Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ferrasch; Ferrazzi; Ferré; Ferreira; Ferreira Borges; Ferreira de Vasconcellos; Ferren; Ferrera

162

Ferrasch - Ferrera.

Ferrasch (arab., wörtlich, "Teppichausbreiter"), in Persien die sehr zahlreichen Diener der Großen, die beim öffentlichen Erscheinen ihres Herrn mit aufgepflanzten Stäben in zwei Reihen vor demselben einherschreiten; speziell die 40 schwarzen Eunuchen, welche die Teppiche der Grabkapelle Mohammeds in Medina zu behüten haben. F.-Baschi (Oberhaupt der F.), oberster Kammerdiener des Schahs von Persien.

Ferrazzi, Giuseppe Jacopo, ital. Bibliograph und Schriftsteller, geb. 20. März 1813 zu Cartigliano bei Bassano, studierte in Vicenza Theologie, bekleidete eine Lehrerstelle zu Bassano, die ihm Radetzky 1849 wegen seiner patriotischen Gesinnung entzog, und widmete sich darauf mit großem Erfolg der geistlichen Beredsamkeit, bis ihm 1852 auch diese Thätigkeit von der österreichischen Regierung untersagt wurde. Nach der Einigung Italiens erhielt er eine Professur zu Bassano, die er noch jetzt bekleidet. Sein Hauptwerk ist das umfassende "Manuale Dantesco" (Bassano 1864-77, 5 Bde.). Von seinen übrigen Schriften seien genannt: "Di Bassano e dei Bassanesi illustri" (Bassano 1847); "Elogio storico di M. Zaccaria Briesto, arcivescovo di Udine" (das. 1852); "Antologia italiana" (Wien 1858-59, 2 Bde.); "Bibliografia Petrarchesca" (Bassano 1877); "Torquato Tasso. Studi biografici-critici-bibliografici" (das. 1880); "Bibliografia Ariostesca" (das. 1882). Auch eine Übersetzung Vergils mit Kommentar (Bassano 1853-55, 3 Bde.) hat F. veröffentlicht.

Ferré, Théophile Charles, Mitglied der Kommune von Paris, geb. 1845, beschäftigte sich frühzeitig mit Politik, schrieb Artikel in die kleinern Journale und hielt revolutionäre Reden in öffentlichen Versammlungen, was ihm mehrmals Verhaftung und Bestrafung zuzog. Während der Belagerung von Paris stellte er in den Klubs die radikalsten Anträge und nahm an den Umsturzversuchen der Sozialdemokraten 31. Okt. und 1. Nov. 1870 teil. Nach dem Aufstand vom 18. März 1871 wurde F., welcher an der Ermordung der Generale Lecomte und Thomas teilgenommen hatte, 26. März zum Mitglied der Kommune gewählt und war Sekretär derselben, sodann Mitglied des Ausschusses für allgemeine Sicherheit, Stellvertreter des Staatsanwalts und endlich Delegierter des Polizeiwesens. In den letzten Tagen der Kommune gab er den Befehl zu den Hinrichtungen der Geiseln, ließ 27. Mai die gefangenen Sträflinge mit Waffen versehen und durch dieselben eine große Anzahl von Gefangenen, darunter 70 Gendarmen, niedermetzeln und mehrere Gebäude anzünden. Am 14. Juli 1871 wurde er verhaftet, vom Kriegsgericht einstimmig zum Tod verurteilt und 28. Nov. erschossen.

