Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Guillaume de Lorris; Guillaume de Machault; Guillemets; Guillemin; Guillochieren

912

Guillaume de Lorris - Guillochieren.

dann nach Paris, wo er Schüler Pradiers wurde. 1845 erhielt er für einen Theseus, der unter einem Felsen das Schwert seines Vaters findet, den großen Preis für Rom, wo er sich dem Studium der römischen Denkmäler, vornehmlich der Porträtplastik, widmete und sich von ihnen eine herbe, strenge Formensprache aneignete, welche zu der weichlichen und sinnlichen Auffassung Pradiers in Gegensatz trat. Von Rom aus sandte er die später in Bronze gegossene Statue eines Schnitters (Paris, Luxembourg-Museum). Es folgte 1852 die sitzende Marmorfigur eines Anakreon mit der Taube der Venus. Sein eigentliches Gebiet betrat er aber erst 1853 mit der Doppelbüste der Gracchen, in welcher sich die ihm eigentümliche Schärfe und Schneidigkeit realistischer Charakteristik, mit höchster Vollendung in der Ausführung gepaart, zuerst offenbarte. In demselben Stil sind die Büste einer römischen Hausfrau, die Freigruppe eines sitzenden römischen Patrizierpaars in Hochzeitskleidern, die Statuen Napoleons I. als Artillerieleutnant und als Imperator, sechs Büsten des Kaisers und die Büste des Erzbischofs Darboy gehalten. Minder glücklich ist er in Idealfiguren, weil es ihm an poetischer Kraft und Tiefe der Empfindung gebricht. Hervorzuheben sind: die Gruppe der Musik an der Fassade der Neuen Oper zu Paris (1869), der Quell der Poesie (1873), Orpheus (1878) und zwei Hermen: Anakreon mit Eros und Sappho mit Eros. G. war 1865-75 Direktor der École des beaux-arts und eine Zeitlang Direktor der schönen Künste im Unterrichtsministerium. Er ist auch als Kunstschriftsteller thätig.

Guillaume de Lorris, franz. Trouvère, geboren im zweiten Jahrzehnt des 13. Jahrh. zu Lorris in der Nähe von Montargis, gestorben um 1260, war Verfasser des ersten Teils des berühmten "Roman de la Rose" (neueste Ausg. von Marteau, Par. 1878, 5 Bde., mit neufranz. Übersetzung) und dadurch Begründer der allegorisch-didaktischen Poesie, welche in Frankreich bis zum Ausgang des Mittelalters herrschte und von dort aus auch in den Nachbarländern Eingang fand. Vgl. Französische Litteratur, S. 594.

Guillaume de Machault (spr. -maschoh; Guillermus de Mascaudio), franz. Dichter und Musiker, geboren um 1290 zu Machault in der Landschaft Brie, war Sekretär Johanns von Luxemburg, des Königs von Böhmen, dessen Abenteuer er teilte; starb um 1377. G. ist der hervorragendste Lyriker Frankreichs im 14. Jahrh.; er verfaßte und komponierte eine große Zahl Balladen, Rondeaux und Chansons im höfisch-galanten Stil der Zeit, schrieb auch viele, zum Teil umfangreiche allegorisch-didaktische Lais und sogen. Dits, darunter ein "Le voir Dit" betiteltes, welches die zärtliche Neigung der Prinzessin Agnes von Navarra zu dem 50jährigen und einäugigen Dichter zum Gegenstand hat (hrsg. von P. Paris, Par. 1875); endlich ein großes Gedicht: "La prise d'Alexandrie" (hrsg. von de Mas-Latrie, Genf 1877), zur Verherrlichung Peters I. von Lusignan. Eine Ausgabe seiner Dichtungen besorgte P. Tarbé (Reims 1849).

Guillemets (franz., spr. ghij'mä), s. v. w. Anführungszeichen (s. d.), angeblich nach dem Namen ihres Erfinders, Guillemet, so genannt.

Guillemin (spr. ghij'mäng), 1) Antoine, Botaniker, geb. 20. Jan. 1796 zu Pouilly sur Saône, Konservator der botanischen Sammlungen des Barons Benj. Delessert in Paris, ging 1838 im Auftrag der Regierung nach Brasilien und starb 15. Jan. 1842 in Montpellier. Er schrieb außer mehreren Monographien: "Florae Senegambiae tentamen" (mit Perrottet und Richard, Par. 1830-33), war Mitarbeiter an Delesserts "Icones selectae plantarum" (1820 ff.) und gab "Archives de botanique" (1833, 2 Bde.) heraus.

