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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ferreras; Ferrerius; Ferret, Col de; Ferretti; Ferri; Ferricyan; Ferricyankalium; Ferrières; Ferrigni

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Ferreras - Ferrigni.

Ferreras, Juan de, span. Geschichtschreiber, geb. 7. Juni 1652 zu Labañeza, ward Pfarrer in Madrid und Ratgeber des Kardinals Portocarrero, Beisitzer des Staatsrats und Oberbibliothekar. Seine Hauptthätigkeit aber gehörte dem Studium der vaterländischen Geschichte. Er starb 8. Juni 1735. Durch seine "Historia de España" (Madr. 1700-1727, 16 Bde.; neue Aufl. 1775-91, 17 Bde.; deutsch mit Anmerkungen und Fortsetzung bis 1648 von S. J. ^[Siegmund Jakob] Baumgarten, Halle 1754-72, 13 Bde.) machte er sich um die Aufhellung der Geschichte Spaniens bis 1598 sehr verdient. Noch sind zu erwähnen seine "Varias poesías" (Madr. 1726) u. a.

Ferrerius, Vincentius, geb. 1357 zu Valencia, trat 1374 in den Dominikanerorden und durchzog seit 1391 als Lehrer und Prediger einen großen Teil Frankreichs, worauf er Rat beim König von Aragonien und 1395 Magister sacri palatii am päpstlichen Hof zu Avignon ward; er unternahm seit 1397, oft von einer großen Geißlergemeinde begleitet, Bekehrungsreisen durch Spanien, Frankreich, Italien, Großbritannien und Irland. F. soll 8000 Sarazenen und 35,000 Juden bekehrt und über 100,000 Ketzer der Kirche wiedergewonnen haben; er starb 5. April 1419 zu Vannes in der Bretagne und ward 1455 kanonisiert; sein Tag ist der 5. April. Vgl. Heller, V. F. nach seinem Leben und Wirken (Berl. 1830).

Ferret, Col de (spr. ferrä), ein Hochalpenpaß zwischen Wallis und Piemont, 2492 m hoch, eine der Einsattelungen, welche die Penninischen Alpen von dem Montblanc trennen. Der Paß verbindet die beiden Val Ferret, das schweizerische, ein Seitenthal des Val d'Entremont (s. d.), und das piemontesische, eine Oberstufe des Val d'Aosta.

Ferretti, 1) Jacopo, ital. Operntextdichter, geb. 6. Juli 1784 zu Rom, wurde für die Rechtswissenschaft bestimmt, beschäftigte sich aber neben seinen Berufsarbeiten auch viel mit litterarischen Dingen und gründete unter anderm ein "Gabinetto letterario", worin sich die schriftstellerische Jugend Roms versammelte. 1812-13 lehrte er italienische Litteraturgeschichte im Collegio Romano; 1814 übernahm er ein Amt in der Salz- und Tabaksverwaltung. Seine Richtung als melodramatischer Dichter verdankt er seiner Verehrung für Metastasio, und seine Textbücher waren von den ersten Komponisten gesucht. Er schrieb für Rossini, Donizetti, Pacini, Ricci, Rossi u. a. Unter seinen über 40 Libretti befinden sich: "La Cenerentola", "Olivo e Pasquale", "Il Torquato", "Il nuovo Figaro", "Gli esposti", "I Pirati" etc. Auch als Improvisator war F. sehr beliebt sowie als Kritiker gefürchtet. Ein Band scherzhafter Gedichte verschaffte ihm den Ruf eines geistreichen Satirikers. F. war verheiratet mit Teresa Terziani, welche in den musikalischen Zirkeln Roms als bedeutende Dilettantin galt. Er starb im März 1852 in Rom.

2) Luigi, röm. Dialektdichter, geb. 26. Febr. 1836 zu Rom, studierte Mathematik und Mechanik und ist seit 1871 Inspektor der Stadtschulen in Rom. Er veröffentlichte: "La dottrinella" (Flor. 1877) und "Centoventi sonetti in dialetto romanesco" (das. 1878), Werke, die ihn als den bedeutendsten Dialektdichter des gegenwärtigen Italien erkennen lassen.

Ferri, Ciro, ital. Maler, geb. 1634 zu Rom, Schüler von Pietro da Cortona, vollendete nach des Meisters Abgang von Florenz dessen Fresken im Palazzo Pitti. Später kehrte er nach Rom zurück, wo er als Maler und Architekt thätig war. Er starb daselbst 1689. Seine Manier ist der des Cortona verwandt; rundliche Typen, oberflächliche Farbengebung und eine verwegene Hand charakterisieren ihn. Sein umfangreichstes Werk sind die biblischen Darstellungen in Santa Maria Maggiore zu Bergamo. Außerdem sind der heil. Ambrosius in Sant' Ambrogio zu Rom und die Kuppelmalereien in Sant' Agnese daselbst erwähnenswert, die Corbellini nach Ferris Tod vollendete.

