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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Exerzierknochen - Exhaustoren.

schübe ausgefüllt, und dieser stets gleichmäßig fortgesetzten Schulung ist wesentlich mit die gute Zucht zuzuschreiben, die das Heer gezeigt hat. Beim E. unterscheidet man das Detailexerzieren, die Ausbildung des einzelnen Mannes oder weniger zusammengestellter Leute, von dem E. geschlossener Abteilungen. Ersteres lehrt die genaue Ausführung der Griffe, Handhabung der Waffe (wohl zu unterscheiden vom "Gebrauch" der Waffe, dem Fechten und Schießen), ferner die Elementarbewegungen, Wendungen und Marsch im Gleichtritt (s. d.). Der Trupp bildet den Übergang zu taktisch formierten Abteilungen und bereitet das E. in der Kompanie, Eskadron und Batterie vor, in welchen die Übereinstimmung in Griffen und beim Marschieren, dann aber die Ausführung von Evolutionen geübt wird. Die Kompanie soll darin vollkommen sicher und im übrigen "so ausgebildet sein, daß sie stets in der Hand des Hauptmanns und in voller Aufmerksamkeit auf seine Befehle befähigt ist, auch das auszuführen, was vorher nicht besonders eingeübt war". Beim Bataillon und Kavallerieregiment ist die Ausführung von Evolutionen sowie das Zusammenwirken der räumlich getrennt stehenden Kompanien und Eskadrons, rasches Zusammen- und Auseinanderziehen nach allen Seiten hin Hauptgegenstand des Exerzierens. Bei den größern Verbänden, Regiment, Brigade, geht das E. über in die Ausführung von Evolutionen im Terrain nach einer untergelegten Gefechtsidee, die Führer der einzelnen Truppenkörper (Bataillon etc.) erhalten ihre Befehle durch Adjutanten oder führen ihre Truppen selbständig nach der gegebenen Disposition. Dieses E. im Terrain ist der Übergang zum Manövrieren, den taktischen Übungen gemischter Waffen (Infanterie, Kavallerie und Artillerie) nach Gefechtsideen. Das Einüben der Mannschaften findet statt auf Exerzierplätzen. Ein Bataillon braucht zur bloßen Aufstellung mit entwickelter Schützenlinie 320 m Tiefe und mindestens 250 m Breite für die Friedensstärke; eine Eskadron für die gewöhnlichen Bewegungen ebensoviel, zur Einübung der Attacke aber mindestens 1200 m Tiefe. Zur Ausbildung der einzelnen Leute und kleiner Abteilungen dienen bei schlechtem Wetter Exerzierhäuser oder Schuppen, für Truppen zu Pferde Reitbahnen. Petersburg besitzt ein Exerzierhaus, in dem sogar ein Kavallerieregiment exerzieren kann.

Exerzierreglement, in Österreich Abrichtungsreglement genannt, heißt die Vorschrift für die Ausbildung der Truppe im E. Jede Waffe hat ihr besonderes Reglement. Es gibt genaue Vorschriften für die Form, von denen abzuweichen verboten ist, und die jeder Mann in der Truppe so kennen muß, daß ihre richtige Ausführung auf Kommando unter allen Umständen gesichert ist, gleichsam zur zweiten Natur wird. Für die Anwendung der Formen gibt das Exerzierreglement nur Grundsätze; die für den jedesmaligen Fall richtige Form zu wählen, ist Sache des Führers. Der deutsch-französische Krieg von 1870/71 ist von tiefgreifendem Einfluß auf die Exerzierreglements aller Heere gewesen und hat deren Neubearbeitung zur Folge gehabt. Gegenwärtig (Ende 1884) gelten folgende Exerzierreglements: für die Infanterie in Deutschland und Italien von 1876, in Frankreich von 1875, Österreich 1880, Rußland 1881; für Kavallerie in Deutschland und Frankreich von 1876, Italien 1873, Österreich 1875-77, Rußland 1881.

