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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Guillotière, La; Guillotine; Guilmant

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Guillotière, La - Guilmant.

eine Patrone, mit deren Hilfe Figuren wie die Fig. 4 hergestellt werden können. Die Guillochen können sowohl auf der Buchdruckpresse als auch mit der Steindruck- oder Kupferdruckpresse gedruckt werden; im erstern Fall erscheinen die eingravierten Zeichnungen weiß, die Grundlage dagegen schwarz oder farbig, im letztern umgekehrt. Sie werden zumeist beim Druck von Wert- oder Staatspapieren in Anwendung gebracht, um deren Fälschung zu erschweren, zu welchem Behuf man gewöhnlich kleine, nur von dem Eingeweihten zu erkennende Veränderungen in der Zeichnung bei den verschiedenen Gattungen der Papiere eintreten läßt, welche als sichere Merkzeichen dienen sollen. In der Uhrmacherei wird das G. vielfach angewandt zur Verzierung der Uhrgehäuse, die Gold- und Silberarbeiter guillochieren Medaillons, Dosen, Leuchter, Griffe, etc.; für vielfach gebrauchte Gegenstände gleicher Größe und Form aber guillochiert man nur Stahlstanzen, welche man alsdann härtet und zum Prägen verwendet.

^[Abb.: Fig. 1, 2. Guillochieren mit dem Versetzkopf auf der Drehbank.]

^[Abb.: Fig. 3. Patrone für die Guillochiermaschine.]

^[Abb.: Fig. 4. Guillochieren mit der Guillochiermaschine.]

Guillotière, La (spr. ghijotjär), s. Lyon.

Guillotine (spr. ghi[l]jo-), die während der Revolution in Frankreich 1792 vom Konvent eingeführte, nach ihrem angeblichen Erfinder, dem Arzt Joseph Ignace Guillotin (geb. 28. Mai 1738, gest. 26. Mai 1814), benannte Köpfmaschine, welche noch gegenwärtig in Frankreich und mehreren andern Staaten im Gebrauch ist und das Gute hat, daß sie dem Verurteilten einen raschen, sichern und möglichst schmerzlosen Tod bringt. Sie besteht aus zwei oben mit einem Querholz verbundenen Säulen, zwischen welchen ein schweres, scharfes und schräg liegendes Eisen in Falzen herabgleitet und so den in dem Ausschnitt eines beweglichen Brettes, auf welches der Verurteilte festgebunden wird, ruhenden Kopf unfehlbar vom Hals trennt. Schon die Perser sollen ein ähnliches Werkzeug gekannt haben, sowie man sich eines solchen auch längst unter dem Namen Mannaia in Italien zur Hinrichtung der Adligen bediente. Die welsche Falle diente in Neapel zur Hinrichtung Konradins von Schwaben. Im 13. Jahrh. kannte man ähnliche Maschinen in Böhmen, die im 14. Jahrh. auch in Deutschland unter den Namen Diele, Dolabra oder Hobel Anwendung fanden. Bei diesen wurde das scharfe, schwere Eisen mittels Hammerschläge durch den Hals des Delinquenten getrieben. Die Engländer benutzten schon im 17. Jahrh. eine Köpfmaschine, die bei denselben unter dem Namen the gibbet (schott. the maid, "die Jungfer") bekannt war. Guillotin beantragte als Mitglied der Konstituierenden Versammlung in der Sitzung vom 10. Okt. 1789, die Todesstrafe ohne Berücksichtigung des Standesunterschiedes und der Art des Verbrechens auf einerlei Weise zu vollziehen und dabei, damit der Akt möglichst schnell und sicher ausgeführt werde, eine Maschine in Anwendung zu bringen. Am 21. Dez. ward dieser Antrag angenommen; doch war dabei weder von einer besondern Maschine die Rede, noch ward überhaupt über das Verfahren bei der Hinrichtung etwas festgesetzt. Erst um die Mitte des Jahrs 1791 entschied man sich auf Antrag des Deputierten Félix Lepelletier für das Köpfen und auf den Bericht des Sekretärs der Wundärzte, Ant. Louis, für einen der in England im Gebrauch gewesenen Köpfmaschine ähnlichen Mechanismus. Die Maschine wurde auf dem Grèveplatz errichtet und die erste Hinrichtung mit derselben 25. April 1792 an dem Straßenräuber Pelletier vollzogen. Anfangs nannte man die Maschine nach ihrem eigentlichen Urheber Louisette oder petite Louison, bald kam jedoch der Name G. in Rücksicht auf den ersten Antragsteller Guillotin in allgemeinen und auch offiziellen Gebrauch. Die Einführung der G. geschah aus Humanitätsrücksichten, die Erinnerung an die Schreckensherrschaft, bei welcher die G. eine so große Rolle spielte, hat aber Vorurteile gegen die G. erweckt, und erst in neuerer Zeit kam sie, wesentlich verbessert, als Fallschwert oder Fallbeil zuerst in Sachsen (1853) wieder in Aufnahme. Das deutsche Strafgesetzbuch bestimmt nur, daß die Todesstrafe mittels Enthauptung zu vollziehen sei, und überläßt es den Regierungen der Einzelstaaten, ob sie dabei das Beil, wie in Preußen, oder die G. zur Anwendung bringen wollen. Vgl. Sédillot, Réflexions historiques et physiologiques sur le supplice de la g. (Par. 1795); Chereau, Guillotin et la g. (das. 1871).

Guilmant (spr. ghilmang), Alexandre, französischer Orgelspieler und Komponist, geboren 12. März 1837 zu Boulogne sur Mer, machte seine Studien zuerst bei seinem Vater, dann bei Carulli, später bei dem belgischen Orgelspieler Lemmens und wurde schon mit 16 Jahren als Organist, mit 20 als Kapellmeister und Lehrer am Konservatorium in seiner Vaterstadt angestellt. Bei der Einweihung der Orgeln von St.-Sulpice und Notre Dame in Paris erregte sein Spiel solches Aufsehen, daß er 1871 daselbst als Organist an Ste.-Trinité angestellt wurde. Außerordentliche Erfolge erzielte er durch seine Konzertreisen in England, Italien und Rußland (Riga), ferner durch seine Konzerte im Trocadéro während der Pariser Weltausstellung von 1878. Durch seine Kompositionen (Symphonie für Orgel und Orchester, vier Sonaten und viele Konzertstücke etc. für Orgel, ein Chorwerk: "Belsazar", u. a.) hat G. eine neue Richtung des Orgelspiels geschaffen; er entlockt dem Instrument Klangwirkungen, die bisher vollständig unbekannt waren.