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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Heerenveen - Heerwurm.

Jahren wieder einging, und erhielt 1831 die Professur der Chemie an der höhern Gewerbeschule (spätern polytechnischen Schule) in Hannover, wo er 2. Mai 1885 starb. H. lieferte Untersuchungen über die Färberflechten und zahlreiche wertvolle Arbeiten auf dem Gebiet der technischen Chemie. Mit Karmarsch lieferte er eine Bearbeitung von Ures' "Dictionary of arts, manufactories and mines" als "Technisches Wörterbuch" (Prag 1843; 3. Aufl., bearbeitet von Kick und Gintl, 1874 ff.).

Heerenveen, Flecken in der niederländ. Provinz Friesland, an der Eisenbahn Meppel-Leeuwarden, neuerdings durch Handel, Schiffahrt, Schiffbau, Gerberei und Gold- und Silberwarenfabrikation emporgekommen, mit (1879) 5400 Einw.

Heeresfolge, s. Heerbann.

Heerfahrt, ehedem der ganze Kriegszug, zu welchem der Heerbann (s. d.) berufen wurde.

Heerführer, s. v. w. Feldherr.

Heergeräte (Heergewende, Heergewette), in der altdeutschen Rechtssprache alle einem gerüstet in das Feld ziehenden Krieger nötigen Gerätschaften. Im Mittelalter wurde die Heeresfolge und die Lieferung der dazu nötigen Waffen als am Grundbesitz haftend betrachtet, und da dieser nach dem ältern Erbrecht jederzeit nur auf die Söhne überging, so vererbte sich auch das Heergerät stets auf den nächsten männlichen Erben, der bloß durch Mannspersonen mit dem Erblasser in Verwandtschaft stand (Schwertmagen), sofern er kein Geistlicher war. Den Vorrang hatten hierbei die Deszendenten, hierauf folgten die Aszendenten und zuletzt die Seitenverwandten. Von mehreren Söhnen erbte der älteste das Schwert im voraus, während die übrige Verlassenschaft unter alle geteilt wurde. Noch in der neuern Zeit galt hin und wieder das Heergerät als ein Teil der Verlassenschaft, den nur die nächsten männlichen Agnaten erhielten, entsprechend der Gerade (s. d.), welche den weiblichen Verwandten zufiel. Heergerät heißt auch der Inbegriff alles für die Truppen im Feld nötigen Materials sowie im ältern Lehnrecht die in Waffen und Pferden bestehenden Geschenke eines Vasallen an den Lehnsherrn bei Antritt des Lehens.

Heermann, Johannes, trefflicher evangel. Kirchenliederdichter, geb. 11. Okt. 1585 zu Rauden in Niederschlesien, ward 1608 in Brieg zum Dichter gekrönt, 1611 Prediger in Köben und zog sich 1638 vor den Kriegsunruhen nach Lissa in Polen zurück, wo er 27. Febr. 1647 starb. H. ist vorzugsweise ein Sänger der Trübsal und des Kampfes, doch auch des ungebrochenen Glaubensmuts. Seine geistlichen Lieder (über 60 an der Zahl) sind zusammengedruckt in "Devota musica cordis, Hauß- und Hertz-Musica" (1630 u. öfter; neu hrsg. von Ph. Wackernagel, Stuttg. 1856); nicht wenige derselben, z. B. "O Gott, du frommer Gott", "Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen", "Wo soll ich fliehen hin" etc., sind in die evangelischen Gesangbücher übergegangen und noch heute im Gebrauch. Außerdem erschienen von ihm asketische Schriften, z. B. "Heptalogus Christi" (neue Ausg., Berl. 1856) und die beiden Lehrdichtungen: "Praecepta moralia et sententiae" und "Exercitium pietatis", welche Bernhard neu herausgab (lateinisch und deutsch, Bresl. 1886), "Teutsche Poemata" (1640) u. a. Vgl. Ledderhose, Das Leben J. Heermanns (2. Aufl., Heidelb. 1876).

Heermeister, der Heerführer im Krieg; im Mittelalter der Vorgesetzte einer einem Ritterorden gehörigen Provinz, deren Ritter er im Krieg anzuführen hatte, also s. v. w. Landkomtur bei dem Deutschen Orden (s. d.); vgl. Johanniterorden.

