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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hackelberg; Hackenfuß; Hackensack; Häckerling; Häckerlingstreuen; Hackert

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Hackelberg - Hackert.

sich als Arzt in Berlin nieder, widmete sich aber bald ausschließlich der Naturwissenschaft, lebte zu diesem Zweck 1859 und 1860 in Neapel und Messina, habilitierte sich 1861 als Privatdozent der Zoologie in Jena und erhielt 1862 die außerordentliche und 1865 die ordentliche Professur der Zoologie daselbst. Größere wissenschaftliche Reisen unternahm er nach Lissabon, Madeira, Teneriffa, Gibraltar, nach Norwegen, nach Syrien und Ägypten, nach Corsica, Sardinien und Ceylon. H. war einer der ersten Fachgelehrten Deutschlands, welche sich rückhaltlos für die Darwinsche Lehre aussprachen, und zog sogleich jene Konsequenzen derselben, mit welchen Darwin selbst, wahrscheinlich aus Opportunitätsrücksichten, anfänglich zurückhielt. H. hat eine große Anzahl naturwissenschaftlicher Detailforschungen ausgeführt; seine große Bedeutung liegt aber nicht sowohl in seiner glücklichen Beobachtungsgabe als in dem Vorwiegen eines spekulativen Zugs, welcher ihn vor unbewiesenen Schlüssen nicht zurückschrecken läßt, falls sie ihm nur logisch erscheinen. Häckels wichtigste Lehre ist die von der durchgreifenden Bedeutung der Entwickelungsgeschichte des Einzelwesens für die Aufhellung der Stammesgeschichte, indem er erstere als eine abgekürzte Wiederholung der letztern betrachtet. Er hat Stammbäume der einzelnen Tier- und Pflanzenabteilungen bis in ihre Familien hinein ausgeführt und aus den Entwickelungszuständen sogar Tiertypen abgeleitet, die thatsächlich gar nicht mehr existieren. Häckels Versuche, die ganze lebende Welt unter Einen Gesichtspunkt zu sammeln, haben viele Anhänger und viele Gegner gefunden; aber allgemein gilt H. als der hervorragendste Forscher auf dem Gebiet des Darwinismus. Er schrieb: "Die Radiolarien, eine Monographie" (Berl. 1862); "Beiträge zur Naturgeschichte der Hydromedusen" (Leipz. 1865); "Generelle Morphologie der Organismen" (Berl. 1866, 2 Bde.); "Natürliche Schöpfungsgeschichte" (das. 1868, 7. Aufl. 1879); "Studien über Moneren und andre Protisten" (Leipz. 1870); "Über die Entstehung und den Stammbaum des Menschengeschlechts" (4. Aufl., Berl. 1881); "Entwickelungsgeschichte der Siphonophoren" (Utrecht 1869); "Über Arbeitsteilung in Natur und Menschenleben" (Berl. 1869); "Das Leben in den größten Meerestiefen" (das. 1870); "Die Kalkschwämme, eine Monographie" (das. 1872); "Anthropogenie, Entwickelungsgeschichte des Menschen" (3. Aufl., Leipz. 1877); "Ziele und Wege der heutigen Entwickelungsgeschichte" (Jena 1875); "Arabische Korallen" (Berl. 1876); "Die Perigenesis der Plastidule" (das. 1876); "Studien zur Gasträa-Theorie" (Leipz. 1877); "Die heutige Entwickelungslehre im Verhältnis zur Gesamtwissenschaft" (Stuttg. 1877); "Das Protistenreich, eine populäre Übersicht über das Formengebiet der niedersten Lebewesen" (Leipz. 1878); "Gesammelte populäre Vorträge auf dem Gebiet der Entwickelungslehre" (Bonn 1878-79, 2 Hefte); "Das System der Medusen" (Jena 1880-81); "Ursprung und Entwickelung der tierischen Gewebe" (das. 1884). Seine "Indischen Reisebriefe" (2. Aufl., Berl. 1884) berichten über einen viermonatlichen Aufenthalt auf Ceylon 1881-82.