2) Amédée Victor, franz. Populärschriftsteller, geb. 5. Juli 1826 zu Pierre (Saône-et-Loire), Professor der Mathematik in Paris, machte sich durch zahlreiche illustrierte und oft aufgelegte Schriften um die Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse verdient. Die bekanntesten sind: "Les mondes, causeries astronomiques" (1861); "Simple explication des chemins de fer" (1862); "Le ciel" (1864); "La lune" (1865); "Éléments de cosmographie" (1866); "Les phenomènes de la physique" (1867); "Les applications de la physique aux sciences" (1873); "La Vapeur" (1873); "Le soleil" (1873); "Les comètes" (1874); "La lumière et les couleurs" (1875); "Le son" (1876); "Les étoiles" (1877); "Le monde physique" (1883-84, 5 Bde.) u. a.

Guillochieren (franz., spr. ghi[l]josch-, angeblich nach dem Erfinder, Namens Guillot), das Einschneiden nach einem gewissen System geordneter Linien (Guillochen) auf zu verzierenden Flächen in nicht bedeutender Tiefe mittels eigner Vorrichtungen (Guillochiermaschinen). Jede Drehbank läßt sich zum einfachen G. leicht einrichten, indem man an dem Kopf der Spindel eine Scheibe befestigt, auf welcher ein Schlitten (Versetzkopf) senkrecht zur Drehspindelachse verschiebbar ist. Auf dieser ist das Arbeitsstück, z. B. eine Kreisscheibe, so befestigt, daß es um eine zur Spindelachse parallele Achse beliebig gedreht und in der jedesmaligen Stellung festgehalten werden kann. Wenn man nun den Versetzkopf so verschiebt, daß der Mittelpunkt der Kreisscheibe in die Spindelachse fällt, so beschreibt ein gegen die Scheibenfläche gerichtetes Werkzeug bei der Drehung einen Kreis. Verschiebt man dann den Versetzkopf in bestimmten Intervallen nach beiden Seiten aus seiner Mittelstellung und dreht in jeder Stellung die Drehspindel einmal um, so daß immer ein Kreis beschrieben wird, so erhält man eine ganze Reihe sich schneidender Kreise, deren Mittelpunkte in einer geraden Linie liegen (Fig. 1, S. 913). Verschiebt man dagen den Versetzkopf aus seiner Mittelstellung, dreht dann die Spindel, so daß ein Kreis sich markiert, dreht nun das Arbeitsstück an dem Versetzkopf in regelmäßigen Abständen und läßt bei jeder Stellung wieder einen Kreis beschreiben, so erhält man eine Figur, die aus lauter mit ihren Mittelpunkten einen Kreis bildenden Kreisen zusammengesetzt ist (Fig. 2). Bei den eigentlichen Guillochiermaschinen ist die Spindeldocke nicht auf dem Bette der Drehbank unbeweglich befestigt, sondern um eine in der Höhe des Bettes befindliche, zur Spindelachse parallele Achse drehbar, so daß sie um diese hin- und herschwingen kann. Auf der Spindel befindet sich ferner eine Patrone, eine Scheibe, die an der Peripherie mit ähnlichen Ausbuchtungen und Einziehungen ausgestattet ist, wie sie die Figuren auf dem Arbeitsstück erhalten sollen. Der Rand der Scheibe wird nun von einer auf die Spindeldecke wirkenden Feder in jeder Stellung gegen einen horizontalen Stift (Taster) gedrückt. Bei der Drehung der Spindel wird die Patrone mit ihren Auszahnungen an dem Taster entlanggleiten und dabei der Spindel außer der Drehbewegung eine nach der Art der Auszahnung sich richtende oszillierende Bewegung erteilen, welche auf das an der Spindel befestigte Arbeitsstück übertragen wird, so daß auf demselben ein dagegengehaltenes Werkzeug Figuren beschreibt, die aus einer radialen und rotierenden Bewegung zusammengesetzt sind. Fig. 3 zeigt