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Exegeten – Exekutive
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Exegese'
Wege. Trotzdem bezeichnen die Auslegungen eines Luther, Melanchthon, Calvin und Beza den Anfang einer neuen Periode in der Geschichte der E. Matthias Flacius
stellte in seiner «Clavis Scripturae Sacrae» (1567) zuerst die neuen hermeneutischen Grundsätze zusammen; Glassius und Buxtorf
machten sich um Erforschung der biblischen Sprache verdient. Allerdings führte zuerst die überhandnehmende Orthodoxie, welche auch die Schriftforschung namentlich
in den sog. Beweisstellen für dogmatische Sätze an eine exegetische Tradition band (orthodoxe E.), danach der nur auf Erbaulichkeit der Auslegung sehende
Pietismus einen neuen Stillstand im Ausbaue der E. herbei; desto größer waren aber die Fortschritte, die sie seit Mitte des 18. Jahrh. machte, besonders nachdem
Joh. Aug. Ernesti und J. Sal. Semler tüchtige Grundsätze über Hermeneutik aufgestellt hatten.
Aus einer Verbindung der neuern philol. Grundsätze mit den Ergebnissen der histor. Bibelkritik ging die neuere, grammatisch-historische E. hervor. Außer den
lexikographischen und grammatischen Arbeiten von Gesenius, Ewald u.a. für das Alte, von Winer, Buttmann, K. H. A. Lipsius, Wahl, Bretschneider, Wilibald Grimm für
das Neue Testament, sind namentlich zahlreiche Kommentare zu nennen, welche die biblischen Schriften nach den Grundsätzen der neuern E. behandeln: für das Alte
Testament von Rosenmüller, Hirzel, Gesenius, Ewald, Tuch, Umbreit, De Wette, Knobel, Hitzig, Olshausen, Camphausen, Merx, Smend u.a.; für das Neue Testament von
Fritzsche, Lücke, Paulus, De Wette, Meyer, Lünemann, Theile, Rückert, Bleek, Holtzmann, Weiß, Holsten, Lipsius, Schmiedel, von Soden u.a. Auch die neuere
Entwicklung der histor. Kritik durch F. Chr. Baur und die sog. Tübinger Schule hat für die E. der neutestamentlichen Schriften reiche Früchte getragen. Im
Gegensatze zu dieser grammatisch-historischen E. kam namentlich seit der Reaktionszeit 1850 die sog. theologische E. wieder auf, eine Mischung orthodoxer und
erbaulicher Schriftauslegung. Vertreter dieser Richtung sind: Herm. Olshausen, Hengstenberg, Harleß, Delitzsch, Keil, Kurz, Hävernik, von Hofmann (in Erlangen),
Baumgarten, Luthardt, Auberlen, Köhler u.a. – Vgl. Reuß, Geschichte der heiligen Schriften Neuen Testaments (fünftes Buch; 6. Aufl., Braunschw. 1887); Diestel,
Geschichte des Alten Testaments in der christl. Kirche (Jena 1868); Immer, Hermeneutik des Neuen Testaments (Wittenb. 1873).
Exēgi monuméntum aere perennĭus, «ein Denkmal, dauernder als
Erz, habe ich errichtet», Citat aus Horaz' «Oden» (III, 30,1).
Exekrieren (lat.), verwünschen, verfluchen; Exekration, Verwünschung, Fluch;
exekrābel, fluchwürdig, abscheulich.
Exekutieren (lat.), ausführen, vollstrecken, besonders ein Urteil vollstrecken, einen Verbrecher hinrichten
(vgl. Exekution).
