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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gürtelbahnen - Gußeisen

und Wolle, die 32 heilige Ellen lang sein mußte. Über den Leib- und Kriegsgürtel der Römer s. Cinctorium und Cingulum militare; über den G. der kath. Geistlichen s. Cingulum. Im Mittelalter bildete der G. ein hauptsächliches Stück des Frauenschmucks sowie der ritterlichen Kleidung (s. umstehende Fig. 1). Solange (in der Zeit vor dem 13. Jahrh.) die Kleider weit getragen wurden, war der G. eng und hatte den Zweck, das faltige Kleid um die Hüfte zusammenzuschnüren. Als aber die Kleider selbst anliegend, eng und geschnürt wurden, trug man den G. locker auf der Hüfte befestigt (s. Dupfing). Im 14. und 15. Jahrh. wurde er auch mit Schellen behängt (s. umstehende Fig. 2) und so von Herren und Frauen getragen (s. Dusing). In Frankreich und Burgund wurde im 15. Jahrh. der G. über der engen Cotte (s. Cotte-hardie) getragen, an ihm hingen dann verborgen die sog. «Geheimnisse der Dame», Nadelkissen, Messerchen, Geldbeutel. Zum Kostüm des 16. Jahrh. war der G. weniger notwendig. In dieser Zeit lag er wieder eng an und hatte bei den Frauen eine Tasche oder den Schlüsselbund zu tragen. – In der Heraldik zählt der G. oder die Binde zu den sog. Heroldsfiguren.

Gürtelbahnen, auch Ringbahnen genannt, Bahnen, die ein bestimmtes Gebiet, z. B. das Gebiet einer Stadt gürtel- oder ringförmig umschließen und Verbindungen der in das Gebiet einmündenden Hauptbahnen untereinander herstellen. Bekannte G. sind z. B. die Bodensee-Gürtelbahn (s. d.), die Pariser Gürtelbahn (s. Ceinture de Paris), die Berliner Ringbahn (s. Berliner Stadt- und Ringbahn) u. s. w.

Gürtelechsen (Zonurus), eine Gattung der Eidechsen (s. d.) und zwar aus der Ordnung der Kurzzüngler (s. d.), ausgezeichnet durch einen abgeflachten Kopf, mit großen Schildern bedeckte Stirn und Scheitel und einen mit Stachelschuppen gürtelartig besetzten Schwanz. Von mehrern nahe verwandten Arten, die das südl. und östl. Afrika sowie Madagaskar bewohnen, ist die bekannteste der Gürtelschweif (Zonurus cordylus Merrem), bis 25 cm lang, oben braunrot bis dunkelbraun, unten gelblichweiß mit orangegelbem Schwanz. Lebt in felsigen Gegenden Südafrikas.

Gürtelflechte oder Gürtelrose, s. Herpes.

Gürtellinsen, s. Zonenlinsen.

Gürtelmaus, s. Armadill.

Gürtelschweif, s. Gürtelechsen.

Gürteltier, s. Armadill.

Gurten, Gipfel der schweiz. Hochebene, 3 km südlich von Bern, ein breiter bewaldeter Sandsteinrücken mit zwei Kuppen von 859 und 861 m Höhe. Die Aussicht vom G. umfaßt den Alpenkranz des Berner Oberlandes, die schweiz. Hochebene mit den Seen von Neuenburg und Murten und einen Teil des Juras. Am Gipfel befindet sich ein Belvedere.

Gurtenschlagstock, s. Gurte.

Gurtgesimse, s. Sims.

Gürtler, ursprünglich ein Handwerker, dessen Arbeit in der Verfertigung von Buckeln, Knöpfen, Schnallen und Schlössern aus Eisen und Messing zur Verzierung oder zum Schließen von Gürteln bestand; jetzt führen die G. auch andere, namentlich Messing- und Bronzearbeiten aus.