Heerrauch, s. Herauch.

Heerschau, s. v. w. Parade (s. d.).

Heerschild, ursprünglich Unterabteilung des Heerbannes (s. d.). Nach dem Rang der Pflichtigen teilte man nämlich schon zur Zeit Karls d. Gr. das Aufgebot derselben in folgende sieben Abteilungen oder Heerschilde ein. Den ersten H. führte der Kaiser und König, den zweiten die geistlichen, den dritten die weltlichen Fürsten (Herzöge, Mark-, Land- und Pfalzgrafen), den vierten die Grafen und Dynasten, den fünften die Bannerherren (s. Banner), den sechsten die Ritterschaft und den siebenten alle Freien von nicht ritterlicher Geburt. Später ward der H. zugleich das Symbol des Ranges des zu seiner Führung Befugten. Vgl. Ficker, Vom H. (Innsbr. 1862).

Heersteuer (Heerschilling), s. Heerbann.

Heerstraßen, im allgemeinen alle eigentlichen Landstraßen, d. h. solche öffentliche Wege, die zur Verbindung größerer Orte, der Territorialgrenzen u. dgl. dienen u. deshalb vorzugsweise zu regelmäßigen Durchzügen von Kriegsheeren und des Zubehörs derselben gebraucht werden. H. im eigentlichen Sinn des Wortes waren die großartigen Kunststraßen der alten Römer, von Rom nach den Provinzen führend, deren älteste, die Via Appia, vom Zensor Appius Claudius im J. 312 von Rom nach Capua angelegt wurde. Die Länge aller benannten H. in Italien soll 4500 Millien, also 6654 km, betragen haben. Sie waren lediglich nach militärischen Rücksichten angelegt und wurden meist von Soldaten erbaut und unterhalten. Nicht minder großartig war das Netz römischer H. in Gallien und im südlichen Deutschland. Die Neuzeit bezeichnet als H. nur lange, zur Landesgrenze führende "strategische" Eisenbahnlinien.

Heer- und Wehrordnung, für Deutschland eine Sammlung der die Militär- und die Dienstpflicht betreffenden Gesetze und Verordnungen in zwei Bänden, welche durch kaiserliche Verordnung vom 28. Sept. 1875 erlassen wurden. Die Wehrordnung enthält: 1) Gesetz, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienst, vom 9. Nov. 1867 (Wehrgesetz); durch § 2 des Gesetzes, betreffend die Verfassung des Deutschen Reichs, vom 16. April 1871 zum Reichsgesetz erklärt, gemäß Gesetz vom 24. Nov. 1871 auf Bayern nach näherer Bestimmung des Bündnisvertrags anzuwenden. 2) Reichs-Militärgesetz vom 2. Mai 1874 mit Ergänzung und Änderung vom 6. Mai 1880. 3) Gesetz über den Landsturm vom 12. Febr. 1875 (Landsturmgesetz). 4) Gesetz, betreffend die Ausübung der militärischen Kontrolle über die Personen des Beurlaubtenstandes, die Übungen derselben sowie die gegen sie zulässigen Disziplinarstrafmittel, vom 15. Febr. 1875 (Kontrollgesetz). 5) Die Ersatzordnung mit Landwehrbezirks-Einteilung und Prüfungsordnung zum einjährig-freiwilligen Dienst. 6) Die Kontrollordnung. - Die Heerordnung enthält: 1) Die Rekrutierungsordnung, 2) die Landwehrordnung. Angehängt sind: 3) Verordnung über die Organisation des Sanitätskorps vom 6. Febr. 1873 (Sanitätsordnung); 4) Bestimmungen über das Militär-Veterinärwesen vom 15. Febr. 1874 (Veterinärordnung). Mittels kaiserlicher Verordnung vom 4. Dez. 1883 ist nach Analogie der Heerordnung eine Marineordnung erlassen. Vgl. Solms, Die deutsche Wehrordnung, Heerordnung etc. (Berl. 1885). S. Deutschland, S. 844.

Heerwurm, s. Mücken; amerikanischer H., s. Eulen, S. 908.