegsdienst. Wer sich dieser Untersuchung entzog, wurde mit Atimie, d. h. Entziehung des vollen Bürgerrechts, und Ausstoßung aus dem Reiterdienst bestraft. Die Prüfung der Invaliden, welche innerhalb dreier Monate nach der Verstümmelung des Körpers im Kriegsdienst stattfand, geschah vor dem Rat, und im Fall sie befriedigend ausfiel, erhielt der Invalide ein Jahrgeld vom Staate. Die Prüfung der Beamten bezog sich ohne Unterschied auf jeden, welcher im Namen des Staats handelte, selbst auf den Rat der Fünfhundert. Vorzugsweise wird die D. der Archonten erwähnt, weil bei diesen höchsten Beamten es von der größten Wichtigkeit war, daß sich kein Unbefugter unter sie drängte. Es kam hierbei in Betracht, ob einer das volle Bürgerrecht habe und dieses durch keine Atimie geschmälert sei, ob seine Eltern und Großeltern Bürger gewesen seien, ob er sittlich gelebt, die Feldzüge mitgemacht habe und das Vermögen besitze, welches die Gesetze für die Verwaltung eines bestimmten Amtes festsetzten. Auch die Redner in der Volksversammlung wurden vor ihrem Auftreten auf Anzeige einer D. unterworfen, ob sie nicht die bürgerlichen Ehrenrechte verloren oder durch eine ehrenwidrige Handlung verwirkt hätten, und durften im Fall der Bejahung nicht als Redner auftreten.

Dokimastik (griech.), s. v. w. Probierkunst; Dokimastikon, Probe-, Prüfungsarbeit.

Dokkum, Stadt, s. Dockum.

Doktor (lat. Doctor, "Lehrer"), bei den Alten als allgemeine Bezeichnung gebraucht; heute besondere Bezeichnung einer akademischen Würde. Im Mittelalter, seit dem 12. Jahrh., kam das Wort (mit besonderm Epitheton) als Ehrentitel für Gelehrte auf. So hieß z. B. Doctor angelicus Thomas von Aquino; Doctor christianissimus Johannes von Gerson; Doctor evangelicus John Wiclef; Doctor exstaticus Johannes Ruysbroek; Doctor fundatissimus Ägidius Colonna; Doctor illuminatus Raimundus Lullus; Doctor invincibilis (singularis) Wilh. von Occam; Doctor irrefragabilis Alexander von Hales; Doctor mellifluus Bernhard von Clairvaux; Doctor mirabilis Roger Bacon; Doctor palatinus Peter Abälard; Doctor profundus Thomas von Bradwardina; Doctor resolutissimus Durandus von St.-Pourçain; Doctor seraphicus Johann Bonaventura; Doctor subtilis Duns Scotus; Doctor universalis Alanus ab Insulis (von Lille) und Thomas von Aquino. Doctor ist in der katholischen Kirche auch ein Ehrentitel der Kirchenväter (Doctores ecclesiae); Doctores concilii, auf den großen Kirchenversammlungen die Gelehrten (Doktoren), welche als Beisitzer nur eine konsultative Stimme hatten. Doctores gemarici sind die jüdischen Gelehrten, welche in der Gemara, dagegen Doctores mischniaci, diejenigen, welche in der Mischna erwähnt werden; beide heißen Doctores thalmudiaci. Im Volksmund ist D. der gebräuchliche Ausdruck für Arzt.

Zu einer akademischen Würde wurde das Doktorat an der Universität zu Bologna gestempelt, wo um 1130 im Auftrag des Kaisers die ersten Doctores legum (Gesetzeslehrer) ernannt wurden. Bald darauf erteilten auch die Päpste den Universitäten das Recht, Doctores canonum et decretalium (Lehrer des kanonischen Rechts) zu ernennen, später schmolzen beide Titel in den einen: Doctor utriusque juris (D. beider Rechte) zusammen. Nach diesem Vorgang sollen zuerst 1231 zu Paris Doktoren der Theologie, dann auch Doktoren der Medizin, der Physik, der Grammatik, der Logik a. a. ernannt worden sein. Nur diejenigen, welche bereits Bakkalaureen und Lizentiaten geworden waren, gelangten zu dieser höchsten Würde. Die Titel D. und Magister wurden anfangs oft als gleichbedeutend gebraucht; allmählich (16. Jahrh.) blieb dieser der Artisten- oder philosophischen Fakultät, jener den drei sogen. obern Fakultäten vorbehalten. In unserm Jahrhundert wird die Doktorwürde auch und der Zahl nach am meisten von der vierten Fakultät verliehen. In Deutschland ließen früher auch die Kaiser durch ihre Hofpfalzgrafen Doktordiplome mit angehängtem Siegel in einer Kapsel (bulla) erteilen; daher die Bezeichnung Doctores bullati zur Unterscheidung von den schulgerechten Doktoren (rite promoti). In der frühern Zeit nahmen die Doktoren als solche eine hohe Stufe in der gesellschaftlichen Rangordnung ein, sie rangierten nach dem Reichsgesetz vor den bloß Adligen und waren den Rittern gleichgestellt. - Zur Erlangung der Doktorwürde ist in der Regel die Ausarbeitung einer Dissertation (s. d.) und die Ablegung einer Prüfung auf dem wissenschaftlichen Gebiet, für welches das Doktorat erteilt werden soll, erforderlich. Die Doktordisputation ist neuerdings mehr zur Förmlichkeit herabgesunken. Andre Gebräuche, wie die Verleihung des Doktorhuts, sind ganz abgekommen. Die ganze Förmlichkeit beschränkt sich jetzt fast nur noch auf eine kurze Anrede des Dekans, einen Handschlag und die Ausfertigung einer Urkunde (Doktordiplom) über die erteilte Würde. Für besondere Verdienste um die Wissenschaft wird die Doktorwürde, namentlich bei größern akademischen Festen (Jubiläen etc.), auch ohne vorangegangene Prüfung honoris causa ("ehrenhalber") erteilt. Auch einzelne hervorragende Frauen sind von jeher mit dem Doktortitel bedacht worden. Die heutigen Bestrebungen, den Frauen allgemein die akademischen Würden zugänglich zu machen, haben bis jetzt nur in einer geringen Anzahl von Fällen Erfolg gehabt. In Frankreich ist der Doktortitel wenig im Gebrauch; hohes Ansehen behauptet er in England, wo auch die beiden untern Stufen des Bakkalaureats und der Lizenz sich erhalten haben. Die in England gebräuchlichen Abkürzungen, welche dem Namen regelmäßig nachgestellt werden, sind: D. D., Doctor of Divinity, D. der Theologie; D. [C.] L., Doctor of [civil oder