Gürtler-, Graveur- und Bronzewarenerzeuger-Fachschule, eine zu Gablonz gegründete Fachschule, die durch die Glasindustrie Nordböhmens hervorgerufen wurde. Sie war 1880 unter dem Namen einer kunstgewerblichen Fachschule für Quincaillerie-Industrie gegründet worden; den jetzigen Namen erhielt sie 1889. Die Schule zerfällt in fünf Abteilungen: für Stempelgravieren und Ziselieren, für Bijouterie (Gürtlerarbeiten) seit 1885, für Zeichnen und keramisches Malen, für Glassteinschleiferei seit 1888 und für Ölmalerei ebenfalls seit 1888, und unterrichtet mit dreijährigem Lehrgang in Geometrie und geometr. Zeichnen, Projektionslehre und Schattenlehre, Freihandzeichnen, Modellzeichnen und Fachzeichnen, Formlehre und dekorativem Malen, im Modellieren und in praktischen Übungen sowie in deutscher Sprache, Buchhaltung, Geschäftsaufsätzen, Schönschreiben und Handelsgeographie. Die Schule wird jährlich von etwa 50 Tagesschülern, 40 Volksschülern und 200 Fortbildungsschülern besucht. An der Schule sind 13 Lehrkräfte, darunter 7 Fachlehrer, 2 Zeichenlehrer und 2 Werkmeister thätig. Eine fachliche Fortbildungsschule für Gürtler, Bronzearbeiter und Ciseleure besteht außerdem noch im 7. Stadtbezirk von Wien.

Gurung, s. Himalajavölker und Gorkha.

Guru Sikar, Berg, s. Arawali.

Gury (spr. gürih), Joh. Peter, franz. Moraltheolog, geb. 23. Jan. 1801 zu Mailleroncourt (Franche-Comté), trat 1824 in den Jesuitenorden, studierte 1828‒32 in Rom, wurde 1833 Professor der Moral am Jesuitenkollegium in Vals bei Le Puy und 1847 am Collegium Romanum in Rom, kehrte aber, 1848 aus Rom vertrieben, nach Vals zurück, wo er 18. April 1866 starb. Sein Hauptwerk ist das 1850 zuerst erschienene, seitdem in vielen Auflagen verbreitete «Compendium theologiae moralis» (deutsch von Wesselak, Regensb. 1868), dem 1864 die «Casus conscientiae» (8. Aufl., Freib. i. Br. 1891) folgten. In seiner Sittenlehre erneuerte G. im Anschluß an Alfons Liguori die altjesuitische Kasuistik und den Probabilismus. – Vgl. Vie de J. P. G. (Par. 1867); Bischof v. Ketteler, Die Angriffe gegen G.s Moraltheologie (Mainz 1869); Keller, Die Moraltheologie des Jesuitenpaters G. (2. Aufl., Aarau 1869); Götting, Wo erklärt G. Diebstahl, Urkundenfälschung, Ehebruch, Meineid für erlaubt? (Berl. 1882); Döllinger und Reusch, Geschichte der Moralstreitigkeiten in der röm.-kath. Kirche seit dem 16. Jahrh. (2 Bde., Nördl. 1889).

Guseck, Bernd von, s. Berneck, Karl Gust. von.

Guslari, s. Gusle.

Gusle, serb. Musikinstrument, besteht aus einem ovalen, unten gewölbten Körper mit einem Fell als Resonanzboden und mit einem Handgriff. Über das Fell und den Handgriff wird eine Darm- oder Roßhaarsaite gespannt und darüber beim Spielen mit einem Bogen gestrichen. Der G. bedienen sich hauptsächlich die blinden Sänger (Guslari), die je nach dem Absingen einer Strophe eine Kadenz ertönen lassen. Die G. wird aus Ahornholz gefertigt.– Dasselbe Wort ist das russ. Gusli, eine Art Zither mit metallenen Saiten, die mit den Fingern gerissen werden.

Gusman, Bartholomeo Lourenço de, s. Luftschiffahrt.

Guß, im allgemeinen das Gießen der Metalle, auch das Gußstück selbst, oder soviel wie Gußwaren (s. d.). – Über G. in der Bierbrauerei s. Bier und Bierbrauerei (Bd. 2, S. 995 a).

Guss., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung für Giovanni Gussōne, geb. 1787 zu Villamaina, gest. 1866 als Professor der Botanik in Neapel.

Gußasphalt, s. Asphaltstraße (Bd. 1, S. 998 a).

Gußeisen, s. Eisengießerei.