Exekution (lat.), im allgemeinen die Erzwingung einer geschuldeten Leistung (einer positiven oder negativen) auf rechtlich geordnetem
Wege. Sie kommt für das Privat- wie für das öffentliche Recht in Betracht. Betreffs des erstern Gebietes, also wegen der E. in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten,
s. Zwangsvollstreckung. Auf letzterm Gebiete ist zu unterscheiden zwischen E. im Strafprozesse,
↔ worunter insbesondere auch die Vollstreckung der Todesstrafe verstanden wird, E. im Verwaltungswege, d.h.
zur Erzwingung von Anordnungen der Verwaltungsbehörden, und E. im staatsrechtlichen Sinne. Wegen der beiden erstern E. s.
Vollstreckung der Strafurteile und Verwaltungszwang. Die letztere kann bei einem Staatenbund oder Bundesstaat derart
erforderlich werden, daß einzelne Glieder vom Ganzen zur Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtungen gegen das Ganze angehalten werden, was naturgemäß
durch militär. Mittel geschehen wird. Schon das ehemalige Deutsche Reich besaß eine (seit 1555 so genannte) Exekutionsordnung,
welche, gestützt auf die Einteilung des Reichs in Kreise und auf die Autorität des Reichskammergerichts, den Land- und Religionsfrieden im Reiche sichern sollte,
indes bei dem Übergewicht, welches die Landeshoheit bereits erlangt hatte, ihren Zweck nicht zu erfüllen vermochte. Auch der infolge des Pariser Friedens vom 30.
Mai 1814 begründete Deutsche Bund sah in der Bundesakte vom 8. Juni 1815 und in der Wiener Schlußakte vom 15. Mai 1820 (Art. 31 fg.) eine
Bundesexekution vor, welche indes an sich schwerfällig und, wie die Ereignisse bis zum J. 1866 gelehrt haben, hinsichtlich
ihrer Wirksamkeit zweifelhafter Natur war. Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871 hat zur Sicherstellung der den Einzelstaaten verfassungsmäßig
obliegenden Bundespflichten den Art. 19 aufgenommen. Darin ist bestimmt, daß, wenn Bundesglieder ihre Bundespflichten nicht erfüllen, sie dazu im Wege der E.
angehalten werden können, welche vom Bundesrate zu beschließen und vom Kaiser zu vollstrecken ist.
Exekutionssystem, im Gegensatz zu dem Abandonsystem (s. Abandon), welches durch Abandon des Schiffsvermögens oder der
Ladung, die Verhinderung der Exekution (Zwangsvollstreckung) ermöglicht, das Princip mancher Seerechte, nach welchem den Gläubigern des Reeders und der
Ladungsinteressenten auf Grund eines zu ihren Gunsten gefällten Urteils gestattet wird, eine normale Exekution in das Vermögen der Schuldner zu vollziehen, wenn
auch regelmäßig nur in einen beschränkten Teil des Vermögens (Schiffsvermögen, s. d.) oder zwar in das ganze Vermögen, aber nur bis zu einer
von vornherein festgesetzten Grenze. Die letztere Art der Beschränkung ist dem engl., die erstere dem deutschen, schwed. und norweg. Seerecht eigen.
Exekutīve, Exekutivgewalt oder
Vollstreckende Gewalt, der Gegensatz zur legislativen und zur richterlichen Gewalt nach der seit dem 18. Jahrh., namentlich
unter dem Einfluß von Montesquieu aufgekommenen Theorie von der Teilung der Gewalten im Staate. Diese Theorie hat lange Zeit die wissenschaftliche Auffassung des
Staates beherrscht, ist in viele Verfassungen, namentlich auch in die der nordamerik. Union, sowie in die belgische und von hier aus in die preußische
übergegangen und hat noch jetzt eine weite Verbreitung in den polit. Anschauungen der Menge. In der Wissenschaft ist sie überwunden; es ist von verschiedenen
Standpunkten aus, neuerdings besonders von Gerber und Laband, dargethan worden, daß diese Theorie mit dem Begriff und Wesen des Staates als einer organischen
Einheit im Widerspruch steht, daß sie logisch unhaltbar und praktisch unausführbar ist. Die Theorie von der Teilung der Gewalten war
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 463.