Exerzierknochen, Verknöcherung in den rechten Schultermuskeln, welche durch das Anschlagen des Gewehrs in chronische Entzündung versetzt werden, kommt bei Soldaten hin und wieder vor und muß, wenn dadurch erhebliche Funktionsstörungen entstehen, durch Operation beseitigt werden. Eine ähnliche Verknöcherung findet sich bisweilen als Reitknochen bei Reitern im großen Zuziehermuskel der Oberschenkel.

Exerzierlager, s. v. w. Übungslager, s. Lager.

Exerziermeister, ehemals auch Drillmeister genannt, Offiziere oder Unteroffiziere, denen die Ausbildung der Rekruten oblag. Heute heißen E. Gefreite oder Maate der Marineartillerie, welche sich das Zeugnis hierfür auf dem Artillerieschulschiff erworben haben; Abzeichen ein rotes Chevron mit Granate darüber.

Exerzitation (lat.), Übung, gelehrte Untersuchung.

Exesion (lat.), allmähliche oberflächliche Zerstörung von Organteilen, besonders Knochen, durch Geschwürs- und andre Zerstörungsprozesse.

Ex est (lat.), es ist aus, vorbei.

Exeter, 1) Hauptstadt von Devonshire (England), am Ex, in anmutiger Gegend, ist Sitz eines Bischofs, hat eine große und prächtige Kathedrale ursprünglich normännischen Stils (1112), aber in ihrer jetzigen Gestalt gotisch aus der Zeit von 1280 bis 1370, mit brillanter, statuengeschmückter Westfassade und zwei als Kreuzarme dienenden nachnormännischen Türmen (im Innern die sogen. Minstrelgalerie, ein originelles Werk der Skulptur); außerdem zahlreiche andre Kirchen, Ruinen eines aus der Zeit vor der Eroberung stammenden Schlosses (Rougemont), an dessen Fuß die Northerhay genannten Anlagen liegen, ein 1593 erbautes Rathaus (Guildhall), einen Gerichtshof, eine Irrenanstalt und mit der Vorstadt St. Thomas (1881) 43,770 Einw. Früher war E. eine ansehnliche Fabrikstadt, jetzt ist es vorwiegend Handelsstadt. Ein 4 m tiefer Kanal (schon 1544 angelegt) verbindet es mit Topsham an der Mündung des Ex. Zum Hafen gehören (1884) 60 Seeschiffe von 8032 Ton. und 126 Fischerboote. Wert der Ausfuhr 1884: 5669 Pfd. Sterl., der Einfuhr 176,620 Pfd. Sterl. Unter den Bildungsanstalten der Stadt verdienen Beachtung: das anglikanische Priesterseminar, eine Hochschule für Damen, 2 Gymnasien und das großartig angelegte Albert-Museum mit Bibliothek und Kunstschule. E. ist das Isca Damnoniorum der Römer und hieß als Hauptstadt der Westsachsen Exancester. 1085 wurde es von Wilhelm dem Eroberer gestürmt. Seit dieser Zeit ist es mehrmals belagert worden, zuletzt 1646 vom parlamentarischen General Fairfax. -

2) Fabrikort im nordamerikan. Staat New Hampshire, am Squamscottfluß, 15 km südwestlich von Portsmouth, mit (1880) 3569 Einw., der 1781 gestifteten Phillips Academy und einem Lehrerinnenseminar.

Exeunt (lat.), sie gehen, treten ab; e. omnes, alle ab! (in englischen Theaterstücken). Vgl. Exit.

Exfoliation (lat.), Abblätterung, Zerstörung von gleichmäßigen, dünnen, oberflächlichen und flächenhaft ausgedehnten Schichten von Organen durch ulceröse Prozesse, Verwundungen etc.

Exfoliieren (lat.), sich abblättern, schieferig ablösen; exfoliativ, sich schieferig ablösend.

Exhalieren (lat.), aushauchen, ausduften; Exhalation, Aushauchung, Ausdünstung.

Exhaustion (lat.), Erschöpfung, Ermüdung.

Exhaustoren (lat., Aussauger, Saugmaschinen), mechan. Vorrichtungen zum Aussaugen luftförmiger Körper, z. B. der schlechten Luft (bösen Wetter) aus Bergwerken, der durch Ausdünstungen verunreinigten Luft aus Konzertsälen, Theatern etc.,