Hackelberg, nach dem Volksglauben der Führer der "wilden Jagd" im Harz, Braunschweigischen etc., war der Sage nach 1521 zu Wolfenbüttel geboren und 1581 im Klipperkrug bei Wülperode gestorben, wo man noch bis Mitte dieses Jahrhunderts seinen Leichenstein nebst Sturmhaube im Garten des Krugs zeigte. Er soll Oberjägermeister am braunschweigischen Hof und der Sage nach ein so leidenschaftlicher Jäger gewesen sein, daß er Sonntags wie Werktags dem Jagdwerk oblag und sich für seinen Teil Himmelreich wünschte, ewig zu jagen. Dazu wurde er auch verwünscht und jagt deshalb noch nachts in der Luft. Auf H. ist nämlich die Sage vom "wilden Jäger" (s. Wütendes Heer) übertragen. So lautet auch der Name anderweitig Hackelbernt oder Hackelbärend ("Mantelträger"), ein alter Beiname des Wodan in Bezug auf den "Wolkenmantel" (die Tarnhaut). Vgl. Schwartz, Der heutige Volksglaube und das alte Heidentum (2. Aufl., Berl. 1860); Zimmermann, Die Sage von H., dem wilden Jäger (in der "Zeitschrift des Harzvereins" 1880).

Hackenfuß (Pes talus, Pes calcaneus), eine meist angeborne oder wenigstens bald nach der Geburt sich einstellende Difformität des Fußes, wobei derselbe nicht mit der Fußsohle, sondern nur mit der Ferse den Boden berührt, während der Fußrücken gegen die vordere Fläche des Unterschenkels, die Sohle aber nach vorn sieht. Der Fuß bildet also hierbei mit dem Unterschenkel einen spitzen Winkel. Der H. beruht auf Verkürzung des Musculus tibialis anticus und des M. peronaeus tertius, welche ihrerseits wieder die Folge von Lähmung ihrer Antagonisten (d. h. der zur Achillessehne zusammentretenden Muskeln) sein kann. Die Behandlung des Hackenfußes besteht darin, daß die Sehnen der oben genannten verkürzten Muskeln subkutan durchschnitten werden, worauf der Fuß durch geeignete Bandagen und Maschinen in seiner richtigen Stellung erhalten wird. Die Operation darf, wenn sie den vollen Erfolg haben soll, nicht zu lange hinausgeschoben werden.

Hackensack, Hauptstadt der Grafschaft Bergen im nordamerikan. Staat New Jersey, 19 km von New Jersey City, mit Villen New Yorker Kaufleute und (1880) 4248 Einw.

Häckerling, s. v. w. Häcksel.

Häckerlingstreuen, in manchen Gegenden eine alte Sitte, nach welcher einer Braut von bescholtenem Ruf am Vorabend ihrer Hochzeit Häcksel vor das Haus oder von da bis zur Kirche gestreut wird. Ein Gleiches geschieht hier und da einer verlassenen Geliebten am Tag der Hochzeit ihres ungetreuen Liebhabers.

Hackert, Jakob Philipp, Maler, geb. 15. Sept. 1737 zu Prenzlau, genoß den Unterricht seines Vaters Philipp H. (gest. 1768), eines Porträtmalers, und ward sodann in Berlin durch Lesueur, den Direktor der Akademie, für die Landschaftsmalerei gewonnen. Durch gelehrte Kunstfreunde empfohlen, begleitete er, nachdem er durch Naturstudien aus der Umgebung von Berlin auf sich aufmerksam gemacht hatte, einen Baron Olthoff nach Rügen und Stockholm, wo er für den Hof und für Kunstliebhaber arbeitete. Im J. 1765 siedelte er nach Paris über und widmete sich hier namentlich der Gouachemalerei. Nach Ausflügen in die Normandie und Picardie ging er 1768 nach Italien, wo er 1770 in Neapel für Lord Hamilton umfangreiche Arbeiten vollendete und sodann in Rom im Auftrag des russischen Generals Schuwalow zwei Gemälde fertigte: der russische Seesieg bei Tschesme (5. Juli 1770) über die Türken und die Verbrennung der türkischen Flotte. Graf Orlow, der Sieger von Tschesme, welcher damals mit einem Teil seiner Flotte vor Livorno lag, ließ, um dem Maler eine Anschauung zu gewähren, vor dem Hafen eine seiner Fregatten in die Luft sprengen. Um 1774 begab sich H. wieder nach Neapel, wo ein Ausbruch des Vesuvs ihm Gelegenheit bot, Skizzen davon zu entwerfen. Von hier aus durch-^[folgende Seite]