Ferricyan (Ferridcyan) Fe2C12N12^[Fe<sub>2</sub>C<sub>12</sub>N<sub>12</sub>], im freien Zustand nicht bekanntes sechswertiges Radikal, das sich wie ein Halogen verhält und zahlreiche Verbindungen eingeht, von denen das rote Blutlaugensalz (Ferricyankalium) und Turnbulls Blau (s. Berliner Blau) am bekanntesten sind. Diese Verbindungen kann man auch als Doppelcyanide betrachten.

Ferricyankalium (Kaliumeisencyanid, rotes Blutlaugensalz, rotes Cyaneisenkalium) K6Fe2(CN)12^[K<sub>6</sub>Fe<sub>2</sub>(CN)<sub>12</sub>] entsteht bei Einwirkung oxydierender Substanzen auf Ferrocyankalium und wird dargestellt, indem man Chlor in eine Lösung von Ferrocyankalium leitet, bis Eisenchlorid nicht mehr blau gefällt, sondern nur noch braun gefärbt wird. Während der Operation neutralisiert man die sich bildende Salzsäure allmählich mit Kali, verdampft dann schnell bei Siedehitze und bringt zur Kristallisation. Man leitet auch das Chlor in ein mit gepulvertem Ferrocyankalium beschicktes rotierendes Faß, solange es noch absorbiert wird, und bringt das Produkt (Blaupulver) in den Handel oder kristallisiert es um. F. bildet wasserfreie, stark glänzende, tief dunkelrote Kristalle vom spez. Gew. 1,81, schmeckt zusammenziehend-salzig und gibt ein gelbes Pulver. 100 Teile Wasser lösen bei 10° 36 Teile, bei 100° 77,5 Teile, in Alkohol ist es nicht ganz unlöslich; die Lösung scheidet im Sonnenlicht einen blauen Körper ab und gibt Ferrocyankalium; von reduzierenden Substanzen wird es besonders in alkalischer Lösung leicht zersetzt und wirkt daher als kräftiges Oxydationsmittel. Aus Eisenoxydulsalzen fällt es einen blauen Niederschlag (Turnbulls Blau, s. Berliner Blau), während es die Lösungen von Eisenoxydsalzen nur braun färbt; verdünnte Säuren scheiden Ferricyanwasserstoffsäure ab, welche wie F. zusammengesetzt ist, aber an Stelle des Kaliums Wasserstoff enthält, also der Formel H6Fe2(CN)12^[H<sub>6</sub>Fe<sub>2</sub>(CN)<sub>12</sub>] entspricht. Sie kann in braunen Nadeln erhalten werden, ist leicht löslich in Wasser und Alkohol, reagiert stark sauer und bildet meist unlösliche Salze. F. dient zur Darstellung von Berliner Blau, zum Blaufärben von Wolle und als Ätzmittel (Mercers Liquor), um auf indigblau gefärbten Stoffen weiße Muster hervorzubringen, ferner zur Darstellung von Anilinschwarz und Anilinviolett, und um Blau- und Rotholzfarben lebhafter zu nüancieren. Das Ferricyanammonium (NH)6Fe2(CN)12^[(NH)<sub>6</sub>Fe<sub>2</sub>(CN)<sub>12</sub>] wird aus Ferrocyanammonium durch Einwirkung von Chlor und für technische Zwecke durch Zersetzung des aus Ferrocyankalium mit Eisenvitriol gefällten Niederschlags mittels Ammoniaks und Behandlung des Filtrats mit Chlor dargestellt. Es bildet schöne rubinrote Kristalle mit 6 Molekülen Kristallwasser und wird beim Zeugdruck mit Anilinschwarz benutzt. F. wurde von Gmelin entdeckt.

Ferrières (spr. ferriähr), Schloß beim gleichnamigen Dorf im franz. Departement Seine-et-Marne, Arrondissement Meaux, unfern Lagny, die prachtvolle Besitzung des Pariser Bankiers Rothschild, war vom 19. Sept. bis 6. Okt. 1870 Hauptquartier des Königs von Preußen. Hier fanden 19. und 20. Sept. 1870 resultatlose Friedensverhandlungen zwischen dem Grafen Bismarck und Jules Favre statt.

Ferrigni (spr. ferrinji), Piero Francesco Leopoldo Coccoluto (genannt Yorick), ital. Feuille-^[folgende Seite]