Ferreira, Antonio, portug. Dichter, geb. 1528 zu Lissabon, studierte in Coimbra die Rechte, hauptsächlich aber die Dichter des klassischen Altertums und ahmte dieselben als der erste in portugiesischer Sprache nach. So ward er mit seinem Vorbild Sá de Miranda der Begründer der sogen. klassisch-vaterländischen Dichterschule von Coimbra und vervollkommte die schon von diesem mit Erfolg bearbeiteten Gattungen der Elegie, der Epistel und des Sonetts, wie er auch das Epithalamium, das Epigramm, die Ode und die Tragödie in die portugiesische Litteratur verpflanzte. Daneben hielt er zu Coimbra Vorlesungen über die Rechtswissenschaften. In seine Vaterstadt zurückgekehrt, ward er zum Rat des Obertribunals und zum königlichen Kammerherrn ernannt, starb aber schon 1569 an der Pest. Seine Gedichte: "Poemas lusitanos", die sich durch Tiefe, lebendigen Ausdruck und dichterische Begeisterung auszeichnen, erschienen von seinem Sohn Miguel Leite F. gesammelt (Lissab. 1598). Seine "Ignez de Castro" (im 2. Bd. dieser Sammlung), nach Trissinos "Sofonisba" die zweite regelmäßige Tragödie seit Wiederherstellung der Wissenschaften in Europa, wird noch jetzt von den Portugiesen geschätzt; von seinen Lustspielen: "Comedia do Bristo" und "Comedia do Cioso" (mit der Figur des Miles gloriosus; mit den Lustspielen des Sá de Miranda zusammen gedruckt, Lissab. 1622) gilt das zweite ("Der Eifersüchtige") für das älteste neueuropäische Charakterlustspiel. Es wurde 1825 von Musgrave ins Englische und 1835 von F. Denis im "Théâtre européen" ins Französische übersetzt. Seine sämtlichen Werke erschienen in erster Ausgabe zu Lissabon 1771 in 2 Bänden (wiederholt das. 1771, 1829 und 1875). Vgl. Castilho, A. F., poeta quinhentista (Madr. 1874, 3 Bde.).

Ferreira Borges, José, portug. Staatsmann und Jurist, geb. 6. Juni 1786 zu Oporto, ward nach beendigten Studien Advokat daselbst, später Syndikus an der Munizipalkammer. An der Verschwörung zum Sturz der Regentschaft sowie an der Revolution von 1820 hatte er bedeutenden Anteil, ward 1821 Deputierter in der Versammlung der Cortes und Sekretär, sodann Staatsrat, floh nach Aufhebung der neuen Verfassung 1823 nach England, kehrte infolge der konstitutionellen Charte Dom Pedros zurück, floh 1829, als seine Reaktion gegen Dom Miguel mißglückt, abermals, kehrte aber nach Dom Pedros Restauration wieder zurück und bekleidete bis 1836, wo ihn Erblindung zum Rücktritt nötigte, die Stelle eines Vorsitzenden im Handelsgericht. Er starb 14. Nov. 1838. Unter seinen Schriften verdient besonders der ebenso gründliche wie ausführliche "Codigo commercial portuguez" (Lissab. 1833) Erwähnung, dem Dom Pedro 18. Sept. 1833 gesetzliche Kraft für ganz Portugal verlieh.

Ferreira de Vasconcellos (spr. waskongsséllusch), Jorge, einer der ältesten dramatischen Dichter der Portugiesen, geboren zu Coimbra oder Monte mór o Velho, war Schreiber im Finanz- und Kolonialdepartement und starb 1585 in Lissabon. Seine Komödien: "Eufrosina" (geschrieben 1527; gedruckt Coimbra 1560, Lissab. 1786), "Ulyssipo" (geschrieben 1547; gedruckt das. 1616 u. 1787), "Aulegraphia" (das. 1619 u. 1787) sind etwas mühsam ausgeführte Sitten- und Charaktergemälde im klassischen Geschmack (F. gehörte zu den Nachahmern der spanischen "Celestina"), echt national und sprachlich wie kulturhistorisch von großem Interesse. Außerdem schrieb F. einen Ritterroman: "Triumpho de Sagramor" (Coimbra 1554), und ein "Memorial das poezas da segunda tavola redonda" (das. 1567; neue Ausg., Lissab. 1867).

Ferren, Flüssigkeitsmaß in Maskat, = 30 Liter.

Ferrera, der untere, dem Schams zu gelegene Teil des Avers (s. d.) im schweizer. Kanton Graubünden, eine Reihe wilder, waldbedeckter Felsschluchten und enger Thalkessel, aus denen der Averser Rhein hervorbricht, um dem Hinterrhein zuzueilen. Die 180 romanischen Bewohner der beiden kleinen Dörfer Inner-F. oder Canicul und Außer-F. nähren sich hauptsächlich von Alpenwirtschaft; früher wurde hier aber ansehnlicher Bergbau betrieben, wie verlassene Hüttenwerke und Hochöfen beweisen. Die Förderung von Eisen (daher der Name des Thals), auch von Silber und Kupfer war nicht unbeträchtlich. Auch wurde hier 1873 eine Anzahl von Thermen (34½° C.) von alkalischem Geschmack entdeckt.